Zu Facebook-Impressum-Abmahnungen und Verfügungsverfahren in Aschaffenburg: Bewertung und Lösungsvorschlag
Endlich hat die Netzgemeinde wieder ein aufregendes Thema, über das das „gefacebooked“, „getwittert“ und „gebloggt“ werden kann.
Impressumspflicht bei Facebook? Das geht zu weit, oder?
So wurde diese Woche eine Entscheidung des Landgerichts Aschaffenburg bekannt, dass mit Urteil vom 19.08.2011, Az.: 2 HK O 54/11 (Der Kollege Stadler hat das Urteil dankenswerterweise im Volltext auf die Internetseite seiner Kanzlei gestellt) einem Unternehmer im Wege der einstweiligen Verfügung – vereinfacht gesagt – untersagt hat, innerhalb des auf Facebook betriebenen Profils kein ordnungsgemäßes Impressum bereitzuhalten.
Schaut man sich die entsprechenden Meldungen im Netz insbesondere auch von manchen Rechtsanwaltskollegen hier, hier oder zum Beispiel hier an, so könnte man meinen, dass das Landgericht Augsburg Bahnbrechendes entschieden habe. Das ist aber nicht der Fall.
Das „Ob“ der Impressumspflicht steht nicht in Zweifel
Denn der auch für die Entscheidung des Gerichts entscheidende, seit Jahren bereits geltende § 5 TMG, der im übrigen die Regelungen des alten § 6 TDG im wesentlichen fortschreibt, regelt schlicht und ergreifend, das Diensteanbieter für geschäftsmäßige, in der Regel gegen Entgelt angebotene Telemedien ein Impressum bereitzuhalten bzw. „Ross und Reiter“ in Bezug auf das angebotene Telemedium zu nennen haben.
Weitere Bedingungen oder dass diese Regelungen nur für Internetseiten auf bestimmten Domains oder Plattformen gelten sollen, stellt der § 5 TMG nicht auf. Es ist daher grundsätzlich völlig egal, ob sich jemand auf seiner eigenen Internetseite, auf eBay, Amazon, Facebook oder Twitter präsentiert. Sobald das „Telemedium“ geschäftsmäßig angeboten wird, greift die Regelung ein.
Ein Diensteanbieter handelt dabei geschäftsmäßig, wenn er Telemedien auf Grund einer nachhaltigen Tätigkeit mit oder ohne Gewinnerzielungsabsicht erbringt. Vor diesem Hintergrund trifft die oft gelesene Behauptung nicht zu, dass nur „gewerblich“ betriebene Telemedien unter diese Vorschrift fallen. Ob der Betreiber des Mediums damit tatsächlich Geld verdient oder nicht, ist unerheblich.
Als Zwischenfazit kann somit festgehalten werden, dass jede nicht rein private Präsentation im Internet der Impressumspflicht unterliegt. Das ist auch schon seit Jahren so. Und dies unabhängig von der gewählten Plattform.
Unseres Erachtens ist diese Konsequenz nicht nur rechtlich richtig, sondern müsste eigentlich auch von Laien nachvollziehbar sein. Denn die Impressumspflicht soll nun einmal sicherstellen, dass jedem nicht rein privaten Internetangebot auch ohne größeren Aufwand ein Verantwortlicher zugeordnet werden kann. Nutzt jemand Facebook dazu, sich professionell zu präsentieren, so benötigt er auch ein eigenes Impressum. Denn der Plattformbetreiber, wie zum Beispiel Facebook, haftet für diese fremden Inhalte gerade nicht.
Nur, „Wie“ macht man es richtig?
Im vom Landgericht Augsburg zu entscheidenden Fall hatte der Antragsgegner offenbar nur Teile seines Impressum auf der Facebook-Präsenz, wie Anschrift und Telefonnummer angegeben. Weitere Angaben fehlten.
Man erreichte zwar über den Link „Info“, wie bei Facebook üblich, eine Informationsseite, auf der die Internetadresse des Unternehmens angegeben war, über die man auch über einen Link kam. Auf der so erreichbaren Internetpräsenz des Unternehmens befand sich dann ein Link „Impressum“, der wiederum zu einigen Angaben führte, die aber offenbar ihrerseits wiederum unzureichend bzw. widersprüchlich waren.
Das Gericht führt dazu (etwas missverständlich) aus:
„Nach dem, per Screenshot, vorliegenden Impressum auf der Website der Antragsgegnerin im Zeitraum vom 25.07.-29.07.2011, ist nicht eindeutig erkennbar, auf welche Telemedien sich das Impressum bezieht.
Verantwortlich für die Facebookseite ist „Fr. Das Magazin für A. Verlag, Morgenwelt Kommunikation und Verlags GmbH“, nach den Angaben des Geschäftsführers der Antragsgegnerin.
Diese Firma wird allerdings auf dem Impressumslink nur als Verantwortliche im Sinne des Presserechts angegeben, nicht als Verantwortliche für das Telemedium des Facebook-Auftrittes. Als Verantwortliche für den Telemedienauftritt wird die Morgenwelt Media GmbH angegeben. Es liegt damit ein Verstoß gegen § 5 des Telemediengesetzes vor. „
So, wie die Entscheidung an dieser Stelle hier verstanden wird, hatte der Antragsgegner somit seine Facebook-Seite so gestaltet, dass er auf der „Info“-Seite einige Informationen über sein Unternehmen und auch dessen Internetadresse hinterlegt hatte. Die Infoseite ist gewöhnlich von der Startseite der Facebook-Präsenz über einen Link „Info“ links unter dem Profilbild erreichbar. Siehe beispielhaft unsere Startseite bei Facebook. Die Infoseite sieht dann grundsätzlich so aus.
Das bedeutet, dass interessierte Nutzer Auf der Facebookseite selbst kein ordnungsgemäßes Impressum zur Kenntnis nehmen konnten. Aber auch der Klick auf den Link „Info“ brachte in diesem Fall keine weitere Aufklärung, da dort lediglich ein Link auf eine Internetseite angebracht war. Klickte der Nutzer diesen Link an, konnte er auf dieser Internetpräsenz zwar ein für sich genommen ordnungsgemäßes Impressum abrufen. Nach Ansicht des Gerichts ergab sich aber diesbezüglich das Problem, dass die Zuordnung der Verantwortung für die Facebook-Präsenz dort nicht eindeutig möglich war.
Vor diesem Hintergrund ist die Behauptung, die vielerorts zu lesen ist, dass die Angabe eines rechtlich einwandfreien Impressums auf Facebook nicht möglich sei, unzutreffend. Man muss es nur richtig machen.
Bitte lesen Sie zum Problem „mobile Seiten und Apps“ auch unser Update vom 1.11.2011.
Das Gericht mag sich an dieser Stelle unglücklich ausgedrückt haben, hat aber nicht sagen wollen, dass die Erreichbarkeit eines Impressum bei Facebook hinter einem mit „Info“ bezeichneten Link grundsätzlich rechtswidrig wäre.
Im vorliegenden Fall waren aber auf der so erreichbaren Infoseite vollständige Angaben zum Impressum nicht zu finden, sondern eben nur ein Link zu einer weiteren Internetpräsenz. Eine solche Gestaltung ist selbst vor dem Hintergrund der höchstrichterlichen „2-Klick-Regel“ unzulässig, wenn die Bezeichnungen der Links nicht einheitlich verwendet werden und dadurch die „Klick-Kette“ unterbrochen wird. Denn selbst ein einziger Klick kann unzureichend sein, nämlich dann, wenn der zu betätigende Link nicht ordnungsgemäß bezeichnet ist und der Nutzer damit gar nicht weiß, welche Informationen er hinter diesem Link erwarten kann. Erschwerend hinzu kam im vorliegenden Sachverhalt, dass die schließlich erreichbaren Informationen nicht zweifelsfrei erkennen ließen, wer die Präsenz auf Facebook denn nun tatsächlich verantwortete.
Bei der Entscheidung aus Augsburg handelt es sich somit, wie so oft, um eine Einzelfallentscheidung, die sich nicht verallgemeinern lässt.
Lösung
Unseres Erachtens reicht es völlig aus, alle erforderlichen Angaben in dem von Facebook dafür vorgesehenen „Info“-Feld zur Verfügung zu stellen. Sicher ist aber natürlich sicher.
Wer sich also vor dem Hintergrund der Gefahr, dass ein Richter vor den potenziell 119 zuständigen Landgerichten in Deutschland der Auffassung sein könnte, dass die Bezeichnung „Info“ für einen Link zum Impressum nicht ausreicht, auf Nummer sicher gehen will, der kann das Feld „Info“ unter „Allgemeine Informationen“ mit einem sprechenden Link auf das Impressum seiner eigenen Internetseite versehen. So sieht unsere Facebookseite an dieser Stelle aus (Nicht schön, aber einigermaßen sicher):
…denn sie wissen nicht was sie tun
Da mich das Prozessrecht im Wettbewerbsrecht besonders interessiert, kann ich mir den Hinweis nicht verkneifen, dass der Antrag auf einstweilige Verfügung in Ermangelung eines vollstreckungsfähigen Antrags unzulässig sein dürfte und in einem etwaigen Berufungsverfahren jedenfalls so keinen Bestand haben wird. Auch eine Vollstreckung aus dem Titel wird bestenfalls schwierig. Die beiden Parteien und selbst das Landgericht haben das offenbar völlig übersehen.
Der Antrag lautete nämlich, und so hat das Landgericht später auch tenoriert, wie folgt:
„der Antragsgegnerin wird es Vermeidung eines für den Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, untersagt, in ihrem Auftritt und Profil „Fr. A. auf der Webseite von Facebook“ (http://www.f…com) die nach § 5 TMG erforderlichen Pflichtangaben nicht leicht erkennbar und/oder nicht unmittelbar erreichbar zur Verfügung zu halten. „
Damit ging das Unterlassungspetitum des Antragstellers nicht dahin, dass „Ob“, sondern das „Wie“ der Impressumsgestaltung beim Antragsgegner anzugreifen. Wenn es bei der Unterlassungsverfügung nicht darum ging, dem Antragsgegner zu verbieten, vollständig ohne Impressum aufzutreten, sondern darum, dass bestimmte Angaben nicht leicht erkennbar oder nicht unmittelbar erreichbar waren, so muss aus dem Verbotsantrag genau hervorgehen, welches konkrete tatsächliche Verhalten der Antragsgegner unterlassen soll.
Das gebietet einmal die Notwendigkeit, dass der Antragsgegner genau wissen muss, welches Verhalten er abstellen bzw. ändern muss um das angedrohte Ordnungsgeld zu vermeiden. Zum zweiten ist es unzulässig, durch die Wiedergabe des bloßen Gesetzestextes im Verfügungsantrag die Feststellung, ob ein bestimmtes tatsächliches Verhalten rechtswidrig ist, aus dem Erkenntnisverfahren in das Vollstreckungsverfahren zu verlagern. Genau das passiert aber im vorliegenden Fall. Denn das Vollstreckungsgericht müsste auf einen Ordnungsgeldantrag des Antragstellers prüfen, ob die ggfls. geänderten Angaben des Antragsgegners nun leicht erkennbar oder unmittelbar erreichbar sind.
Richtig wäre gewesen, die konkrete Gestaltung des Facebookauftritts gegebenenfalls als Ausdruck in einer Anlage zum Gegenstand des gerichtlichen Verbots zu machen.
So dürfte der Antragsteller, vorausgesetzt, der Antragsgegner hat noch Möglichkeiten, sich dagegen zu wehren, nicht lange Freude an seiner einstweiligen Verfügung haben.
UPDATE: Und es geht doch (noch besser): Abmahnsicheres Impressum bei Facebook
UPDATE 2: Abmahnsicheres Impressum bei Facebook: Geht es zurzeit doch nicht?