Ausbildungskostenentschädigung im Handball: Was Vereine wissen müssen
Ein vielversprechendes junges Talent, das seit seiner Kindheit in der Halle seines Heimatvereins trainiert hat, entscheidet sich dazu, für sein Studium den Verein zu wechseln. Der neue Klub nimmt ihn herzlich auf, und bald schon findet er sowohl Anschluss als auch sportlichen Erfolg in seiner neuen Umgebung – scheinbar eine ideale Situation für beide Seiten. Doch seit dem 01.01.2023 ergibt sich ein Problem: Die Ausbildungskostenentschädigung.
Sobald das junge Talent für seinen neuen Verein spielt, wird eine Entschädigungszahlung an den Heimatverein fällig, die sich nach der Dauer und Intensität seiner früheren Ausbildung richtet. Um auf diese potenziell erhebliche finanzielle Belastung vorbereitet zu sein, ist es ratsam, sich mit den entsprechenden Regelungen des Deutschen Handballbundes (DHB) sowie den bisher ergangenen Urteilen vertraut zu machen. Nachfolgend bieten wir Ihnen einen kurzen Überblick über diese Bestimmungen.
Wozu dient die Ausbildungskostenentschädigung überhaupt?
Der Leitsatz des Verbandes für die Vorschrift der Richtlinie zur Ausbildungskostenentschädigung (RZA) lautet: „Gute Nachwuchsarbeit muss belohnt werden!“ An diesem Satz orientiert sich auch der Inhalt der Präambel. Grundsätzlich lässt sich festhalten, dass alle Vereine, die Nachwuchsspielerinnen und Nachwuchsspieler ausbilden, eine wirtschaftliche Belohnung erhalten sollen, sobald der ausgebildete Spieler bzw. die ausgebildete Spielerin in den Leistungsbereich wechselt.
Amateurvereine sind dadurch explizit geschützt und nur anspruchsberechtigt, nicht jedoch anspruchsverpflichtet. Neben der wirtschaftlichen Stärkung verfolgt der DHB aber auch ein eigenes Interesse: die Jugend- und Talentförderung. Denn der Anreiz der finanziellen Unterstützung soll auch die Bereitschaft steigern, in das Scouting junger Talente zu investieren und diese dann an höherklassige Vereine weiterzugeben. Durch dieses gesteigerte Scouting bereits im Amateurbereich können potenzielle Talente frühzeitig an Vereine weitergegeben werden, die in der Ausbildung mehr Möglichkeiten haben und eine gezielte Förderung besser umsetzen können.
Welche konkreten Voraussetzungen bestehen für die Geltendmachung des Anspruchs?
Die Voraussetzungen des Anspruchs ergeben sich aus § 1 RZA. Dieser regelt abhängig von der Jugend- und Spielklasse grundsätzlich, unter welchen Bedingungen die Entschädigung zu zahlen ist. Anwendbar ist die Vorschrift auf diejenigen Spielerinnen und Spieler, die das 13. Lebensjahr vollendet, aber das 23. Lebensjahr noch nicht erreicht haben. Eine weitere Grundvoraussetzung ist, dass die Spielerin oder der Spieler in der letzten Saison, für die die Entschädigung geltend gemacht wird, mindestens eine offizielle Nennung auf dem Spielberichtsbogen des alten Vereins aufweist. Die dritte Voraussetzung ist, dass es sich um einen leistungsorientierten Wechsel handeln muss. Die Anforderungen hieran bemessen sich stets in Abhängigkeit von der Jugendklasse, wobei aufgrund der Vollendung des 13. Lebensjahres nur Wechsel ab der C-Jugend in Betracht kommen. Eine genauere Aufschlüsselung würde an dieser Stelle jedoch zu weit führen.
Wie bemisst sich die Höhe der Ausbildungskostenentschädigung?
Die Leistung einer Pauschale für die Ausbildung eines Spielers hielt der Bundesgerichtshof bereits im Jahr 1999 (NJW 1999, 3552 ff.) für nicht verhältnismäßig, und diese erscheint im Hinblick auf die Ziele, die sich der DHB gesetzt hat, nicht förderlich. Folgerichtig hat der Verband Kriterien erlassen, nach denen sich der Sachverhalt der konkreten Spielerin oder des konkreten Spielers auf eine Entschädigungssumme herunterbrechen lässt.
Eine dahingehende Regelung trifft § 2 RZA. Dieser begrenzt die Höhe der maximalen Entschädigung pro Spielerin oder Spieler und Saison in Abhängigkeit von der Liga, in der die 1. Frauen- bzw. 1. Männermannschaft des aufnehmenden Vereins spielt. Diese maximale Entschädigung kann entsprechend der Anzahl der Ausbildungsjahre und der Jugendklasse des jeweiligen Talents gekürzt werden. Dadurch entsteht eine Spanne von 25 bis 100 % der jeweils für die Liga veranschlagten Maximalsumme. Dieser Betrag kann sich im Zuge einer Kadermitgliedschaft der Spielerin oder des Spielers noch erhöhen.
Wie läuft das Verfahren zur Abwicklung der Entschädigung ab?
Das Verfahren funktioniert vor allem in Koordination mit der Passstelle. Die Passstelle des aufnehmenden Vereins ist dabei verpflichtet, auf Anfrage des abgebenden Vereins mitzuteilen, ab wann die Spielberechtigung für den wechselnden Spieler erteilt wurde. Ebenso ist die Passstelle des abgebenden Vereins verpflichtet, die Zeiten der Spielberechtigung für den abgebenden Verein zu bescheinigen. Nach Kenntnisnahme über die erteilte Spielberechtigung hat der abgebende Verein eine Frist von sechs Wochen, in der er dem neuen Verein eine entsprechende Rechnung in Höhe der aus § 2 RZA resultierenden Entschädigung ausstellen muss. Andernfalls hat der aufnehmende Verein ein Leistungsverweigerungsrecht. Der Anspruch verjährt in zwei Jahren, wobei die Verjährungsfrist mit Beginn der Erteilung der Spielberechtigung beim aufnehmenden Verein beginnt.
Bedenken bezüglich der Rechtmäßigkeit der Ausbildungskostenentschädigung?
Kürzlich hat das Bundessportgericht des Deutschen Handballbundes einen Fall behandelt, in dem sich ein Verein der 3. Liga Süd-West geweigert hatte, eine geforderte Entschädigung zu zahlen, woraufhin er von einem Amateurverein verklagt wurde. In diesem Zusammenhang wurde die Rechtmäßigkeit der zugrundeliegenden Richtlinie sowie des spezifischen Falls detailliert geprüft, wobei, wie üblich, unterschiedliche Faktoren eine Rolle spielten.
Sollten Sie in diesem Bereich rechtlichen Rat benötigen, stehen Ihnen unsere Expertinnen und Experten im Sportrecht gerne zur Verfügung.