LG Köln: MFM-Tabelle zur Berechnung eines Schadensersatzes bei Bilderklau weiterhin anwendbar
Mit Urteil zum 24.08.2017 bestätigte das Kölner Landgericht seine bisherige Rechtsprechung, wonach zur Berechnung eines Schadensersatzes bei Lizenzverstößen die sogenannte „MFM“-Tabelle (Mittelstandsgesellschaft Foto-Marketing) als Orientierungshilfe herangezogen werden darf.
Ein Ebay-Händler hatte fremde Fotografien zur Gestaltung seiner Verkaufsangebote genutzt.
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Besagter Ebay-Verkäufer unterhielt auf der Plattform eine Art „Online-Kiosk“, und bot unter anderem Süßwaren sowie Haushaltsmittel an. Zur Gestaltung der Verkaufsangebote sowie der eigenen Internetpräsenz nutzte der Händler dabei Fotografien der angebotenen Produkte – jene waren allerdings zuvor von einem „Hobbyfotografen“ auf einer Dortmunder Messe angefertigt worden und standen demnach unter urheberrechtlichem Schutz.
Der Internethändler stellte die Bilder dabei ohne entsprechende Lizenz oder Einholung einer Genehmigung ins Netz, und schmückte sie darüber hinaus mit dem hauseigenen Firmenlogo. Das Kölner Landgericht entschied in der Folge auf einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 3.472 Euro (LG Köln, 24.08.2017, Az. 14 O 111/16).
Berechnung des Schadensersatzes bei Urheberrechtsverletzungen
Grundsätzlich errechnet sich der Schadensersatz anhand desjenigen Wertes, den der Urheber im Falle einer vertraglich vereinbarten Nutzung der Werke in angemessener Weise hätte verlangen können – abzustellen ist dabei regelmäßig auf einen aus der Sicht beider Parteien vernünftigen Vergütungswert. Die exakte Summe wird letztlich aber durch die Richter auf Grundlage der genannten Kriterien im Wege der Schätzung festgesetzt. Zum Schadensersatz für die unerlaubte Nutzung von Fotografien hatten wir bereits im August letzten Jahres berichtet:
MFM-Tabelle als Wegweiser
Freilich ist nicht jeder Richter von Hause aus ein Experte auf dem Gebiet der marktüblichen Preise für Fotografien und deren Vergütung. Eine Orientierung an den marktüblichen Standards muss regelmäßig dennoch vorgenommen werden.
Nach Ansicht des LG Köln dient hier als Hilfestellung in zulässiger Weise die „MFM-Tabelle“: Die „Mittelstandgemeinschaft Foto-Marketing“ ermittelt jährlich die aktuellen Honorare für Fotonutzung und gibt diese unter dem Titel „Bildhonorare“ auf 90 DIN-A5 Seiten für rund 30 Euro zum Verkauf heraus. Eine strikt schematische Anwendung ist nach Ansicht der Richter jedoch nicht zulässig, vielmehr müssen bei der Festlegung der Summe alle individuellen Umstände des Einzelfalles zusätzlich miteinbezogen werden.
5 Fragen an Soenne, stellvertretender Vorsitzender der mfm zu den BILDHONORAREN
Lesen Sie zur Thema auch unser Interview mit einem der Verantwortlichen der „MFM-Tabelle“.
Abschläge bei Ansprüchen von Hobbyfotografen
Das Landgericht Köln meint allerdings, dass die „MFM-Tabelle“ grundsätzlich Honorare nur für professionelle Fotografen beinhalte. Das Argument: Diesen entstehen in der Regel zur Erstellung der Bilder höhere Kosten, da beispielsweise spezielles Equipment und Räumlichkeiten benötigt werden – auch dem Unternehmerrisiko wird durch die höheren Vergütungen Rechnung getragen.
Im Falle des Ebay-Händlers handelte es sich jedoch lediglich um Bilder eines „Hobbyfotografen“. Einen „professionellen“ Schadensersatz sahen die Richter daher als unangemessen an – die „MFM-Tabelle“ könne in solchen Fällen nur modifiziert als Vorlage dienen.
Im konkreten Fall entschied das Gericht auf eine Reduzierung des marktüblichen Standards um 20%, da die Bilder zwar hobbymäßig angefertigt, aber dennoch qualitativ hochwertig waren. In einem vergleichbaren Fall hielt das zuständige Gericht die direkte Anwendung der Tabelle für angemessen, wir berichteten:
Auffassung des LG Köln ist kritikwürdig
Die Auffassung des Landgerichts Köln kann man allerdings mit guten Argumenten kritisieren. Es stellt sich schon die Frage, wie man „Hobbyfotograf“ auf der einen und „Profifotograf“ auf der anderen Seite definieren will. Fotograf ist zwar ein anerkannter Ausbildungsberuf nach der Handwerksordnung (HwO), die Bezeichnung ist allerdings nicht geschützt. Kommt es daher darauf an, ob die handwerkliche Ausbildung irgendwann absolviert wurde? Auf die Außendarstellung? Darauf, welche Ausrüstung man besitzt oder benutzt? Oder darauf, wieviele Lichtbilder man bereits erfolgreich vermarktet hat? Diese Art der Anwendung würde zur Benachteiligung von Anfängern führen, die – wie jeder – klein anfangen müssen, aber vielleicht schon hervorragende Fotos machen.
Die Unterscheidung ist vor dem Hintergrund der Zielrichtung der Lizenzanalogie auch nicht sinnvoll. Denn es ist nicht einzusehen, weshalb das Entgelt für die Nutzungserlaubnis für ein Lichtbilds davon abhängen soll, wer es gemacht hat, wenn es ansonsten professionellen Ansprüchen genügt, was beim Bilderklau zumeist der Fall sein wird. Denn das Foto war dem “Bilderdieb” offenbar gut genug, um es für seine Zwecke zu nutzen.
Dieser Umstand führt übrigens auch zur Erheiterung der Beteiligten eines Rechtsstreits, wenn Rechtsverletzer im Brustton der Überzeugung und allen Ernstes vortragen, dass eine Lizenzzahlung bereits deswegen ausscheiden müsse, weil es sich bei dem Foto um ein umprofessionelles, hässliches “Knipsbild” handele.
Fazit: MFM-Tabelle ist Hilfestellung – aber ohne rechtliche Bindungswirkung
Die grundsätzliche Entscheidung des Kölner Landgerichts, die MFM-Tabellen heranzuziehen, ist allerdings zu begrüßen, gerade aufgrund des Umstandes, dass wohl kaum ein Richter hinsichtlich aller Schätzungen, die er im Rahmen von Schadensersatzansprüchen vornehmen muss, die marktüblichen Preise genau kennt: Eine Hilfestellung wie in Form der „MFM-Tabelle“ ist hier durchaus sinnvoll.
Rechtlich bindend ist eine solche dennoch natürlich nicht, zwischen bloßen Vergütungstabellen und festzusetzenden Schadensersatzwerten liegen aufgrund der individuellen Unterschiede im Einzelfall noch Unterschiede – diese konsequent zu bewerten, ist dann Aufgabe des Richters.