Urteil gegen NDR: Unterlassungspflicht erstreckt sich nicht auf Youtube-Videos Dritter
Dem norddeutschen Rundfunk war im Wege der einstweiligen Verfügung untersagt worden, verschiedene Äußerungen im Zusammenhang mit einem auf dem Sender ausgestrahlten Beitrag zu verbreiten oder verbreiten zu lassen. Daraufhin entfernte der NDR die entsprechenden Inhalte in der eigenen Mediathek und beantragte die Herausnahme bei den gängigen Suchmaschinen, insbesondere Google.
Trotz dieser Maßnahmen wurde der Beitrag durch Dritte auch anderweitig verbreitet. Die Löschung dieser Uploads war aber nach Ansicht des Bundesgerichtshofs nicht mehr von der Unterlassungspflicht des Senders umfasst.
Dritte veröffentlichen NDR-Inhalte auf Youtube
Trotz der Löschungen durch den NDR landeten die Inhalte auf der Videoplattform Youtube. Dritte hatten den strittigen Beitrag „Wirbel um belasteten Bauschutt in Hannover“ hochgeladen. Der Sender erfuhr hiervon allerdings durch einen Ordnungsmittelantrag, infolgedessen das Landgericht Hannover ein Ordnungsgeld von 5.000 Euro festsetzte.
Nach Ansicht der Kammer hatte der NDR gegen seine Unterlassungspflicht verstoßen, indem er das inzwischen etwa 150-mal aufgerufenen Video nicht hatte entfernen lassen. Die Rundfunkanstalt setzte sich hiergegen allerdings mit einer sofortigen Beschwerde zur Wehr. Der Rechtsstreit landete schließlich letztinstanzlich vor dem Bundesgerichtshof.
BGH grenzt Unterlassungspflicht ein
Nach Ansicht der Karlsruher Richter hatte der NDR seine Unterlassungspflichten nicht vernachlässigt (BGH, Beschluss v. 12.7.2018, Az. I ZB 86/17). Der BGH betonte zwar zunächst, dass ein bloßes Nichtstun diesen Pflichten grundsätzlich im Falle einer fortdauernden Störung nicht gerecht werde. Vielmehr umfassten diese ein aktives Tun, um die Störung zu beseitigen. Hierzu gehöre auch eine Einwirkung auf Dritte, allerdings existierten hier bestimmte Grenzen. Grundsätzlich gelte für Fernsehbeiträge, dass das Entfernen aus der eigenen Mediathek und aus den gängigen Suchmaschinen ausreicht. So sei ein Einwirken auf Dritte nur dann erforderlich, wenn deren Handlungen wirtschaftliche Vorteile für den Unterlassungspflichtigen nach sich ziehen.
Hiervon ging der BGH im konkreten Fall jedoch nicht aus. Zwar sei die Bekanntheit des Beitrags durch die Veröffentlichung auf Youtube zweifelsfrei gestiegen. Hieraus lasse sich allerdings noch kein unmittelbarer wirtschaftlicher Vorteil ableiten. Vielmehr stelle die Verbreitung auf Youtube eine direkte Konkurrenz zu dem Beitrag in der NDR-Mediathek dar, und wirke sich so im Zweifel sogar negativ für den Sender aus. Gegen einen wirtschaftlichen Vorteil spreche ferner, dass der Uploader in Urheberrechte des NDR eingegriffen hatte. Die Art und Weise der Verwertung und Nutzung zu bestimmen, obliege insofern allein dem Sender.
Fazit
Dem Urteil des Bundesgerichtshof ist im Ergebnis zuzustimmen. Unterlassungspflichten dürfen angesichts der zahllosen Möglichkeiten der Verbreitung sowie der Anonymität im Internet nicht uferlos sein. Insbesondere wenn die Inhalte durch Dritte veröffentlicht werden, ist den Verpflichteten eine Verfolgung und Löschung aus organisatorischen und finanziellen Gesichtspunkten oftmals weder möglich noch zumutbar. Auch präventive Maßnahmen sind daher regelmäßig nicht zu verlangen.
Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn der Unterlassungspflichtige von den Veröffentlichungen wirtschaftlich profitiert oder konkret auf die Verbreitung eines verbotenen Inhalts hingewiesen wird. In diesem Falle ist die Veranlassung der Löschung durchaus zumutbar. Das OLG Celle als Vorinstanz führte hierzu im konkreten Fall richtigerweise aus, dass dem NDR lediglich eine „anlassabhängige“ Suche abverlangt werden könne.