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BGH zur Urheberrechtsverletzung einer Behörde durch Kartenausschnitte im Internet

Urheberrechtsverletzung Behörde Kartenausschnitte
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Nachdem die vorherigen Instanzen sich primär zur Aufgabe gemacht hatten, darüber zu entscheiden, ob § 5 UrhG im vorliegenden Fall anwendbar ist oder nicht, befasste sich der Bundesgerichtshof mit der Frage, ob nicht möglicherweise die Schrankenbestimmungen des § 45 UrhG eingreifen, wenn eine Behörde urheberrechtlich geschütztes Kartenmaterial im Internet online stellt.

Die Antwort: Besteht die Pflicht zu Veröffentlichung eingereichter Bauunterlagen, dürfen auch dort verwendete urheberrechtlich geschützte Karten ins Internet gestellt werden. Dies gilt nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs jedenfalls dann, wenn ein hinreichender Zusammenhang zu einem laufenden Verfahren besteht.

Kartenausschnitte ohne Lizenz veröffentlicht

Eine Anbieterin von Onlinekarten stritt sich mit der rheinland-pfälzischen Verbandsgemeinde Kastellaun um die Veröffentlichung eines Kartenausschnitts auf der Seite der gleichnamigen Stadt. Die Verbandsgemeinde hatte den Kartenausschnitt im Rahmen eines Bauplanungsverfahrens für die Stadt hochgeladen. Eingereicht worden war das Material als Teil des Exposés eines Planungsbüros – ein Interessent wollte einen Supermarkt umbauen, und dessen Lage war auf diesem Ausschnitt eingezeichnet worden.

Die Veröffentlichung des Kartenausschnitts wertete die Klägerin als Verletzung ihrer Urheberrechte. Die Beklagte, die Verbandsgemeinde Kastellaun, war der Auffassung, sie sei mit der Veröffentlichung ausschließlich ihrer Veröffentlichungspflicht aus § 4a Abs. 4 BauGB nachgekommen. Danach habe sie die Pflicht, der Öffentlichkeit Zugang zu Planungsunterlagen zu gewähren. Zunächst konnte sich die Beklagte vor dem LG Frankenthal durchsetzen – das Oberlandesgericht Zweibrücken gab dann jedoch der Anbieterin Recht: Das Bild sei nicht als amtliches Werk privilegiert und auch nicht zu diesem Zweck geschaffen worden, so die Richter. Daher bestehe ein Recht zur Verwendung ohne Erlaubnis eben nicht (dazu berichteten wir ausführlich am 10.05.2019).

Darf man Kartenausschnitte auf der eigenen Website veröffentlichen?

Auch wenn der Bundesgerichtshof (BGH, Urteil v. 21.01.2021, Az. I ZR 59/19) den Ansatzpunkt teilte, verwies er den Fall mit einer deutlichen Anweisung an das Oberlandesgericht zurück. Zwar sei richtig, dass hier kein amtliches Werk nach § 5 Urhebergesetz (UrhG) vorliege, allerdings sei zu prüfen, ob die Veröffentlichung nicht im Rahmen eines Verfahrens vor einer Behörde nach § 45 Abs. 1 und 3 UrhG dennoch zulässig sei.

Die Regelungen des § 45 UrhG sollen Gerichten und Behörden im Interesse der Rechtspflege und der öffentlichen Sicherheit ermöglichen, ihre Aufgaben zu erfüllen, ohne durch urheberrechtliche Ansprüche behindert zu werden. Hierfür dürfen sowohl einzelne Vervielfältigungsstücke von Werken zu Verwendung in Verfahren hergestellt oder Bildnisse vervielfältigt werden. Neben der Vervielfältigung ist auch die Verbreitung, öffentliche Ausstellung und öffentliche Wiedergabe der Werke zulässig. Daher steht dem Urheber bei solchen Tätigkeiten für die Nutzung seiner Werke weder ein Verbietungsrecht noch ein Vergütungsanspruch zu – dies dient vor allem dazu, die ordnungsgemäße Durchführung von Verwaltungsverfahren zu gewährleisten.

Macht also eine Behörde im Rahmen eines Verfahrens der Bauleitplanung eine bei ihr eingegangene Stellungnahme eines privaten Bauinteressenten im Internet mittels Verlinkung auf ihrer Internetseite öffentlich zugänglich, handele es sich um eine nach § 45 Abs. 1 und 3 UrhG zulässige Verwendung in einem Verfahren vor einer Behörde. Das sei jedoch nur anzunehmen, soweit die Voraussetzungen der Veröffentlichungspflicht nach § 4a Abs. 4 Satz 1 in Verbindung mit § 3 Abs. 2 Satz 2 Baugesetzbuch (BauGB) vorliegen und ein hinreichend sachlicher und zeitlicher Zusammenhang zum bauplanungsrechtlichen Verfahren bestehe.

Voraussetzung: Sachlicher und zeitlicher Zusammenhang

Daher müsse zum einen der ausreichende Zusammenhang mit dem Bauplanungsverfahren überprüft werden und zum anderen werde das Berufungsgericht zu prüfen haben, ob hinsichtlich des Exposés die Voraussetzungen der Veröffentlichungspflicht nach den einschlägigen Regelungen vorliegen. Diese Vorschriften ermöglichen eine allgemeine Kenntnisnahme von Planungsunterlagen und gewährleisten so die für die demokratische Teilhabe der Bürger an Planungsentscheidungen der Gemeinde erforderliche Beteiligung der Öffentlichkeit im bauleitplanungsrechtlichen Verfahren, so das Gericht.

Ein ausreichender sachlicher Zusammenhang mit dem behördlichen Verfahren im Falle der öffentlichen Zugänglichmachung über das Internet sei aus Sicht der Karlsruher Richter dann gegeben, wenn sie mittels einer Verlinkung auf den behördlichen Internetauftritt erfolge und durch die Art der Präsentation ein Bezug zum konkreten Verwaltungsverfahren hergestellt werde. Und der erforderliche anfängliche zeitliche Zusammenhang bestehe jedenfalls dann, wenn das behördliche Verfahren bereits begonnen habe. Davon sei bei einer Publikation über die Webseite der Behörde während eines laufenden Projektes jedenfalls auszugehen.

Außerdem vermutet der I. Zivilsenat, dass der Drei-Stufen-Test des Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (Richtlinie 2001/29/EG) erfolgreich absolviert wird. Danach dürfe die mit § 45 UrhG umgesetzte Beschränkung (erste Stufe) nur in bestimmten Sonderfällen angewandt werden, in denen (zweite Stufe) die normale Verwertung des Werks oder sonstigen Schutzgegenstands nicht beeinträchtigt wird und (dritte Stufe) die berechtigten Interessen des Rechtsinhabers nicht ungebührlich verletzt werden. Die Erfordernisse des Drei-Stufen-Tests dürften daher – nach Ansicht der Richter – im Falle der öffentlichen Zugänglichmachung eines Werkes, die eine Behörde während eines bauplanungsrechtlichen Verfahrens vornimmt und hinsichtlich derer die Voraussetzung der nach § 4a Abs. 4 Satz 1 in Verbindung mit § 3 Abs. 2 Satz 1 BauGB bestehenden Veröffentlichungspflicht vorliege, regelmäßig gewahrt sein. Denn bei § 45 UrhG handele es sich um die Regelung eines bestimmten Sonderfalles im Sinne der ersten Stufe. Eine Beeinträchtigung der normalen Verwertung des Werkes dürfte schon deshalb nicht vorliegen, weil nicht zu erwarten sei, dass durch die öffentliche Zugänglichmachung in die Primärverwertung des Kartenausschnitts der Klägerin eingegriffen werde. Auch eine ungebührliche Verletzung der berechtigten Interessen des Rechtsinhabers fehle, da das mit der öffentlichen Zugänglichmachung des Kartenausschnitts verfolgte Ziel der Teilhabe der Bürger an Planungsentscheidungen der Gemeinde die damit für die Klägerin verbundene Beeinträchtigung überwiegen dürfte.

Urheberrecht in der Bauplanung

Doch lässt die Entscheidung private Anbieter wirklich aufatmen? Zwar ist auch der BGH ist der Auffassung, dass Behörden nicht in der Lage sind, ein Werk nachträglich zu einem „amtlichen Werk“ im Sinne des § 5 UrhG zu machen und dem Anbieter so den Urheberrechtsschutz zu nehmen. Allerdings gibt es wohl einen anderen Weg, der die Veröffentlichung urheberrechtlich geschützter Karten im Internet zulässt. Besteht die Pflicht zur Veröffentlichung eingereichter Bauunterlagen, dürfen solche Karten unter einer Voraussetzung trotzdem ins Netz gestellt werden – und zwar dann, wenn ein hinreichender Zusammenhang zu einem laufenden Verfahren besteht.

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