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BGH legt EuGH Fragen zum urheberrechtlichen Werkbegriff vor

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USM Haller Regalsystem
Foto von Pawel Czerwinski auf Unsplash

Ob es sich bei dem USM Haller Regalsystem um Kunst handelt, darum streitet der Schweizer Möbelhersteller USM mit seinem Konkurrenten Konektra. Der BGH hat das Verfahren ausgesetzt und der EuGH soll nun den urheberrechtlichen Werkbegriff erläutern.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) verschiedene Fragen vorgelegt, mit denen der in der EuGH-Rechtsprechung entwickelte Begriff des urheberrechtlich geschützten Werks geklärt werden soll (BGH, Beschl. v0m 21.12.2023, Az. I ZR 96/22).

Möbelhersteller geht gegen Konkurrenten vor

USM (Klägerin), ansässig in der Schweiz, ist Hersteller eines seit vielen Jahren unter dem Namen „USM Haller“ vertriebenen modularen Möbelsystems. Dabei werden hochglanzverchromte Rundrohre mittels kugelförmiger Verbindungsknoten zu einem Gestell zusammengesetzt. In dieses Gestell können verschiedenfarbige Verschlussflächen aus Metall (bekannt als Tablare) eingesetzt werden. Die so entstehenden Korpusse können nach Belieben kombiniert und sowohl übereinander als auch nebeneinander angeordnet werden.

Der Betreiber eines Online-Shops namens „Konektra“ (Beklagte) verkauft über seine Website Ersatzteile und Erweiterungskomponenten für das USM Haller Möbelsystem, die in der Form und größtenteils auch in der Farbe den Original-Komponenten von USM entsprechen. Anfangs beschränkte sich Konektra auf das reine Ersatzteilgeschäft, ohne Einwände von Seiten USMs. Jedoch überarbeitete der Beklagte in den Jahren 2017/2018 seinen Online-Shop, um sämtliche Komponenten aufzulisten, die für den Zusammenbau vollständiger USM Haller Möbel benötigt werden. Zudem bietet Konektra seinen Kunden einen Montageservice an, bei dem die gelieferten Einzelteile beim Kunden zu einem vollständigen Möbelstück zusammengefügt werden.

Möbelsystem urheberrechtlich geschützt?

USM behauptet, dass es sich bei dem USM Haller Möbelsystem um ein urheberrechtlich geschütztes Werk der angewandten Kunst handele oder es zumindest als Leistungsergebnis, das lauterkeitsrechtlich gegen Nachahmung geschützt sei. USM interpretiert die Neugestaltung des Online-Shops von Konektra als einen strategischen Wandel, der darauf abzielt, nicht nur Ersatzteile für das USM-Möbelsystem anzubieten, sondern ein identisches Möbelsystem zu entwickeln, herzustellen und zu vertreiben.

USM betrachtet das Angebot von Konektra als Plagiat. Deshalb verlangen sie vor allem Unterlassung und Schadensersatz. Die Klageanträge basieren hauptsächlich auf Ansprüchen aus dem Urheberrecht, hilfsweise auf wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz.

OLG Düsseldorf lehnt urheberrechtliche Ansprüche ab

Zunächst hatte das LG Düsseldorf der Klage aus Urheberrecht überwiegend stattgegeben (LG Düsseldorf, Urteil vom 14. Juli 2020, Az. 14c O 57/19). Das OLG Düsseldorf entschied hingegen in der Berufung, die urheberrechtlichen Ansprüche abzulehnen und stattdessen nur Ansprüche aus dem Wettbewerbsrecht anzuerkennen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 2. Juni 2022, Az. 20 U 259/20).

Das OLG argumentierte, dass das USM Haller Möbelsystem nicht als urheberrechtlich geschütztes Werk der angewandten Kunst im Sinne von § 2 Abs.1 Nr.4, Abs.2 UrhG eingestuft werden könne, da es die die vom EuGH in seiner jüngeren Rechtsprechung gestellten Anforderungen an ein Werk nicht erfülle, weil seine Gestaltungsmerkmale nicht Ausdruck freier kreativer Entscheidungen seien. Jedoch habe das Möbelsystem eine wettbewerbliche Eigenart, weil seine Gestaltungsmerkmale nach ihrem Gesamteindruck auf USM als Herstellerin hinweisen würden. Das Angebot der Beklagten sei gemäß § 4 Nr.3a UWG unlauter, da es die Abnehmer in vermeidbarer Weise über die betriebliche Herkunft der angebotenen Produkte täusche.

Beide Parteien legten gegen die Entscheidung Revision ein und der Fall landete vor dem BGH.

BGH legt EuGH zu klärende Fragen vor

Der BGH hat das Verfahren ausgesetzt und dem EuGH drei zentrale Fragen vorgelegt, welche insbesondere die Auslegung des Werkbegriffs betreffen.

Der EuGH soll zunächst klären, ob das OLG Düsseldorf korrekterweise von einem Ausnahmecharakter des Urheberrechtsschutzes ausgegangen ist, wenn es um den Schutz von Werken der angewandten Kunst als Geschmacksmuster oder Design geht. Diese Frage bezieht sich darauf, ob höhere Anforderungen an die freie kreative Entscheidung des Schöpfers gestellt werden sollten, wenn es um die urheberrechtliche Originalität dieser Werke geht, im Vergleich zu anderen Werkarten.

Des Weiteren ist fraglich, ob bei der urheberrechtlichen Beurteilung der Originalität auch die subjektive Sicht des Schöpfers beim Schöpfungsprozess berücksichtigt werden sollte und ob er bewusst kreative Entscheidungen treffen muss oder ob es auf einen objektiven Maßstab ankomme.

Zuletzt sei noch nicht eindeutig geklärt, ob Umstände, die nach dem maßgeblichen Zeitpunkt der Gestaltung entstanden sind, wie beispielsweise die Präsentation in Kunstausstellungen oder Museen oder die Anerkennung in Fachkreisen, bei der Beurteilung der Originalität berücksichtigt werden können.

Die Frage, ob und wann Möbel neben einem möglichen Designschutz auch urheberrechtlichen Schutz genießen können, hat große finanzielle Bedeutung für Hersteller von Designmöbeln. Daher ist das Verfahren von enormer Wichtigkeit.

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