AG Leipzig: Beim Streamen entsteht ein Vervielfältigungsstück
Das AG Leipzig hat das Urteil (Az.: 200 Ls 390 Js 184/11) vom 21.12.2011 in dem Strafverfahren gegen einen Kino.to-Verantwortlichen veröffentlicht.
Wir hatten im Oktober 2011 hier von der Anklage berichtet.
Der Angeklagte wurde der gewerbsmäßigen unerlaubten Verwertung von urheberrechtlich geschützten Werken gemäß § 106, 108 UrhG schuldig gesprochen. Für den Urheberrechtler stellt dies kein überraschendes Ergebnis dar.
Umso spannender ist die Beurteilung des Gerichts, ob durch den Streamingvorgang ein Vervielfältigungsstück geschaffen wird. Denn dies hat zur Konsequenz, dass auch der Nutzer einer solchen Streamingseite sich der unerlaubten Verwertung urheberrechtlich geschützter Werke strafbar machen kann.
Ausschlaggebend ist dafür, ob durch den Streamingvorgang ein Vervielfältigungsstück geschaffen wird. Denn dies ist eine Voraussetzung der Strafbarkeit gemäß § 106 UrhG. Das Gericht bejahte das Vorliegen eines Vervielfältingungsstückes während des Streams:
„Schließlich fand zumindest eine vorübergehende Erstellung eines Vervielfältigungsstücks beim Nutzer von KINO.TO statt. (…)Dies gilt aber auch für den Nutzer eines Streamprogrammes, der das Filmwerk nur zur einmaligen Nutzung herunterlud. Denn auch beim Streaming werden die über das Internet empfangenen Datenblöcke zunächst auf dem Rechner zwischengespeichert, um sodann in eine flüssige Bildwiedergabe auf dem Bildschirm des Nutzers ausgegeben werden zu können. § 16 UrhG stellt insoweit klar, dass auch vorübergehend erstellte Vervielfältigungsstücke dem Urheberrechtsschutz unterfallen.“
Die Vervielfältigungshandlung soll nach Ansicht des Gerichts nicht nur vorübergehend sein:
„Die Ausnahmevorschrift des § 44a UrhG ist nicht einschlägig. Die Speicherung beim Nutzer von KINO.TO erfolgt nicht als Vermittler zwischen Dritten. Eine rechtmäßige Nutzung der Raubkopien ist ohne Genehmigung des Urhebers ebenfalls nicht möglich. Zudem haben die vorübergehenden Vervielfältigungsstücke im Streamingvorgang eine ganz wesentliche wirtschaftliche Bedeutung für den Nutzer, da er genau mittels dieser gespeicherten Daten sich den wirtschaftlichen Wert der Nutzung verschafft. Jedenfalls kann die Entscheidung des Nutzers, diese Daten nur vorübergehend und nicht auf längere Zeit gespeichert zu behalten, die eigenständige wirtschaftliche Bedeutung des Vervielfältigungsstückes für den konkreten Nutzungszweck nicht beseitigen.“
Damit teilt das Gericht, die von uns schon seit langem vertretene Auffassung, dass auch die Streamingnutzer gegen Urheberrechte verstößt und sich sogar strafbar machen kann.
Bereits am 22.02.2012 hatten wir in der Legal Tribune Online davon berichtet, dass die Staatsanwaltschaft momentan gegen die kino.to Premium Nutzer ermittelt.
Ein Vorgehen gegen die Streamingnutzer von kino.to wäre somit zivil- und strafrechtlich theoretisch möglich. für die Praxis stellt sich natürlich die Frage, die Personen, die kino.to zum illegalen Streamen von Filmen benutzt haben, überhaupt ermittelt werden können.