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“Dann geh´ doch zu Netto!” – Wer hat’s erfunden?

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Der Slogan “Dann geh´ doch zu Netto!” ist mittlerweile deutschlandweit und sogar international bekannt.

Die entsprechende Werbekampagne ist lustig, sympathisch und überzeugte offenbar auch fachlich: Sie schaffte es in das internationale Branchenranking “FeelMore50″ 2017 und bekam 2018 sogar den Branchenpreis “Bronze GWA Effie”. So weit, so werbewirksam.

Interessantes Detail: Der Spruch stammt ursprünglich nicht aus der Feder hochdotierter Werber, sondern von einer beim Dreh anwesenden Mutter, deren Kind in einer der Werbespots mitwirkt.

“Dann geh´ doch zu Netto!” – Eine Erfolgsgeschichte

Ende 2016/Anfang 2017 produzierte Jung von Matt/Saga zusammen mit der Produktionsfirma Markenfilm den (Fernseh-)Werbespot “Kaufmannsladen”, in dem zwei Kinder im Kindergarten, wie der Name bereits sagt, Kaufladen spielen. Dem einkaufenden Jungen sind die Waren jedoch viel zu teuer und er verleiht seinem Ärger darüber deutlich Ausdruck: “Abzocker!”. Darüber ist das verkaufenden Mädchen natürlich nicht glücklich und fängt an zu weinen. Schlusspunkt des Spots, im Fachjargon “Peak-End Rule” genannt, bildet das empört vorgetragene, nun allseits bekannte “Dann geh´ doch zu Netto!”:

https://youtu.be/sg7kkyGvaSw

Mittlerweile haben die Werbekampagne und der genannte Spruch als deren zentrales Element nationale und sogar internationale Bekanntheit erlangt. Der erste Werbespot “Kaufmannsladen” schaffte es sowohl in das internationale Branchenranking “FeelMore50″ 2017 und bekam 2018 den “Bronze GWA Effie”. Vor dem Hintergrund dieses Erfolgs wurden in der Folgezeit weitere, ähnliche Werbespots produziert, die ebenfalls ihre Pointe in dem Slogan “Dann geh´ doch zu Netto!” haben. Die Videos im YouTube-Kanal “nettotv” haben Millionen von Aufrufen.

Alles nur geklaut?

Kurz vor Weihnachten 2018 erreichte unsere Kanzlei eine Beratungsanfrage. Es meldete sich die “Erfinderin” des Werbeslogans “Dann geh´ doch zu Netto!”, mit dem der deutsche Verbraucher mittlerweile seit zwei Jahren von Kindern, quengelnden Müttern und sogar vom Weihnachtsmann im Fernsehen, Radio und sogar in Gestalt eines Handy-Klingeltons aufgefordert wird, seine Lebensmitteleinkäufe in einem ganz bestimmten Geschäft zu erledigen.

Der für unsere Beauftragung entscheidende Umstand war, dass Schöpferin des Spruchs “Dann geh´ doch zu Netto!” die Mutter eines im Spot auftretenden Kindes ist. Aber nicht nur das. Sie hat diesen in Absprache mit der für die Kreation verantwortlichen Person an Ort und Stelle noch während der Dreharbeiten in das Drehbuch für den Spot “Kaufmannsladen” eingebracht und dort mit umgesetzt. Während der Dreharbeiten zum ersten Spot „Kaufmannsladen“ war die Aufnahmeleitung unzufrieden mit den ersten Ergebnissen und nahm die Idee daher dankbar an.

Wie ist die Rechtslage?

Der Fall ist juristisch nicht einfach zu bewerten, wenn es auch nach dem gesunden Menschenverstand klar scheint, dass die Schöpferin irgendwie honoriert werden müsste. Denn der Spruch ist elementarer Bestandteil der Aktion. Dessen Erfinderin soll aber dafür nicht honoriert werden, obwohl der durch ihre Mitwirkung generierte Mehrwert auf der Hand liegt? 

Ob der Slogan als solcher rechtlich zum Beispiel nach dem Urheberrecht geschützt sein könnte, ist aufgrund seiner Kürze zweifelhaft. Darauf kommt es aber auch nicht an. Der konkrete Sachverhalt unterscheidet sich aufgrund der konkreten Mitwirkung an der Planung und Ausführung des Werbespots unter Verwendung des Slogans von Ort von den Fällen, in denen ein separat geschaffener, für sich genommen nicht urheberrechtlich schutzfähiger Slogan schlicht in ein Werk übernommen wird (wie zum Beispiel in dem vom OLG Hamburg zu entscheidenen Fall, Urteil v. 9.11.2000, Az. 3 U 79/99 – „DEA – hier tanken Sie auf”).

Rechtlicher Anknüpfungspunkt für Ansprüche ist somit auch nicht der Spruch als solcher, sondern das dem Werbespot zugrundeliegende Drehbuch. Dabei handelt es sich um ein gem. §§ 1, 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG geschütztes Werk. Das darauf basierende Filmwerk ist gem. §§ 1, 2 Abs. 1 Nr. 6 UrhG urheberrechtlich geschützt.

Durch den Beitrag der für den Werbespot entscheidenden Pointe “Dann geh´ doch zu Netto!“ ist die Mutter – unabhängig von der Frage der isolierten urheberrechtlichen Schutzfähigkeit des Slogans – gem. § 8 UrhG als Miturheberin am Drehbuch bzw. des Werbespots anzusehen.

Die Wendung des Spots war laut Mitteilung der Jury von “FeelMore50” sogar einer der ausschlaggebenden Gründe für die Aufnahme in die dortigen “TOP50”. Trotz der Tatsache, dass die Mutter sich offenbar nahezu alleine für den entscheidenden Beitrag einer mittlerweile international bekannten und erfolgreichen Werbekampagne für die Einzelhandelskette “Netto” – jedenfalls mit – verantwortlich zeichnet, hat sie bisher dafür keinerlei Anerkennung, geschweige denn Vergütung erhalten.

Dieser Umstand ist nicht nur auf tatsächlicher Ebene suboptimal, da das entscheidende kreative Element der geschuldeten Werbekampagne in Wirklichkeit entgegen des öffentlich erweckten Eindrucks nicht von der dazu beauftragen Werbeagentur, sondern von jemand ganz anderem stammt, sondern hat auch rechtliche Konsequenzen. Denn dem (Mit-)urheber eines Werks stehen gem. § 32a Abs. 1 UrhG bzw. § 32a Abs. 2, § 97 Abs. 1 UrhG nämlich Ansprüche auf angemessene Beteiligung zu.

“Dann geh´ doch vor Gericht!“

Der außergerichtlichen Bitte an die Beteiligten um Erteilung einer Auskunft über Art und Umfang der Verwendung der auf der Idee “Dann geh´ doch zu Netto!“ beruhenden Werbespots wurde leider nicht entsprochen.

Anstatt das Thema elegant, zum Beispiel mit dem Angebot einer vernünftigen Entschädigung, zu lösen, verwiesen sie die Mutter auf den Klageweg. Wahrscheinlich in der Hoffnung, dass sie diesen mangels finanzieller Ressourcen nicht beschreiten wird. Wir gehen davon aus, dass sie dies auf unseren Rat hin trotz der wirtschaftlichen „David gegen Goliath“-Situation tun wird.

Es sei denn, Netto hätte doch noch ein Einsehen.

Das Thema ist bereits in dem folgenden Medien aufgegriffen worden:

UPDATE 25.1.2019:

UPDATE 15.3.2019:

UPDATE 9.4.2020:

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