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Keine Rückgabe von Corona-Selbsttests – pauschale Formulierung rechtens

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Das Widerrufsrecht des Verbrauchers ist eine wesentliche Norm zur Stärkung der Position des Konsumenten. Es gibt ihm die Möglichkeit, innerhalb einer Frist – regelmäßig 14 Tage – ohne Angabe von Gründen, also ohne, dass die erworbene Sache einen Mangel hat, vom Kaufvertrag zurückzutreten und die Ware zurückzugeben oder zu -senden.

Dies möglichst unbenutzt und originalverpackt, so dass sie gegebenfalls vom Verkäufer noch verwendet werden kann und nicht als wertlos entsorgt werden muss.

Widerrufsrecht: Grundsätzlich ja, aber…

Es liegt in der Natur der Sache bzw. der Ware, dass in bestimmten Fällen ein solcher Rücktritt aufgeschlossen sein kann, weil das Erworbene grundsätzlich nicht so zurückgegeben werden kann, dass es die Voraussetzungen einer anderweitigen Verwertung erfüllt, etwa, weil die Ware schnell verderblich ist oder ganz persönlich auf die Kundin bzw. den Kunden zugeschnitten wurde. Solche speziellen Ausschlussgründe gelten grundsätzlich, müssen im Einzelfall aber immer überprüft werden. Gerichte kommen auch in solchen Fällen immer wieder zu verbraucherfreundlichen Auslegungen.

Und dann gibt es Waren, die eine Art „Zwischenposition“ einnehmen. Dazu gehören versiegelte Gesundheits- und Hygieneprodukte, die nicht grundsätzlich von der Rückgabe ausgeschlossen sind, die aber nicht mehr zurückgegeben werden können, wenn sie einmal geöffnet wurden. Ist das Siegel jedoch intakt, gilt auch für diese Produktgruppe selbstverständlich das Widerrufsrecht. Soweit die Rechtslage.

OLG Nürnberg: Verbraucher können pauschale Formulierung rechtlich einordnen

Nun zum Fall. Ein Onlineshop, der Corona-Tests zum Kauf anbot, hatte in der Produktbeschreibung erklärt: „Aus hygienischen Gründen sind Schnelltests von der Rückgabe und vom Umtausch ausgeschlossen“. Das hört sich in dieser pauschalen Formulierung so an, als seien die Corona-Tests, wenn sie einmal gekauft wurden, unter keinen Umständen zurückzugeben. Gleichwohl schätzte das OLG Nürnberg die Verbraucher so ein, dass es urteilte, sie seien sich im Klaren darüber, dass der Onlineshop nicht etwa einen (normwidrigen) grundsätzlichen Widerrufsausschluss proklamiere (also auch ein versiegeltes Produkt betreffend), sondern nur an die vom Gesetz vorgesehene Einschränkung erinnere, dass geöffnete Verpackungen zum Ausschluss des Widerrufsrechts führen; somit verstoße die Formulierung nicht gegen das Wettbewerbsrecht (OLG Nürnberg, Beschluss v. 26.11.2021, Az.: 3 U 2473/21).

Lebensferne Einschätzung

Die Frage ist, ob die erkennenden Richter damit die Verbraucher und deren durchschnittlichen Rechtskenntnisse nicht arg überschätzen. Es ist ja ohnehin schon kompliziert genug. Nun soll also ersichtlich sein, dass ein – der sprachlichen Form nach – grundsätzlicher Ausschluss gar nicht grundsätzlich gemeint ist und man im Fall des Falles die ungeöffneten Tests im Rahmen des Widerrufsrecht zurückgeben kann? Etwas lebensfern, die abschreckende Wirkung der ziemlichen klaren Pauschalaussage so zu ignorieren.

Der Beitrag stammt von unserem freien Autor Josef Bordat. Er ist Teil unserer Reihe “Berichte aus der Parallelwelt”. Dort werfen Autoren aus anderen Fachbereichen einen Blick auf die Rechtswissenschaft in Theorie und Praxis. Die Beiträge betrachten, anders als unsere sonstigen Fachbeiträge Begebenheiten und Rechtsfälle daher auch nicht juristisch, sondern aus einem völlig anderen Blickwinkel. Aus welchem, das soll der Beurteilung der Leser überlassen bleiben. Interessant wird es, wie wir meinen, allemal.

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