Werbung für Kinderspielzeug „frei von Phthalaten“ wegen Selbstverständlichkeit unzulässig
Uns liegt ein aktueller Beschluss des Landgerichts Düsseldorf (LG Düsseldorf, Beschluss v. 26.2.2013, Az. 34 O 18/13) vor, der dem Antragsgegner bei Androhung von Ordnungsmitteln bis 250.000 € unter anderem verbietet, Kinderspielzeug mit dem Hinweis zu bewerben, dass dieses „frei von Phthalaten“ sei.
Da die Entscheidung in einem einstweiligen Verfügungsverfahren erging, liegen keine Gründe vor.
Das Landgericht Düsseldorf war mit dem Antragsteller der Auffassung, dass der Hinweis als unzulässige Werbung mit Selbstverständlichkeiten gegen § 5 Abs. 1 Nr. 1 UWG verstößt.
Gem. § 5 UWG können auch objektiv richtige Angaben unzulässig sein, wenn sie bei einem erheblichen Teil der maßgeblichen Verkehrskreise einen unrichtigen Eindruck erwecken. Ein solcher unrichtiger Eindruck kann zB entstehen, wenn Werbebehauptungen etwas Selbstverständliches in einer Weise betonen, dass der Adressat der Werbung hierin einen besonderen Vorzug der beworbenen Ware oder Leistung vermutet. Es werden also bspw gesetzlich vorgeschriebene Eigenschaften oder zum Wesen der angebotenen Ware oder Leistung gehörende Umstände so hervorgehoben, dass das Publikum annimmt, es werde mit einem Vorzug gegenüber anderen Waren gleicher Gattung oder Konkurrenzangeboten geworben, während es sich doch in Wahrheit um Merkmale handelt, die das Produkt des Werbenden gegenüber anderen nicht auszeichnet. (Bornkamm in Köhler/Bornkamm, UWG, § 5, 29. Auflage 2011, Rn 2.115)
Phthalate werden als Weichmacher für Kunststoffe verwendet und fanden sich Geraume Zeit dementsprechend auch in Kinderspielzeug aus Kunststoff. Die Verwendung von Phthalaten ist seit 2007 zum Schutz der Gesundheit von Kindern als Weichmacher in Babyartikeln und Kinderspielzeug verboten (Richtlinie 2005/84/EG).
Das Landgericht Düsseldorf entschied vor diesem Hintergrund, dass der Antragsgegner mit seiner Werbung auf unzulässige Weise eine Selbstverständlichkeit besonders herausstelle, nämlich, dass das angebotene Kinderspielzeug den gesetzgeberischen Vorgaben entspreche. Er erwecke damit den Eindruck, dass er dem Verbraucher damit etwas besonderes biete, obgleich selbstverständlich alles in Deutschland angebotene Spielzeug gesetzlichen Vorgaben gerecht werden muss.
Fazit:
Die Werbung mit Selbstverständlichkeiten ist eine sehr interessante Fallgruppe im Wettbewerbsrecht. Denn im Rahmen des Irreführungsschutzes von Verbrauchern sind naturgemäß vornehmlich Aussagen problematisch, die sich nicht mit der Wirklichkeit decken, somit unwahr sind. Bei der Werbung mit Selbstverständlichkeiten liegt das Besondere darin, dass die so aufgestellten Behauptungen grundsätzlich zutreffen und damit grundsätzlich zulässig sind. Interessant wird es dann, wenn Produkteigenschaften, die zum Beispiel gesetzlich vorgeschrieben sind, in einer Weise hervorgehoben werden, so dass beim Verbraucher der Eindruck entsteht, er erhalte etwas Besonderes.
Ähnlich verhält es sich bei den insbesondere auf Auktionsplattformen im Textil-oder Schmuckbereich anzutreffenden „Garantien“, dass die angebotene Ware 100-prozentig echt sei. Eine solche Werbung hat das Landgericht Frankfurt (LG Frankfurt, Urteil v. 8.11.2012, Az. 03-2 O 205/12) bereits für unzulässig erklärt. Wir berichteten.
Vor einigen Jahren geisterten auch einmal Abmahnungen eines „Vereins für Verbraucherschutz“ durch das Netz, wonach die Angabe „FCKW-frei” in Artikelbeschreibungen wegen der unzulässigen Werbung mit Selbstverständlichkeiten rechtswidrig sein sollte. Diesbezüglich schaffte das Landgerichts Berlin (LG Berlin, Beschluss vom 06.09.2011, Az. 15 O 332/11) Klarheit und lehnte eine Irreführung in diesem Fall ab, da der Hinweis im konkreten Fall nicht besonders hervorgehoben worden war. Details zu diesem Fall hier.
Bei der Gestaltung von Angebotsbeschreibungen ist somit auch und vor allem dann höchste Vorsicht geboten, wenn Produkteigenschaften besonders hervorgehoben werden sollen. Sprechen Sie uns bei Fragen gerne an. (la)
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