Wettbewerbszentrale lässt Arztwerbung für eine Bauchdeckenresektion untersagen
Für plastisch-ästhetische Chirurgen spielt Praxismarketing häufig eine größere Rolle als für andere Fachärzte. Nicht selten werden dabei die Grenzen des Zulässigen überschritten.
Denn Ärzten ist nach der Berufsordnung für die nordrheinischen Ärztinnen und Ärzte (BOnrdrhÄ) eine berufliche Kommunikation nur in der Weise gestattet, dass sie sachliche, berufsbezogene Informationen preisgeben.
Das Landgericht Düsseldorf kam diesbezüglich zu dem Ergebnis, dass die Werbung eines plastischen Chirurgen mit einem Video, welches musikuntermalt eine Bauchdeckenresektion zeigt, unzulässig und wettbewerbswidrig ist.
Werbung auf der eigenen Internetseite
Der Beklagte praktiziert als Arzt im Bereich der plastischen Chirurgie und wirbt mit verschiedenen Eingriffen auf seiner Internetseite. Unteranderem veröffentlichte er im Dezember 2019 ein Video, das – musikalisch untermalt – verschiedene Sequenzen einer Bauchdeckenresektion zeigt. Darauf ist der Bauchbereich einer Patientin zu sehen mit der Aufschrift „Tummy tuck after 50 kg weight reduction […]“. Gezeigt wurde zudem der markierte Operationsbereich und der respektierte Teil der Bauchdecke auf den Oberschenkeln der Patientin. In der Schlusssequenz wurde der entfernte Teil der Bauchdecke von dem beklagten Arzt in die Luft gehalten und von mehreren Seiten präsentiert. Die Wettbewerbszentrale hielt dies für berufs- und damit wettbewerbswidrig und klagte auf Unterlassung.
Welche Werbung ist in der plastischen Chirurgie erlaubt?
§ 27 BOnrdrhÄ regelt den berufsrechtlichen Rahmen ärztlicher Information und Werbung. Die Bestimmung stellt einerseits allgemeine Anforderungen, enthält aber auch spezifische Einschränkungen, wie das Verbot berufswidriger Werbung und das sogenannte Fremdwerbeverbot. Unter anderem definiert § 27 Abs. 1 den Patientenschutz als Regelungszweck der berufsordnungsrechtlichen Vorschriften für ärztliche Informationen und Werbung. Demnach soll eine dem Selbstverständnis für Ärzteschaft zuwiderlaufende Kommerzialisierung des Arztberufs durch Werbung vermieden werden. Der Maßstab für solch berufsbezogene Werbung sei mithin: Sachlichkeit und Angemessenheit.
Das Gebot der Sachlichkeit fordert insbesondere inhaltlich zutreffende und allgemeinverständliche Informationen, während das Gebot der Angemessenheit gleichermaßen auf Inhalt und Form der Werbung angewendet werde. Zwar dürfen auch Ärzte das grundsätzliche Ziel von Werbung, Aufmerksamkeit und Interesse zu wecken, verfolgen. Die Grenze der Angemessenheit ärztlicher Information und Werbung sei allerdings dann klar überschritten, wenn die Darstellung Übertreibungen aufweise, aufdrängend oder gar belästigend wirke.
Doch nicht nur die Vorschriften der Berufsordnung sind zu befolgen. Werben Ärzte für ihre Berufsausübung, haben sie neben der für sie geltenden Berufsordnung auch das Wettbewerbsrecht zu beachten. Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb verbietet nämlich solche Geschäftspraktiken, die dem Gebot des fairen Wettbewerbs widersprechen. Einzelne Vorschriften des UWG stellen ausdrücklich klar, dass bestimmte Erscheinungsformen von Werbung unzulässig sind. Aber auch die Vorschriften, die sich allgemein auf Geschäfts – und Wettbewerbshandlungen beziehen, können betroffen sein. Denn immer, wenn Ärzte für ihre Berufstätigkeit werben, liegt darin schon eine Wettbewerbshandlung.
Sachgerechte und angemessene Werbung eines Arztes
Das Landgericht Düsseldorf (LG Düsseldorf, Urteil v. 05.02.2021, Az. 38 O 45/20) war der Auffassung, das Video des Arztes gehe über eine sachliche Information hinaus. Zwar habe das Video, welches auf seiner Internetpräsenz veröffentlicht wurde, werblichen Charakter für die Tätigkeit des Arztes – was die Berufsordnung für nordrheinische Ärztinnen und Ärzte (BOnrdrhÄ) als zulässig erachtet. Jedoch verlasse das Video den Rahmen einer interessengerechten und sachgemessen Information. Es bediene sich bei der Darstellung vielmehr der Mittel einer reißerischen, auf die Erregung von Aufmerksamkeit abzielende Darstellung, die in der Form durch berechtigte Informationsinteressen nicht mehr gedeckt sei.
Doch damit nicht genug! Neben der ohnehin schon unzulässigen Darstellung nach § 27 Abs. 2 BOnrdrhÄ stellen berufsrechtliche Werbeverbote für Ärzte außerdem nach Auffassung des Gerichts, Markenverhaltensregelungen im Sinne von § 3a des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) dar. Der Verstoß kann demnach als unlautere geschäftliche Handlung verfolgt werden, denn die Missachtung der Marktverhaltensregelungen ist geeignet, den Wettbewerb zum Nachteil von Mitbewerbern und Verbrauchern im Sinne des § 3a UWG spürbar zu beeinträchtigen.
Marktverhaltensregeln auch bei Werbung eines Arztes
Nach § 3a UWG handelt unlauter, wer gegen Gesetze verstößt, die das Verhalten von Marktteilnehmern im Interesse eines fairen Wettbewerbs regeln. Zu diesen sogenannten Marktverhaltensregeln zählt die Rechtsprechung auch die Vorschriften der jeweiligen Berufsordnungen. Damit steht fest, dass auch ein Verstoß gegen § 27 Abs. 2 der Berufsordnung für die Ärztinnen und Ärzte einen Wettbewerbsverstoß begründet.