Irreführende „German Quality“-Werbung
Dürfen Kondome, die gar nicht in Deutschland hergestellt wurden, sondern in Asien, mit der Angabe „German Quality“ und den Farben der Deutschlandfahne verkauft werden?
Das Landgericht Hamburg hat einer Unterlassungsklage bezüglich derartiger Werbeaussagen stattgegeben (LG Hamburg, Urteil vom 02.06.2022, Az. 327 O 307/21).
In dem Verfahren stritten zwei Unternehmen, die beide Kondome in Deutschland vertreiben. Die Beklagte stellte Präservative in Asien her und vertrieb diese in Deutschland. Sie vertrieb Kondome, auf deren Produktverpackung die Farben der deutschen Flagge, schwarz-rot-gold, nebeneinander in drei Balken aufgedruckt waren neben den Worten „German Quality“.
Deutsche Qualität in Asien hergestellt?
Die Klägerin ließ dies abmahnen. Die Beklagte war hingegen der Auffassung, die Produktverpackung bringe nicht zum Ausdruck, dass die Produkte in Deutschland hergestellt würden, wie dies bei der Werbeaussage „Made in Germany“ der Fall wäre. Die Produktaufmachung vermittle lediglich, dass die Produkte von deutscher Qualität – eben „German Quality“ – seien. Eine solche Qualität sei auch gegeben, da die Kondome in Deutschland einer Qualitätskontrolle unter Beachtung deutscher Industrienormen (DIN) unterzogen würden und dies durch vorgelegte Zertifikate belegt sei. Auch ein Produkt, das nicht in Deutschland hergestellt worden sei, könne deutsche Qualität aufweisen. Darüber hinaus sei die Produktmarke deutsch und das Produkt werde aus Deutschland heraus verkauft und verwendet.
Verhütungsmittelhersteller zu Unterlassung verurteilt
Das LG Hamburg jedoch sieht in der Produktverpackung irreführende Werbung. Es gab der Klage statt und verurteilte die Beklagte, es zu unterlassen, Kondome, die nicht in Deutschland hergestellt werden, in Verpackungen zu vertreiben, die mit „German Quality“ gekennzeichnet sind und die Farben der Flagge Deutschlands enthalten. Es bejahte einen Unterlassungsanspruch, der aus § 8 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Nr. 1 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) i. V. m. den §§ 3, 5 Abs. 1 und 2 Nr. 1 UWG folge.
§ 3 UWG verbietet unlautere geschäftliche Handlungen, § 5 UWG untersagt irreführende Werbung. Nach § 5 Abs. 2 Nr. UWG ist eine geschäftliche Handlung irreführend, wenn sie unwahre oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben enthält über die geographische Herkunft.
Irreführende Werbung
Laut dem Urteil des LG Hamburg ist die Aufmachung der Kondomverpackung dazu geeignet, irrezuführen i. S. v. § 5 Abs. 1 und 2 Nr. 1 UWG. Der Durchschnittsverbraucher gehe wegen der Abbildung der Farben der Deutschlandfahne mit dem Zusatz „German Quality“ nicht nur von einer bestimmten, eben deutschen Qualität aus, unabhängig vom Ort der Herstellung, er verstehe die Verpackungsaufmachung gerade als Hinweis auf den Ort der Herstellung. Dass auf der Verpackung kein Bezug auf den Herstellungsprozess als solchen genommen werde, sei dabei unschädlich.
Verbraucher hat keine Detailkenntnis zu DIN-Normen
Das Argument der Beklagten, Verbraucher verstünden unter deutscher Qualität unabhängig vom Herstellungsort die Einhaltung von deutschen Industrienormen und Parametern, die für Deutschland gelten, überzeuge nicht, so das LG Hamburg. Daran könnten auch überobligatorische Tests und eine stichprobenartige Qualitätsprüfung durch ein deutsches Unternehmen nichts ändern. Der angesprochene Durchschnittsverbraucher kenne sich nämlich mit den einschlägigen Industrienormen und Herstellungsparametern gar nicht aus. Dies anzunehmen überspanne den Kenntnisstand von Verbrauchern und die sich daraus ergebenden Vorstellungen von „deutscher Qualität“.
Deutschlandfahne und Angabe „German Quality“ suggerieren Herstellung in Deutschland
Gerade bei einem einteiligen Produkt, das in einem Herstellungsschritt aus einem Rohstoff erzeugt werde, gehe ein Verbraucher bei einer Abbildung einer Deutschlandfahne und den Worten „German Quality“ davon aus, dass das Produkt auch in Deutschland hergestellt worden ist. Damit einher gehe auch die Vorstellung beim Verbraucher, dass sich die Qualität aus den Produktionsstandards sowie der Ausbildung und den Kenntnissen des Personals an einem Produktionsstandort in Deutschland ergebe. Davon, dass lediglich einem Hersteller im Ausland bestimmte qualitative Vorgaben gemacht werden, die in Deutschland – stichprobenartig – überprüft werden, gehe der Verbraucher hingegen nicht aus.
Da deutsche Wertarbeit guten Ruf genießt, ist es bei Unternehmen beliebt, mit den Farben der Flagge Deutschlands auf Produktverpackungen zu werben. Dies ist mit dem Urteil des LG Hamburg bei im Ausland hergestellten Produkten nun deutlich schwieriger geworden.