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Fehlende Kennzeichnung von Elektrogeräten abmahnfähig

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Kennzeichnung Elektroartikel
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Die Pflicht zur Kennzeichnung bestimmter Elektrogeräte stellt eine Marktverhaltensregel dar. Ein Verstoß gegen die Kennzeichnungspflicht berechtigt zur Abmahnung bzw. zur Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen. Dies hat das Oberlandesgericht Hamm entschieden (OLG Hamm, Urteil v. 20.7.2021, Az. 4 U 72/20).

Unterlassungsanspruch im Falle fehlender Kennzeichnung

Die Parteien in dem Verfahren stritten um die Kennzeichnungspflicht für Leuchten nach dem ElektroG.  Die Klägerin begehrte, dass die Beklagten es unterlässt, Lampen in den Verkehr zu bringen, ohne dass diese gemäß der gesetzlichen Kennzeichnung im Sinne von § 9 Abs. 2 ElektroG in Verbindung mit Anlage 3 gem. der DIN-Norm EN 50419 auf dem Verbraucherprodukt selbst gekennzeichnet sind. Das OLG Hamm entschied, dass der Klägerin ein Unterlassungsanspruch aus § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1, §§ 3, 3a UWG i. V. m. § 9 Abs. 2 ElektroG zusteht. Die Beklagte habe Leuchten in den Verkehr gebracht, die nicht mit dem vorgesehenen „Mülltonnensymbol“ gekennzeichnet waren. Dadurch habe sie gegen § 9 Abs. 2 ElektroG in Verbindung mit Anlage 3 ElektroG verstoßen.

Nach § 9 des Gesetzes über das Inverkehrbringen, die Rücknahme und die umweltverträgliche Entsorgung von Elektro- und Elektronikgeräten (Elektro- und Elektronikgerätegesetz, kurz ElektroG) sind diese vor dem Inverkehrbringen auf dem europäischen Markt dauerhaft so zu kennzeichnen, dass der Hersteller eindeutig zu identifizieren ist und festgestellt werden kann, dass das Gerät nach dem jeweiligen in § 3 Nummer 4 genannten Zeitpunkt erstmals auf dem europäischen Markt in Verkehr gebracht wurde. Die Geräte sind außerdem mit einem in Anlage 3 des ElektroG dargestellten Symbol – eine durchgestrichene Mülltonne – „dauerhaft zu kennzeichnen“, sofern eine Finanzierungsgarantie nach § 7 Abs. 1 ElektroG erforderlich ist.

Normcharakter in Rechtsprechung und Literatur streitig

Allerdings, so das Gericht, sei es in Rechtsprechung und Literatur streitig, ob letztere Norm zumindest auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Teilweise werde die Auffassung vertreten, dass keine Marktverhaltensregel vorliegt (z. B. OLG Köln, Urteil v. 20.02.2014, Az. 6 U 118/14, OLG Düsseldorf, Urteil v. 8.5.2014, Az. 15 U 69/14). Nach anderer Auffassung stelle § 9 Abs. 2 ElektroG hingegen eine Marktverhaltensregel dar (z.B. OLG Frankfurt im vorangegangenen Verfügungsverfahren, Urteil v. 25.7.2019, Az. 6 U 51/19).

Regel dient dem Verbraucherschutz

Die Norm diene mittelbar durchaus dem Verbraucherschutz, befand das OLG. Verbraucher könnten anhand des Symbols bereits beim Kauf erkennen, dass das Produkt nicht im Hausmüll entsorgt werden kann. Diese Information sei von Relevanz, da sonst ein anderer, meist aufwändigerer Entsorgungsweg zu wählen ist. Die Norm enthalte deshalb ein „produktbezogenes Gebot“. Bei Verstößen werde die schutzwürdige Erwartung des Verbrauchers enttäuscht, ein Produkt angeboten zu bekommen, das den im Interesse des Kunden bestehenden gesetzlichen Bestimmungen entspricht.

UWG verlangt Spürbarkeit

Ein Verstoß gegen die Kennzeichnungspflicht sei jedoch nur dann spürbar im Sinne von § 3a UWG, wenn der Verbraucher die ihm vorenthaltene wesentliche Information je nach den Umständen benötige, um eine informierte Entscheidung zu treffen. Zudem muss das Vorenthalten geeignet sein, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Im Konkreten Fall sei eine solche Spürbarkeit gegeben.
An der Spürbarkeit fehle es auch nicht deshalb, weil das Symbol in der Gebrauchsanweisung angebracht wurde. Es könne, so das OLG, nämlich „nicht angenommen werden, dass alle Verbraucher die Gebrauchsanweisung zur Kenntnis nehmen bzw. bis zur anstehenden Entsorgung des Produkts aufbewahren“.

Wahl eines anderen Gerichts in der Hauptsache kein „forum shopping“

Das Gericht befasste sich im Rahmen der Entscheidung auch mit prozessualen Fragestellungen. So entschied das OLG Hamm, dass es grundsätzlich kein rechtsmissbräuchliches „forum shopping“ darstellt, wenn ein Kläger das Hauptsacheverfahren vor einem anderen Gericht anhängig macht als das vorangegangene einstweilige Verfügungsverfahren. Jedenfalls sei dies dann nicht der Fall, wenn der Kläger den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung nach dessen abschlägiger Bescheidung nicht zurücknimmt, um einen anderen, günstigeren Gerichtsstand zu wählen und dort einen inhaltsgleichen Hauptsacheantrag zu stellen, sondern stattdessen gegen die erstinstanzliche Entscheidung Berufung einlegt und auf diese Weise eine günstige Entscheidung eines Berufungsgerichts erstreitet.

Abmahnkosten sind keine Entgeltforderung

Ebenso urteilte das OLG Hamm, das die Aufhebung einer einstweiligen Verfügung gem. §§ 936, 927 Zivilprozessordnung wegen veränderter Umstände nicht dazu führt, dass die gem. § 204 Abs. 1 Nr. 9 BGB durch Zustellung des Verfügungsantrags bewirkte Hemmung der Verjährung ex tunc entfällt. Außerdem befand das Gericht, dass Abmahnkosten sind keine Entgeltforderungen im Sinne von § 288 Abs. 2 BGB darstellen.

Das Urteil aus Hamm stärkt den Verbraucherschutz, weil es klarstellt, dass die Kennzeichnung von Elektrogeräten zwingend ist und abmahnfähig ist. Es bleibt abzuwarten, wie andere Instanzgerichte zu der strittigen Frage der Marktverhaltensregelung urteilen werden.

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