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OLG Düsseldorf bestätigt Verbot irreführender Traditionswerbung durch falsche Behauptung eines „Markenrückkaufs“

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Tradition und langjährige Marktpräsenz genießen beim Verbraucher besonderes Vertrauen.

Umso wichtiger ist es, dass Alters- und Traditionswerbung im Wettbewerbsrecht strengen Anforderungen unterliegt.

Das Oberlandesgericht Düsseldorf (Urteil vom 25.03.2025, Az. I-20 U 139/24) hat diese Prinzipien nochmals hervorgehoben.

In dem entschiedenen Fall hatte ein Immobilienunternehmen mit dem „Rückerwerb“ von Markenrechten und einer „jahrzehntelangen Tradition“ geworben. Tatsächlich bestand jedoch weder eine rechtliche noch wirtschaftliche Kontinuität zur ursprünglichen Unternehmensstruktur.

Die Vorinstanz hatte diese Werbung bereits als irreführend untersagt – das OLG Düsseldorf hat diese Entscheidung nun vollumfänglich bestätigt.

Keine ehemalige Inhaberschaft, kein „Rückkauf“

Das Oberlandesgericht stellte klar: Die Begriffe „Rückkauf“ und „zurückerworben“ erwecken beim durchschnittlichen Verbraucher zwingend den Eindruck, dass die werbende Partei zuvor Inhaberin der Markenrechte gewesen sei. Da dies unzutreffend war, liege eine irreführende geschäftliche Handlung im Sinne von § 5 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 UWG vor.

Das Gericht führte weiter aus, dass der Eindruck einer langjährigen, ununterbrochenen Tradition im Immobiliengeschäft geeignet sei, die Entscheidung potenzieller Kunden erheblich zu beeinflussen. Gerade bei Dienstleistungen, bei denen Vertrauen eine zentrale Rolle spielt, wie etwa im Immobilienbereich, misst der Verkehr einer langen Geschäftstradition besonderes Gewicht bei.

Entscheidend war dabei, dass die Werbeaussagen nicht nur über einzelne Details täuschten, sondern gezielt den Eindruck erweckten, eine jahrzehntelange bewährte Kontinuität und familiäre Tradition bestünden – obwohl eine tatsächliche Unternehmensidentität oder Rechtsnachfolge nicht gegeben war.

Alters- und Traditionswerbung im Wettbewerbsrecht: Zulässigkeit und Risiken

Nach § 5 UWG sind irreführende Angaben unzulässig, insbesondere solche über wesentliche Merkmale des Unternehmens wie Alter, Erfahrung oder Unternehmensgeschichte. Alters- und Traditionswerbung wird dabei besonders sensibel beurteilt, da sie – ähnlich wie Qualitätsversprechen – ein Vertrauenssignal an den Verbraucher sendet.

Erlaubt ist eine Bezugnahme auf Alter oder Tradition nur, wenn

  • eine tatsächliche Unternehmensidentität oder Rechtsnachfolge besteht,
  • oder eine ununterbrochene Unternehmensfortführung glaubhaft und belegbar ist.

Problematisch wird es, wenn:

  • lediglich Markenrechte oder Firmenbezeichnungen übernommen werden,
  • ohne dass eine tatsächliche Fortführung des ursprünglichen Unternehmens vorliegt,
  • oder wenn durch Formulierungen wie „wieder da“, „zurückerworben“ oder „neu unter altem Namen“ eine Kontinuität suggeriert wird, die nicht existiert.

Werden diese Grenzen überschritten, drohen Abmahnungen, einstweilige Verfügungen, Hauptsacheklagen und erhebliche Reputationsschäden.

Besonderheit des Falls: Keine klassische Alterswerbung, sondern fingierte Traditionsbehauptung

Besonders bemerkenswert an der Entscheidung des OLG Düsseldorf ist, dass es nicht nur klassische Altersangaben (wie z.B. „gegründet 1979“) kritisch geprüft hat. Vielmehr stellte das Gericht klar, dass auch subtilere Formen der Traditionswerbung, die über Formulierungen wie „Rückkauf“ oder „Wiederaufnahme der Tradition“ arbeiten, unter das Irreführungsverbot fallen, wenn die behauptete Verbindung zur Vergangenheit tatsächlich nicht besteht.

Die Werbung im entschiedenen Fall zielte darauf ab, eine jahrzehntelange, bewährte Unternehmensgeschichte zu suggerieren, obwohl das werbende Unternehmen tatsächlich erst neu gegründet beziehungsweise umfirmiert worden war. Der Erwerb alter Markenrechte konnte eine solche Traditionslinie nicht herstellen.

Das Gericht betonte: Tradition kann nicht käuflich erworben werden. Sie entsteht durch tatsächliche Unternehmensidentität und nachweisbare Fortführung einer bestehenden wirtschaftlichen Einheit.

Konsequenzen für die Praxis

Das Urteil des OLG Düsseldorf unterstreicht, dass Alters- und Traditionswerbung erhebliche rechtliche Risiken birgt, wenn sie nicht auf tatsächlichen Gegebenheiten basiert. Unternehmen sollten insbesondere beachten:

  • Keine Suggestion einer Tradition ohne tatsächliche Kontinuität: Wer keine ununterbrochene Unternehmensgeschichte nachweisen kann, darf auch nicht den Eindruck erwecken, er könne an eine solche Tradition nahtlos anknüpfen.
  • Keine Übertragung von Tradition durch bloßen Markenerwerb: Der Kauf einer Marke oder eines Firmennamens ersetzt keine historische Geschäftskontinuität.
  • Vorsicht bei Formulierungen: Begriffe wie „wieder da“, „zurückgekehrt“ oder „Rückerwerb“ müssen wahrheitsgemäß und im richtigen Kontext verwendet werden.

Wird gegen diese Vorgaben verstoßen, drohen nicht nur wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche, sondern auch erhebliche Rufschäden.

Fazit

Traditionswerbung bleibt ein hochsensibles Feld im Wettbewerbsrecht. Wer mit Alter oder Tradition seines Unternehmens wirbt, muss sicherstellen, dass die zugrundeliegenden Tatsachen vollständig und korrekt wiedergegeben werden.

Das Urteil des OLG Düsseldorf zeigt deutlich: Es genügt nicht, alte Markenrechte zu erwerben oder Bezugnahmen auf historische Unternehmensnamen herzustellen, wenn keine tatsächliche wirtschaftliche Kontinuität besteht. Die Werbung mit erfundenen oder suggerierten Traditionen wird als unzulässige Irreführung eingestuft und kann rechtliche Folgen nach sich ziehen.

Unternehmen sollten daher jede Alters- oder Traditionswerbung sorgfältig prüfen und im Zweifel auf klare und belegbare Aussagen setzen. Vertrauen entsteht nicht durch Behauptungen – sondern durch belegbare Unternehmenshistorie.

(Offenlegung: LHR hat die Antragstellerin vertreten)

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