Versand eines Gutscheins per E-Mail ist unzulässige Werbung
Die Gerichte beschäftigen sich regelmäßig mit der Frage, wann „unzulässige Werbung“ vorliegt. Zum Beispiel bei Produktumfragen im Rahmen von sachbezogenen E-Mails. Oder – wie nachfolgend – beim Versand von Gutscheinen für das gesamte Warenangebot.
Immer gleich und doch anders
Die Beklagte betreibt ein Elektronik-Versandhandelsunternehmen mit angeschlossenem Online-Shop. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers bestellte im Dezember 2015 unter Angabe seiner E-Mailadresse im Online-Shop der Beklagten. Eine Einwilligung in den Erhalt von Werbung per E-Mail erteilte er damals nicht.
Im Juli 2017 versandte die Beklagte an die o.g. E-Mailadresse eine E-Mail mit dem Betreff: „… Sichern Sie sich noch heute Ihren 5 Euro Gutschein“. Im darauffolgenden Text heißt es dann weiter:
„(…) Lösen Sie Ihren Gutschein einfach bei Ihrer nächsten Bestellung bis einschließlich 28.08.2017 ein. (…) Beste Auswahl: Etwa 150.000 Artikel erwarten Sie – alles in nur einem Shop! (…) Besuchen Sie unser Schnäppchen-Outlet! Hier finden die Sonderartikel, Restposten und B-Ware zu besonderen Schnäppchenpreisen. (…)“
Der Kläger rügte, dass die Beklagte die streitgegenständliche E-Mail ohne Einwilligung versandt habe. Die Beklagte dagegen vertrat die Auffassung, dass der Versand rechtmäßig gemäß § 7 Abs. 3 UWG erfolgt sei. Das Landgericht Frankfurt verurteilte die Beklagte sodann es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr gegenüber Verbrauchern mit E-Mail-Werbung zu werben, ohne dass eine vorherige ausdrückliche Einwilligung des Adressaten vorliegt (LG Frankfurt, Urteil v. 22.03.2018, Az. 2-03 O 372/17).
Streitentscheidend sind die unzumutbaren Belästigungen
Die zentrale Norm des Sachverhalts ist § 7 UWG. Nach Abs. 1 der Vorschrift ist eine geschäftliche Handlung unzulässig, durch die ein Marktteilnehmer (hier: Verbraucher) in unzumutbarer Weise belästigt wird. Eine unzumutbare Belästigung ist gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG stets bei Werbung unter Verwendung elektronischer Post anzunehmen, ohne dass eine vorherige ausdrückliche Einwilligung des Adressaten vorliegt. Diese Annahme ist nach § 7 Abs. 3 dann nicht zu treffen, wenn der Unternehmer
„(1) im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Ware oder Dienstleistung von dem Kunden dessen elektronische Postadresse erhalten hat,
(2) die Adresse zur Direktwerbung für eigene ähnliche Waren oder Dienstleistungen verwendet“
und der Kunde
„(3) der Verwendung nicht widersprochen hat und
(4) bei Erhebung der Adresse und bei jeder Verwendung klar und deutlich darauf hingewiesen wird, dass er der Verwendung jederzeit widersprechen kann, ohne dass hierfür andere als die Übermittlungskosten nach den Basistarifen entstehen.“
Werbung kommt unterschiedlich daher
Das LG Frankfurt war der Ansicht, dass die Versendung der streitgegenständlichen E-Mail unter Verstoß gegen § 7 Abs. 1, 2 UWG erfolgte.
Unternehmen setzen Werbung gezielt zur Förderung des Absatzes ihrer Produkte oder Dienstleistungen ein. So verhielt es sich auch bei der streitgegenständlichen E-Mail der Beklagten. Diese diente der Förderung des Absatzes der eigenen Waren. Die Versendung des Gutscheines erfolgte nämlich unter Verweis auf die gesamte Produktpalette der Beklagten.
Keine pauschale Bewerbung von Produkten
Für der Versand der E-Mail lag weder die Einwilligung des klägerischen Prozessbevollmächtigten vor noch war der Versand aufgrund von § 7 Abs. 3 UWG gerechtfertigt.
Zwar hat die Beklagte die streitgegenständliche E-Mailadresse im Zusammenhang mit dem Verkauf ihrer Ware erhalten und der Empfänger hatte trotz des entsprechenden Hinweises der Beklagten der Verwendung seiner E-Mailadresse nicht widersprochen. Allerdings erfolgte die Werbung nicht für „eigene ähnliche Waren oder Dienstleistungen“.
Das Gericht führt aus, für eine entsprechende Ähnlichkeit sei erforderlich, dass die Werbung im Hinblick auf die bereits gekauften Waren oder Dienstleistungen erfolgt. Die beworbene Ware müsse daher dem gleichen erkennbaren oder doch typischen Verwendungszweck oder Bedarf des Kunden entsprechen.
Vorliegend sei dies jedoch nicht der Fall. Da die Beklagte mit der E-Mail ihr gesamtes Sortiment mit 150.000 Artikeln sowie den weiteren Verkaufsplattformen bewarb, war der beworbene Inhalt umfassend und ging über das vom Empfänger der E-Mail gekaufte Produkt oder auch ähnliche oder verwandte Produktkategorien und Zubehör hinaus.
„Individualität“ ist das Zauberwort
Das Gericht folgte nicht der Auffassung der Beklagten, wonach der Empfänger durch die Versendung eines Gutscheins weniger belästigt werde. In der gebotenen Auslegung des § 7 Abs. 3 UWG verbietet sich ein Erst-Recht-Schluss von der zulässigen Bewerbung konkreter Produkte auf die Bewerbung von Vergünstigungen beim Kauf von Produkten generell.
Daraus folgt für die Praxis, dass Unternehmen zwar weiterhin „Gutscheine“ per E-Mail an ihre Kunden versenden dürfen – soweit eine entsprechende Einwilligung vorliegt. Allerdings sollten die Unternehmen darauf achten, dass mit dem Gutschein nicht das gesamte Warensortiment angepriesen wird, sondern nur Artikel, die eine Ähnlichkeit mit dem bereits vom Empfänger gekauften Produkt aufweisen.
Kurz: Der Werbe-E-Mail muss eine gewisse Individualität innewohnen.