„LGA geprüft“- OLG Bremen erläutert Anforderungen an Werbung mit Prüfzeichen oder entsprechenden Angaben
Viele Unternehmen bewerben ihre Produkte damit, dass diese durch unabhängige Institute geprüft worden seien und versehen ihre Werbung mit entsprechenden Prüfzeichen oder ähnlichen Angaben, die auf die Prüfung hinweisen sollen.
Das Oberlandesgericht Bremen hat in einem Beschluss dargelegt, auf welche Weise mit Prüfzeichen oder dem Informationsgehalt solcher Zeichen entsprechenden Angaben geworben werben darf und welche zusätzlichen Informationen dem Verbraucher hierbei zugänglich gemacht werden müssen (OLG Bremen, Beschluss vom 24.01.2024 – 2 U 60/23).
Im Ausgangsfall hatte die Beklagte, die Fitnesshocker vertreibt, mit der Angabe „LGA geprüft“ in der dazugehörigen Produktbeschreibung auf ihrer Webseite geworben. Die Klägerin, ein qualifizierter Wirtschaftsverband im Sinne von § 8b des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb (UWG), hatte einen Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2 i.V.m. §§ 3, 5a UWG wegen Vorenthalten wesentlicher Informationen gegen die Beklagte geltend gemacht. Das OLG Bremen folgte in seinem Beschluss im Berufungsverfahren den Einschätzungen der ersten Instanz und bejahte ebenfalls einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht. Die Beklagte habe demnach Verbrauchern die notwendigen Informationen zu den angewendeten Kriterien der Produktprüfung nicht (eindeutig) bereitgestellt.
Weiter Begriff des Mitbewerbers
Beklagte behauptete, dass die Klägerin nicht klagebefugt sei, da diese ein Interessenverband für Unternehmen sei, die ihre Produkte an Verbraucher richteten, während die Zielgruppe der Klägerin Unternehmen und Kaufleute seien.
Das Gericht legte hingegen dar, dass sowohl die Beklagte, als auch einige der durch die Klägerin vertretene Unternehmen Waren gleicher oder verwandter Art, hier etwaige Arten von Sitzmöbeln, auf dem selben Markt, nämlich im gesamten Bundesgebiet, anbieten. Ein wettbewerbswidriges Verhalten der Beklagten könne zudem die Interessen der vertretenen Unternehmen beeinträchtigen. Hierbei komme es für die Qualifikation als Mitbewerber nicht auf die Frage an, ob die sich gegenüberstehenden Unternehmen auf verschiedenen Marktstufen tätig seien. Das OLG bestätigte demnach die Klagebefugnis der Klägerin nach §§ 8 Abs. 3 Nr. 2, 8b UWG.
Verbraucher als Adressaten?
Die Beklagte machte geltend, ihre Plattform richte sich primär an Fachkreise, die keiner weiterführenden Information bedürften, nicht an Verbraucher. Des weiteren seien solche Verbraucher, die sich auf der Plattform der Beklagten bewegten, nicht mit Durchschnittsverbrauchern gleichzusetzen, sondern seien sich entweder darüber bewusst, dass sich die technischen Informationen vor allem an gewerbliche Abnehmer richteten, weshalb sie diese Informationen nicht als für sie interessant empfinden würden oder seien ohnehin schon so gut informiert, dass die Kriterien der Sicherheitsprüfungen ihnen ebenfalls bekannt seien.
Das OLG entgegnete, dass sich die Beklagte in ihrer Vertriebsplattform ebenfalls an Verbraucher richte. Dies läge schon daran, dass sich Werbung für Massenartikel und andere Waren des täglichen Bedarfs, wie der streitgegenständliche Fitness-Hocker, der auch für den Einsatz im Privathaushalt interessant sei, regelmäßig an alle Bevölkerungskreise richte. Auch beim Erwerb durch Fachkreise sei zu erwarten, dass die Aussagen aus der Produktwerbung im weiteren Vertrieb an Endverbraucher reproduziert würden. Des weiteren finde sich auf der Webseite der Beklagten eine Widerrufsbelehrung für Verbraucher, explizite Regelungen für Verbraucher in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen, sowie die Option, den Bestellvorgang als „Privatkunde“ durchzuführen. Zudem reiche die Irreführung bereits eines einzelnen Verbrauchers aus, um wettbewerbsrechtliche Relevanz zu erreichen.
Konkrete Form des Prüfungshinweises ist irrelevant
Die Beklagte behauptete, dass die Angabe des Begriffs „LGA geprüft“ von Verbrauchern regelmäßig nicht wahrgenommen werde, da sie sich ohne Hervorhebung im Fließtext befände und nicht etwa durch Verwenden eines Siegels oder ähnlicher Blickfänger besonders hervorsteche.
Das Gericht wies darauf hin, dass die konkrete Form des Hinweises auf eine Prüfung der Ware durch unabhängige Dritte unerheblich sei, solange dem angesprochenen Verkehr die Durchführung einer Prüfung signalisiert werde. Die Angabe „LGA geprüft“ im Fließtext stehe in ihrem Aussagegehalt dem eines Prüfzeichens nicht nach. In beiden Fällen werde dem Verbraucher suggeriert, es habe eine Prüfung des Produkts von einer unabhängigen und fachkundigen Stelle anhand objektiver Kriterien gegeben.
Wesentliche Informationen bei Werbung mit Prüfzeichen
Das OLG führte aus, dass gerade die Kriterien dieser objektiven Prüfung für den Verbraucher von erheblicher Bedeutung für seine geschäftliche Entscheidung, nämlich den Kauf des Produkts sei. Diese Informationen dürften dem Verbraucher somit nicht vorenthalten werden.
Die Beklagte hatte behauptet, dass die Buchstabenfolge „LGA“ auf der Webseite als Link zu einem Prüfungszertifikat ausgestaltet worden sei. Das Gericht sah jedoch in der konkreten Gestaltung des Links, nämlich ohne deutlich erkennbare unterschiedliche Formatierung, Unterstreichung, Schriftform oder sonstiger Kennzeichnung einen Fall des Vorhaltens von Informationen im Sinne einer Bereitstellung wesentlicher Informationen in unklarer, unverständlicher oder zweideutiger Weise nach § 5a Abs. 2 Nr. 2 UWG.
Es bestehe vorliegend die Gefahr, dass der Durchschnittsverbraucher die wesentliche Information nicht vollständig oder nicht richtig lese, weil ihm der Link nicht als solcher ersichtlich sei. Zum einen sei die Einfärbung des Links in etwas hellerer grauerer Farbe nicht deutlich genug erkennbar. Zum anderen suggeriere lediglich die Einfärbung der Buchstaben „LGA“, es handele sich um einen bloßen Verweis auf die allgemeine Internetseite des Prüfungsinstituts. Demnach werde die Information dem Verbraucher nur unklar bereitgestellt. Hierdurch könne er aufgrund einer falschen Vorstellung über die Prüfung des Produkts auch zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlasst werden, die er bei korrekter Information nicht getroffen hätte.
Fazit
Der Beschluss des OLG Bremen veranschaulicht die Anforderungen, die an Werbung gegenüber Verbrauchern gestellt werden. Unternehmen sind zwar nicht allgemein zur vollumfänglichen Aufklärung verpflichtet. Werben sie jedoch wie in diesem Fall mit der Prüfung ihrer Waren durch unabhängige Dritte, so kann weitergehend die Angabe der Prüfungskriterien unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen erwartet werden. Hierbei müssen Unternehmen deutlich erkennbar auf die Informationen verweisen, um den Anforderungen gerecht zu werden.
Um auf der sicheren Seite zu sein, sollten Unternehmen Werbung grundsätzlich so gestalten, dass sie gegenüber Verbrauchern nicht gegen Wettbewerbsrecht verstößt, selbst wenn sie sich primär an gewerbliche Kunden richten. Hierbei sollten sie sich von Rechtsexperten beraten lassen. Die Rechtsanwälte von LHR sind auf Wettbewerbsrecht spezialisiert und bieten Unternehmen eine umfängliche Überprüfung der Rechtmäßigkeit ihrer Kommunikation gegenüber ihren Kunden.