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Zur Zustellung einer einstweiligen Verfügung – was kann da schon schiefgehen?

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Photo by Ibrahim Rifath on Unsplash

Der Onlinehandel boomt und die Wettbewerbsverstöße gleich mit. Die Folge? Abmahnung. Doch was passiert, wenn der Schuldner die geforderte Unterlassungserklärung nicht oder nicht wie gewünscht abgibt?

Der Antrag einer einstweiligen Verfügung. Dies ermöglicht dem Antragsteller durch Gerichtsbeschluss sein Begehren schnell und effizient durchzusetzen, ohne langwierige und teure Verfahren in der Hauptsache zu führen.

Ergeht ein solcher Verfügungsbeschluss, muss der Antragsteller dafür Sorge tragen, dass der Verfügungsbeschluss zugestellt wird, da dieser seine rechtliche Wirkung erst bei Zustellung entfaltet. Was kann also bei einer Zustellung schon schief gehen? Einiges.

Das Düsseldorfer Landgericht (Az.: 12 O 38/20) hat aktuell eine einstweilige Verfügung aufgehoben, weil der Gerichtsvollzieher bei der Zustellung des Verfügungsbeschlusses lediglich die Beglaubigung des Verfügungsbeschlusses vorgenommen hatte.

Eine Beglaubigung der Anlagen sowie eines Umschlages, in dem sich ein USB-Stick befand, erfolgte nicht. Dies genügt den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Zustellung nicht.

Nicht nur die Zustellung, sondern auch die Prozessvollmacht litt an Mängeln. Das Düsseldorfer Landgericht hat die Vollmacht der Antragsgegnerin für unwirksam erklärt, da sich aus dem Schreiben sowie der beigefügten Vollmacht nicht eindeutig ergab, ob die Vertretung auch für das gerichtliche Verfahren hätte gelten sollen.

Wettbewerbsverstoß? Abmahnung

Die Antragstellerin mahnte die Antragsgegnerin aufgrund mehrerer Wettbewerbsverstöße ab. Daraufhin holte sich die Antragsgegnerin rechtlichen Beistand ein. In dem Schreiben an die Antragstellerin teilte die Antragsgegnerin über ihre Prozessbevollmächtigten mit, dass „Gegenstand [ihrer] Beauftragung […] die Abmahnung sei“ und bat um Fristverlängerung.

Eine Vollmacht wurde zu dem Schreiben beigefügt. Die beigefügte Vollmacht selbst umfasste nicht nur die Vertretung im Abmahn-, sondern auch die Vertretung im einstweiligen V erfügungsverfahren.

Prozessvollmacht ist nicht gleich Prozessvollmacht

Genau an diesem Punkt trat bereits die erste Hürde zum Vorschein. In dem ersten Schreiben teilte die Prozessbevollmächtigte der Antragsgegnerin mit, dass „Gegenstand [ihrer] Beauftragung […] die Abmahnung sei“. In dem Schreiben wurde die Vertretung im einstweiligen Verfahren zwar nicht erwähnt – in der beigefügten Vollmacht aber schon.

Doch das genügte dem Düsseldorfer Landgericht nicht. Vielmehr muss sich aus der Vollmachtsanzeige – also aus dem Schreiben sowie der beigefügten Vollmacht – eindeutig und ohne Zweifel ergeben, dass der Mandant sowohl im Abmahn- als auch im Verfügungsverfahren vertreten wird. Wenn also im Schreiben lediglich die Sprache von „Vertretung des Mandanten im Abmahnverfahren“ ist, in der beigefügten Vollmacht zu dem Schreiben aber eine Erweiterung – hier die zusätzliche Vertretung im einstweiligen Verfügungsverfahren – vorliegt, schnappt die Falle zu. Die Vollmachtsanzeige ist nicht eindeutig genug und somit unwirksam. Zumal der Verfügungsbeschluss an die Antragsgegnerin persönlich zugestellt wurde, war dieser Aspekt unschädlich.

Diese Hürde konnte die Antragsgegnerin noch überwinden – Glück gehabt.

Abmahnung erfolglos? Einstweilige Verfügung!

Nachdem die Antragsgegnerin um Fristverlängerung gebeten hatte, gab sie im zweiten Schreiben eine eingeschränkte Unterlassungserklärung ab. Daraufhin beantragte die Antragstellerin den Erlass einer einstweiligen Verfügung. Nachdem der Verfügungsbeschluss erlassen wurde, musste dieser nur noch zugestellt werden. Die Zustellung der Verfügung, der Anlagen sowie eines USB-Sticks erfolgte durch einen Gerichtsvollzieher.

Zustellung durch einen Gerichtsvollzieher? Obacht!

Grundsätzlich kann der Verfügungsbeschluss entweder von Anwalt zu Anwalt (§ 195 ZPO) – vorausgesetzt, beide Parteien haben einen Anwalt konsultiert – oder durch einen Gerichtsvollzieher erfolgen (§ 191 ff. ZPO). Die Antragstellerin hat sich für letzteres entschieden.

In der Praxis werden keine Originaldokumente zugestellt, sondern einfache Abschriften, welche wiederum beglaubigt werden müssten. Dem Gerichtsvollzieher obliegt somit die Aufgabe, die Abschriften mit dem Original abzugleichen und anschließend zu beglaubigen. Von ihm wird erwartet, dass nicht nur die Beschlussverfügung, sondern auch sämtliche Anlagen beglaubigt werden.

Welche Dokumente musste der Gerichtsvollzieher nun beglaubigen? Zum einen den Verfügungsbeschluss selbst, zum anderen die Anlagen sowie einen Umschlag, in dem sich ein USB-Stick befand.

Auch Gerichtsvollzieher sind nicht fehlerlos

Vorliegend hat der Gerichtsvollzieher zwei Fehler begangen. Zum einen hat er die Abschrift mit dem Original nicht ordnungsgemäß verglichen. Genau an dieser Stelle hat das Düsseldorfer Landgericht klargestellt, dass von einem Gerichtsvollzieher zu erwarten wäre, dass er eine Übereinstimmung der beglaubigten Dokumente mit dem Original vornimmt.

Tut er das nicht – liegt ein Zustellungsmangel vor. Ein Fehler genügt. Doch ein zweiter folgt:

Zum anderen hat der Gerichtsvollzieher lediglich den Verfügungsbeschluss beglaubigt. Die Anlagen sowie den im Umschlag befindlichen USB-Stick aber nicht.

Mitgehangen – mitgefangen!

Die Fehlerquelle lag eindeutig beim Gerichtsvollzieher. Dennoch lag ein Zustellungsmangel vor. Denn im Grundsatz gilt: im einstweiligen Verfügungsverfahren ist die Antragstellerin allein dafür verantwortlich, dass der Beschluss ordnungsgemäß zugestellt wird. Die Antragstellerin hatte somit ein Verfahren verloren, obwohl der Fehler noch nicht einmal unmittelbar aus ihrer Sphäre stammte.

Fazit

Das Urteil des Landgericht Düsseldorf zeigt wieder einmal, wie gravierend „einfache“ Fehler sein können.

Die erste Hürde der fehlenden Prozessvollmacht konnte die Antragstellerin noch überwinden. Der Verfügungsbeschluss wurde persönlich zugestellt – noch einmal Glück gehabt.

Die Ausführungen des Landgerichts zur Prozessvollmacht haben aber für die anwaltliche Praxis eine nicht zu unterschätzende Konsequenz.

In der anwaltlichen Praxis erfolgt die Vollmachtanzeige bereits standardisiert. Das Urteil schiebt dem Standard aber einen Riegel vor, mit der Folge, dass Anwälte eine Überprüfung des Anwaltsschreiben selbst und der beigefügten Vollmacht vornehmen müssten.

Die zweite Hürde konnte die Antragstellerin nicht mehr überwinden. Hier wird erneut erkennbar, dass die Beglaubigung durch einen Gerichtsvollzieher kein Selbstläufer war.

Zwar stellt die Beglaubigung von Dokumenten und Anlagen keine besondere Schwierigkeit dar. Schwierigkeiten treten aber dann zum Vorschein, wenn technische Geräte, wie beispielsweise USB-Sticks beglaubigt werden müssen. Hier stellt sich die Frage, inwiefern ein Beglaubigungsvermerk auf einem Umschlag, in dem sich ein USB-Stick befindet, den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Zustellung genügt.

Ebenfalls offen ist noch die Frage, ob die Antragstellerin Entschädigungsansprüche aufgrund der Fehler des Gerichtsvollziehers gegen das Land NRW geltend machen kann – vielleicht ja noch machen wird. Es bleibt also spannend!

Zu guter Letzt – noch ein kleiner Praxistipp

Erhalten Sie eine Abmahnung, empfiehlt es sich zunächst qualifizierten Rechtsbeistand zu suchen. Das Urteil ist wahrlich kein Einzelfall und zeigt nochmal auf, wie wichtig es sein kann, gerade auf Anwälte zurückzugreifen, welche auf das Wettbewerbsrecht spezialisiert sind.

Für die anwaltliche Praxis empfiehlt es sich auf „eine Nummer“ sicher zu gehen und den Inhalt des Schreibens mit dem Inhalt der beigefügten Vollmacht zu vergleichen.

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