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Facebook darf Nutzer wegen „Hassrede“ sperren

Photo by Alex Haney on Unsplash

Wo enden die Grenzen der Meinungsfreiheit? Zu dieser Frage nahm kürzlich das Bundesverfassungsgericht Stellung (BVerfG, Beschluss v. 19.05.2020, Az. 1 BvR 2459/19). Es entschied, dass jedenfalls dann keine zulässige Meinungsäußerung vorliegt, wenn es sich um eine Schmähkritik, Formalbeleidigung oder eine Verletzung der Menschenwürde handelt.

Im Übrigen komme es auf eine Abwägung zwischen der Meinungsfreiheit und der persönlichen Ehre an.

Dies kann bedeuten, dass auch gerade noch zulässige Meinungsäußerungen im Internet gelöscht werden dürfen. Sogar der eigene Facebook-Account darf vorübergehend gesperrt werden. Dies entschied kürzlich das Landgericht Koblenz (LG Koblenz, Urteil v. 21.04.2020, Az. 9 O 239/18). Der Entscheidung lagen mehrere Beiträge eines Nutzers zu Grunde, die nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Facebook als „Hassrede“ eingestuft wurden.

Sachverhalt

Geklagt hatte ein Nutzer von Facebook. Das soziale Netzwerk änderte im Jahr 2018 seine Nutzungsbedingungen. Der Kläger stimmte diesen per Mausklick zu. Dies tat er, um die Plattform weiter nutzen zu können. Facebook entfernte in der Folge zwei politisch motivierte Posts des Klägers, die sich gegen Menschen mit Migrationshintergrund richteten. Auch bestimmte Funktionen des Kontos des Klägers wurden gesperrt. Die Beklagte begründete dies mit einem Verstoß gegen ihre geänderten Nutzungsbedingungen. Sie stufte die Beiträge des Klägers als „Hassrede“ ein. Weitere ähnliche Posts des Klägers interpretierte Facebook gleichfalls als „Hassrede“. Daraufhin entfernte das US-amerikanische Unternehmen die vom Kläger betriebene Seite. Zusätzlich sperrte es sein privates Profil zweimal vorübergehend für 30 Tage. Der Kläger hielt die allgemeinen Geschäftsbedingungen für unwirksam. Die Löschung der Beiträge und die Kontosperrung seien rechtswidrig. Daher klagte er auf Freischaltung seines Profils und auf Wiederherstellung der von ihm betriebenen Seite.

Das Landgericht Koblenz wies die Klage ab.

Geänderte Nutzungsbedingungen Vertragsbestandteil

Der Kläger hat nach Ansicht des Landgerichts durch die Registrierung bei Facebook einen Vertrag mit der Beklagten unter Einschluss der Nutzungsbedingungen geschlossen. Nach Ansicht der Richter gelten auch die aktuellen (verschärften) Nutzungsbedingungen zur „Hassrede“. Diesen habe der Kläger per Mausklick zugestimmt. Dass dem Kläger keine andere Möglichkeit geblieben sei, um sein Konto weiter zu nutzen, ändere nichts. Der Kläger hätte ein anderes soziales Netzwerk nutzen können oder völlig auf Nutzung eines solchen Netzwerks verzichten können. Die Pflege von Beziehungen mit Freunden sei auch offline möglich.

Kein Verstoß gegen das Transparenzgebot

Die allgemeinen Geschäftsbedingungen verstoßen nach Ansicht des Landgerichts auch nicht gegen das für AGB geltende Transparenzgebot. Danach kann sich eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist, § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Die Nutzungsbedingungen seien in einfacher Sprache gefasst und leicht verständlich. Insbesondere werde auch detailliert erläutert, was die Beklagte unter „Hassrede“ verstehe. Weiterhin werde deutlich, dass nicht nur strafbare Äußerungen unter „Hassrede“ fielen.

Gericht erkennt Spielraum von Facebook an

Das Landgericht Koblenz gesteht Facebook fernen einen gewissen Spielraum ein. Es sei nicht notwendig in den Nutzungsbedingungen jeden Verstoß an eine konkrete Rechtsfolge zu knüpfen. Die Beklagte dürfe sich nach ihren Nutzungsbedingungen nicht nur an dem einzelnen Verstoß des Nutzers orientieren, sondern auch das vorherige Nutzungsverhalten des Nutzers bei der Entscheidung berücksichtigen.

Kein Verstoß gegen die Meinungsfreiheit

Einen Verstoß gegen die Meinungsfreiheit lehnten die Richter ab. Dieser stehe das virtuelle Hausrecht der Beklagten gegenüber. Ein solches virtuelles Hausrecht müsse der Beklagten zugestanden werden. Diese müsse das Risiko meiden, ihrerseits wegen Äußerungen der Nutzer im sozialen Netzwerk unter anderem durch die Behörden in Haftung genommen zu werden. Deshalb dürfe die Beklagte auch Äußerungen unterbinden, die in den Grenzbereich der Legalität fielen. Auch sei zu berücksichtigen, dass Posts, die von einer Vielzahl anderer Nutzer als extrem, unnötig provozierend und einschüchternd empfunden werden könnten, die anderen Nutzer zur Beendigung der Nutzung des sozialen Netzwerks bewegen könnten. Dies wirke sich dann negativ auf den von der Beklagten beabsichtigten Meinungsaustausch und ihr Geschäftsmodell aus. Es könne daher der Beklagten nicht generell verboten werden, Löschungen und Sperrungen vorzunehmen, selbst wenn diese die Grenzen zulässiger Meinungsäußerung nicht überschreiten. Für Hassreden müsse die Beklagte ihr Netzwerk auch unter Berücksichtigung der Meinungsfreiheit nicht zur Verfügung stellen.

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