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Der Tod des Persönlichkeitsrechts – Immaterielle Entschädigungsansprüche in der Erbschaft

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Perönlichkeitsrecht ErbrechtEin Gastbeitrag von Ralph Butenberg, Fachanwalt für Erbrecht der Wirtschaftskanzlei ROSE & PARTNER LLP.

Was bleibt von uns nach dem Versterben? Asche, Staub, Erinnerungen unserer Weggefährten und – der Nachlass. Letzterer fällt nach deutschem Erbrecht im Zeitpunkt des Todes automatisch an die Erben. Diese streiten sich dann häufig untereinander innerhalb einer Erbengemeinschaft oder mit Pflichtteilsberechtigten, Testamentsvollstreckern etc. um Nachlassobjekte wie Immobilien, Wertpapiere, Schmuck und Kuscheltiere.

Was gehört zum Nachlass?

Aber nicht nur die Frage nach der korrekten Verteilung des Nachlasses birgt Konfliktpotential. Gelegentlich fehlt schon Klarheit darüber, was überhaupt zur Erbschaft gehört. Im Erbrecht gilt der Grundsatz der sogenannten „Universalsukzession“, nach dem alle Rechte und Pflichten des Erblassers grundsätzlich auf seine Erben übergehen. So wird zum Beispiel ein Schuldner von seiner Verpflichtung zur Rückzahlung eines Darlehens nicht dadurch befreit, dass der Gläubiger stirbt. Vielmehr besteht die Tilgungspflicht dann gegenüber den Erben fort.

Die Rechtsprechung hat diesbezüglich jedoch einige Ausnahmen entwickelt. Diese gelten insbesondere für sogenannte höchstpersönliche Rechte. So geht beispielsweise eine Vollmacht zugunsten des Erblassers mit dessen Tod nicht auf dessen Erben über.

Erben klagen wegen Persönlichkeitsrechtsverletzung des Erblassers

Der Bundesgerichtshof (BGH) musste Ende 2016 einen Fall entscheiden, in dem es um die Vererblichkeit eines Anspruchs auf Geldentschädigung wegen einer Persönlichkeitsrechtsverletzung ging. Ausgang des Streits war ein medizinisches Gutachten bezüglich der Krankengeschichte einer Krebspatientin. Dieses Gutachten nutzte die Krankenkasse der Patientin in mehreren Rechtsstreitigkeiten mit anderen Versicherten. Dabei versäumte sie es, die Unterlagen hinreichend zu anonymisieren. Vor- und Nachname der Patientin waren lesbar.

Eineinhalb Jahre nachdem diese verstorben war, forderte ihre Alleinerbin von der Krankenkasse eine Entschädigung von mindestens 5.000 Euro. In der Weiterverbreitung des Gutachtens sahen sie und ihr Rechtsanwalt eine schwerwiegende Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung der Erblasserin.

Gerichte lehnen Vererbbarkeit des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung ab

Dieser Argumentation folgte weder die Krankenkasse noch das daraufhin angerufene Landgericht Wuppertal. Da auch das Oberlandesgericht Düsseldorf nicht zu überzeugen war, landete die Sache beim Bundesgerichtshof (BGH).

Auch die Richter in Karlsruhe konnten der Erbin nicht helfen. Mit Blick auf die überwiegende Genugtuungsfunktion, so der BGH, sei der Anspruch auf Geldentschädigung wegen seines hinsichtlich seiner ideellen Bestandteile an die Person des Berechtigten bzw. Verletzten gebundenen höchstpersönlichen Charakters grundsätzlich nicht vererblich. Entsprechendes müsse dann auch für das Recht auf informationelle Selbstbestimmung gelten, da dieses lediglich eine besondere Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts darstelle. Am Ende gab es somit keine Entschädigung für die Rechtsverletzung durch die Krankenkasse.

Wer Genugtuung will, sollte das nicht seinen Erben überlassen

Dieses Ergebnis bedeutet jedoch nicht, dass Krankenkassen, Wirtschaftsunternehmen und andere Sammler sensibler Informationen mit den personenbezogenen Daten ihrer in Kürze versterbenden Kunden faktisch sorgloser umgehen dürfen.

Der BGH deutet in seiner Urteilsbegründung nämlich an, dass der Rechtsstreit auch hätte anders ausgehen können. Unter Umständen ist nämlich auch der Anspruch auf Entschädigung wegen Verletzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung vererblich. Schon die Berufungsinstanz hätte einen Anlass gesehen einen Anspruch der Erbin zu erwägen, wenn die Klägerin die Entschädigung noch zu Lebzeiten selbst gerichtlich eingeklagt hätte. Dann wäre der Anspruch womöglich auch noch von der Erbin weiter geltend gemacht werden können.

Datenschutz über den Tod hinaus

Die mit der Digitalisierung einhergehende umfangreiche Erhebung, Sammlung und Verbreitung von Daten wird künftig das Recht auf informationelle Selbstbestimmung immer mehr in den Fokus rücken. Datenschutzrechtliche Ansprüche sind aber für den Laien nur schwer einzuschätzen. Das gilt nicht nur hinsichtlich ihrer Vererblichkeit, sondern bereits bezüglich ihrer Entstehung.

Betroffene sollten daher im Zweifel einen Anwalt mit Spezialisierung im IT-Recht oder Medienrecht zur Rate ziehen. Geschieht dies rechtzeitig, kann sich der im Erbfall konsultierte Fachanwalt für Erbrecht dann auf seinen Kompetenzbereich konzentrieren.

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