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Focus Markenrecht
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Sie ist da. Die erste Corona-Krisen-Abmahnung. Wegen des Begriffs „Spuckschutz“.

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Photo by Ani Kolleshi on Unsplash

Medizinische Produkte und Produkte zum persönlichen Schutz sind derzeit infolge von Corona bzw. COVID-19 besonders gefragt.

Während gegen eine wirtschaftliche Betätigung mit Gewinnerzielungsabsicht auch in Zeiten der Krise natürlich nichts einzuwenden ist, solange die Grenze zum Wucher nicht überschritten wird, treten in diesen Zeiten häufig auch Protagonisten auf den Plan, die Unsicherheiten in einer Krisensituation auf fadenscheinige Weise für sich ausnutzen wollen.

Ein österreichisches Unternehmen versucht aktuell, Dritte von der Nutzung der Bezeichnung „Spuckschutz“ zu hindern und mahnt diese kostenpflichtig ab. 

Ob das funktioniert, klärt der folgende Artikel. 

Abmahner verlangt über 16.000 € wegen Markenverletzung

Verschiedene Medien berichten zur Zeit über Abmahnungen, die von einem österreichischen Unternehmen wegen einer angeblichen Markenrechtsverletzung verschickt werden. Der vermeintliche Rechtsverletzer soll eine Unterlassungserklärung mit einer Vertragsstrafe, die mit 10.000 € recht hoch angesetzt ist, abgeben und einen pauschalen Schadensersatz in Höhe von 15.000 €  und Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.250 € zahlen.

Was in unserer täglichen Praxis zunächst nichts Besonderes ist, wird dadurch interessant, dass die  konkreten Abmahnungen wegen der Verwendung der Bezeichnung „Spuckschutz“ für Schutzscheiben aus Kunststoff ausgesprochen werden. Eine entsprechende Google-Suche fördert tausende von Sucherergebnissen zu Tage.

Als „Spuckschutz“ bezeichnet auch die Firma A+S Grünke Kunststoffe GmbH seit Jahren auf ihrer Homepage die Schutzscheiben aus Kunststoff, die in diesen Tagen besonders gefragt sind. Sie kommen in Supermärkten, Apotheken und Kantinen zum Einsatz und sollen „Schutz“ bieten vor menschlichen Sekrettröpfchen, die den Corona-Virus übertragen könnten und die man – soweit sie aus dem Mund stammen –  im gewöhnlichen Sprachgebrauch als „Spucke“ bezeichnen würde. Es ist also nicht ganz fernliegend, die angebotenen Konstruktionen mit „Spuckschutz“ zu beschreiben.

Das Unternehmen soll dies nun unterlassen und über 16.000 € bezahlen.

Wird das österreichische Unternehmen jetzt zum Krisengewinnler?

Ein Sprecher des abmahnenden Unternehmen äußert sich auf Nachfrage wie folgt:

„Gerne bestätige ich, dass die Marke ,Spuckschutz’ zu Gunsten der Gyrcizka KG bereits seit 2002 beim Österreichischen Patentamt als Österreichische Marke und seit 2013 mit Wirkung auch für Deutschland als Unionsmarke eingetragen ist. Es ist uns in keiner Weise daran gelegen, andere Unternehmen vom Vertrieb von Schutzgläsern abzuhalten – zumal diese Schutzgläser gegenwärtig zur Verlangsamung der Corona-Ausbreitung dringend nachgefragt werden. Wir haben lediglich ein (berechtigtes) Interesse daran, dass der Vertrieb solcher Schutzgläser durch die Konkurrenz unter Wahrung unserer Markenrechte erfolgt.“

Was ist von diesen Abmahnungen zu halten?

Können jetzt alle Anbieter von „Spuckschutz“ abgemahnt werden? Müssen sie auf alternative Begriffe ausweichen?

Die Antwort ist ein klares Nein. Und dies trotz der Tatsache, dass die Marke ordnungsgemäß eingetragen worden sein mag. Die Markenanmeldung ist –  jedenfalls für die hier interessierenden Produkte – wirtschaftlich sinnlos. Der Marke fehlt es an einem nennenswerten Schutzumfang, mit dem Dritte von der Benutzung der Bezeichnung „Spuckschutz“ abgehalten werden könnten.

Wir hatten im Jahre 2017 anlässlich eines Trump-Tweets darauf hingewiesen, dass die Tatsache, dass ein bestimmtes Zeichen für eine bestimmte Klasse als Marke eingetragen wurde, nicht automatisch bedeutet, dass das konkrete Zeichen von niemandem und in keiner Weise mehr genutzt werden darf.

Auf den Schutzumfang der Marke kommt es an!

Dies gilt nämlich erstens nur im Rahmen des Schutzumfangs der Marke.

Ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal einer Markenrechtsverletzung ist darüber hinaus die markenmäßige Benutzung des Zeichens. Ein markenmäßiger Gebrauch setzt voraus, dass das benutzte Zeichen aus Sicht der angesprochenen Verkehrskreise im Rahmen des Produktabsatzes auch dazu dient, Waren des einen Herstellers von denen anderer zu unterscheiden.

An der markenmäßigen Verwendung fehlt es, wenn der Verkehr in dem  Begriff  keinen Hinweis auf die Herkunft der anschließend angebotenen Ware sieht. Wenn in einem Presseartikel über eine bestimmte Marke berichtet wird, ist die Verwendung des Zeichnens natürlich zulässig. Aber auch Bezeichnungen auf Produkten müssen nicht immer herkunftshinweisend benutzt werden.

Gegen beschreibende Verwendungen kann der Markeninhaber nichts machen

Ob ein Zeichen für eine bestimmte Klasse als schutzfähig angesehen und als Marke eingetragen wird, sagt noch nichts darüber aus, ob daraus auch immer erfolgreich gegen Verwendungen des Zeichens vorgegangen werden kann. Denn ob die Verwendung der  Bezeichnung “Spuckschutz” als Herkunftshinweis und somit als markenmäßig erkannt wird, kann nicht abstrakt, sondern eben nur im jeweiligen Einzelfall entschieden werden.

Die Verwendung des Worts „Spuckschutz“ als Beschreibung für „Schutz für Spucke“ ist damit jedenfalls keine herkunftshinweisende Verwendungsform, sondern eine glatte Beschreibung. Eine Markenverletzung scheidet damit aus.

Die Marke von Mario Barth „Nichts reimt sich auf Uschi“ ist so gut wie wertlos

Ähnliches gilt zum Beispiel im Fall „Nichts reimt sich auf Uschi“, einer Marke von Mario Barth. Bekanntheit erlangte die Marke im Jahr 2011 durch zweifelhafte Abmahnungen des “Komikers” gegenüber Herstellern von T-Shirts, auf die der Slogan aufgedruckt war. Wir berichteten. Obwohl die damaligen Abmahnungen unberechtigt waren, blieb ein Löschungsantrag des Radiosenders Radio ffn beim Deutschen Marken- und Patentamt, der hauptsächlich damit begründet wurde, dass der Spruch ein allgemein bekanntes “geflügeltes Wort” sei, ohne Erfolg.

Weitere Beispiele für zwecklose Versuche, Begriffe zu monopolisieren finden Sie hier:

Fazit:

Der Schutzumfang von Marken kann so gering sein, dass eine Verletzung der Marke zwar theoretisch möglich, in der Praxis jedoch fast undenkbar ist. Dass manche Marke somit nahezu wertlos ist, bedeutet freilich nicht, dass sich damit nicht beim ein oder anderen unliebsamen Konkurrenten Eindruck schinden ließe. Eine solche Eintragung kann zu Abschreckungszwecken durchaus ratsam sein. Erreicht man sogar, dass der Konkurrent  nach einer Abmahnung eine Unterlassungserklärung abgibt, hat man sein Ziel erreicht. Diese gilt nämlich zwischen den Parteien unabhängig von einem gesetzlichen Anspruch.

Der vermeintliche Gläubiger solch wackliger Ansprüche muss allerdings auch aufpassen: Eine unberechtigte Schutzrechtsverwarnung, die in einer Abmahnung wegen Markenrecht zu sehen ist, kann umfangreiche Gegenansprüche auslösen, wie zum Beispiel die Verpflichtung, die Rechtsanwaltskosten des unberechtigt Abgemahnten zu zahlen. Des weiteren droht eine negative Feststellungsklage und nicht zuletzt ein Antrag auf Markenlöschung.

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