Europa gegen Amazon
Amazon ist die weltweit führende Online-Handelsplattform.
Der Handel im Internet blüht, nicht erst seit dem gefühlten Dauerlockdown aufgrund der Corona-Pandemie. Doch dadurch, dass ein „normaler“ Einkauf seit einem Jahr nur noch unter erschwerten Bedingungen und erhöhtem Gesundheitsrisiko stattfinden kann, steht der Online-Handel noch prächtiger in der Blüte.
Und mit ihm Amazon, das wertvollste Unternehmen der Welt – an der Börse wird es mit anderthalb Billionen US-Dollar taxiert, das entspricht annähend dem Bruttoinlandsprodukt der 55 Mitgliedstaaten der Afrikanischen Union.
Verzerrung des Wettbewerbs
Die Europäische Union betrachtet unterdessen Amazons Geschäftsgebaren kritisch. Der Vorwurf EU-Kartellwächter: Verzerrung des Wettbewerbs. Dieser erwächst aus der Doppelrolle Amazons: zum einen bietet das Unternehmen eine mehr oder weniger neutrale Plattform, auf der Händler aufsetzen können, zum anderen ist Amazon selbst als Händler aktiv. Eine Konstellation, die Amazon eine Macht über Märkte verleiht, die kartellrechtlich höchst bedenklich ist. Denn das Unternehmen schafft den Raum, den es selbst jederzeit betreten und nach Belieben gestalten kann. In der Tat hat sich Amazon dort längst behaglich eingerichtet und zeigt durch zahlreiche halbseidene Finessen, wer Herr im Haus ist.
Datenmissbrauch und Einkaufswagen-Feld
An zwei Stellen hakt die für Wettbewerbspolitik zuständige europäische Behörde ein:
- Die EU erhebt Vorwurf, Amazon sammle nichtöffentliche Geschäftsdaten von unabhängigen Händlern, die über den Amazon-Marktplatz verkaufen, und nutze diese systematisch für das eigene, in unmittelbarem Wettbewerb mit diesen Händlern stehende Handelsgeschäft. Damit vermeide Amazon Geschäftsrisiken und festige seine marktbeherrschende Stellung, insbesondere in Frankreich und Deutschland, den größten Märkten für Amazon in der EU.
- Die EU erhebt gegen Amazon ferner den Vorwurf, das Unternehmen behandle bevorzugt die eigenen Handelsangebote und die Angebote von Marktplatz-Verkäufern, die die Logistik- und Zustellungsdienste von Amazon nutzen („Versand durch Amazon“). Die Kommission prüft in diesem Zusammenhang, ob die Kriterien, nach denen Amazon das Einkaufswagen-Feld vergibt und es Verkäufern ermöglicht, Prime-Kunden zu beliefern („Prime durch Verkäufer“), die Angebote von Amazon oder der Angebote von Verkäufern, die die Logistik- und Versanddienste von Amazon nutzen, privilegiere – und damit Dritthändler, die Amazon einfach nur als Handelsplattform nutzen möchten, systematisch benachteilige.
Bestätigen sich die Verdachtsmomente, lägen jeweils Verstöße gegen Artikel 102 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) vor, nach dem der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung verboten ist.
Melden Sie sich!
Als davon betroffener Dritthändler sollte man sich gegen dieses Gebaren Amazons zur Wehr setzen – gerade, wenn es um den etwaigen Missbrauch von Daten geht, die Amazon nichts angehen. Dazu bieten wir orientierende Beratung an und veranlassen konkrete Schritte. Wenden Sie sich vertrauensvoll an uns.
Der Beitrag stammt von unserem freien Autor Josef Bordat. Er ist Teil unserer Reihe “Berichte aus der Parallelwelt”. Dort werfen Autoren aus anderen Fachbereichen einen Blick auf die Rechtswissenschaft in Theorie und Praxis. Die Beiträge betrachten, anders als unsere sonstigen Fachbeiträge Begebenheiten und Rechtsfälle daher auch nicht juristisch, sondern aus einem völlig anderen Blickwinkel. Aus welchem, das soll der Beurteilung der Leser überlassen bleiben. Interessant wird es, wie wir meinen, allemal.