Schutz von geistigem Eigentum: Keine Verletzung von Gemeinschaftsgeschmacksmuster bei Fahrzeugteilen
Die Klägerin, die den Ferrari FXX-K entworfen hat, rügte, ein Anbieter von Fahrzeugbauteilen verletze ein zu seinen Gunsten bestehendes, nicht eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster. In der ersten Instanz war die Klägerin gescheitert. Jetzt hat das Oberlandesgericht Düsseldorf die Berufung zurückgewiesen (LG Düsseldorf, Urteil vom 02.02.2023, Az. 20 U 124/17).
Der Streit drehte sich um einen Spitzenmodell eines italienischen Herstellers von Renn- und Sportwagen. Darunter ist auch ein limitiertes Modell zum Stückpreis von 2,2 Millionen Euro, das es in zwei Varianten gibt: Einmal ist die Spitze eines „V“ auf der Fronthaube in der Grundfarbe des Fahrzeugs lackiert, einmal schwarz.
Fahrzeugbauteile: Streit um Schutz von geistigem Eigentum
Die Beklagte vertreibt „Tuning-Bausätze“ („Body-Kits“) für einen Pkw. Ein „Front kit“ der Beklagten gab es mit einem einheitlich dunklen „V“ auf der Fronthaube und mit einem nur teilweise ausgefüllten „V“. Die Klägerin war der Ansicht, dies verletze ein zu ihren Gunsten bestehendes, nicht eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster.
Des Weiteren machte die Klägerin Ansprüche aus lauterkeitsrechtlichem Nachahmungsschutz geltend. Sie war der Ansicht, dem Pkw der Beklagten komme im Hinblick auf drei prägende Merkmale wettbewerbliche Eigenart zu.
Verletzung von Gemeinschaftsgeschmacksmuster gerügt
Die Vorinstanz, das Landgericht Düsseldorf (LG Düsseldorf), verneinte, dass ein von der Klägerin beanspruchtes Klagegeschmacksmuster für einen Teilbereich der Frontpartie eines Ferrari-Modells – bestehend aus einem gekrümmten V-förmigen Element der Fronthaube, einem mittig aus diesem Element herausragendes Element („Strake“) und einem in die Stoßstange integrierten, zweischichtigen Frontspoiler – nicht wirksam entstanden sei.
Die Klägerin habe das Fahrzeug als Ganzes zwar per Pressemitteilung in der Gemeinschaft den Fachkreisen zugänglich gemacht. Daraus entstehe aber kein abgeleiteter Teilschutz für seine Elemente. Die Klägerin habe auch nicht den als nicht eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster beanspruchten Teilbereich in schutzbegründender Weise offenbart.
Fotos von Fahrzeugbauteilen begründen kein Geschmacksmuster
Die in der Pressemitteilung veröffentlichten Bilder zeigten das Fahrzeug lediglich aus der Distanz mit mehreren Metern Abstand auf fünf unterschiedlichen Blickrichtungen, einschließlich einer Innenraumaufnahme.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat den Schutz von Teilen eines einheitlich angemeldeten und eingetragenen Erzeugnisses nach Art. 3 lit. a der Verordnung über das Gemeinschaftsgeschmacksmuster (GGV) abgelehnt. Der BGH begründet dies damit, dass die GGV keinen Schutz für Teile oder Elemente eines eingetragenen Musters kenne. Die Stimmen in der Literatur gehen überwiegend davon aus, dass bei einem nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmuster im Grundsatz ebenfalls kein abgeleiteter Teilschutz besteht.
Kein Anspruch auf Unterlassung
Das LG Düsseldorf verneinte den von der Klägerin geltend gemachten Unterlassungsanspruch aus Art. 19 Abs. 2, Abs. 1, 89 Abs. 1 lit. a und Abs. 2 GGV.
In der Berufungsinstanz begehrte die Klägerin eine Abänderung des erstinstanzlichen Urteils. Sie wollte, dass die Beklagte verurteilt wird, es zu unterlassen „Front kits“ als Anbauteile für Automobile im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, die – unabhängig von der Farbe – im mittleren Bereich rot gestrichelt hervorgehoben gestaltet sind oder bestimmte Gestaltungsmerkmale wie einen zweischichtigen Frontspoiler enthalten.
EU-Vorlage zur Klärung
Das Urteil ist noch nichts rechtskräftig. Sollte es in Rechtskraft erwachsen, wäre es das Ende eines langen Rechtsstreits, in dem der BGH dem Gerichtshof der Europäischen Union Fragen zur Auslegung von Art. 11 Abs. 1 und 2 Satz 1 sowie Art. 4 Abs. 2 lit. b und Art. 6 Abs. 1 lit. a der EG-Verordnung Nr. 6/2002 über das Gemeinschaftsgeschmacksmuster zur Vorabentscheidung vorlegte (BGH, Beschluss vom 30.01.2020, Az. I ZR 1/19, – Front Kit I).