„Markenklauer“: Wettbewerbswidrige Herabsetzung eines Konkurrenten
Sich über Mitbewerber zu ärgern ist normal und verständlich. Was viele nicht wissen, ist, dass eine Äußerung über einen Konkurrenten wettbewerbsrechtliche Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche auch dann nach sich ziehen kann, wenn es sich dabei um eine (normalerweise zulässige) Meinungsäußerung handelt.
So hat das OLG Frankfurt am Main in seinem bemerkenswerten Urteil vom 16.04.2019, eine Äußerung auf Facebook mit dem Inhalt „Was ich diesen Markenklauer hasse“ als wettbewerbswidrig eingestuft und die Verfasserin auf Grundlage des Wettbewerbsrechts zu Unterlassung und Bezahlung von Abmahnkosten verurteilt (OLG Frankfurt, Urteil v. 16.04.2019, Az. 16 U 148/18).
Streit um markenrechtliche Bezeichnung für Permanent Make-up Dienste
Beide Parteien bieten im kosmetischen Bereich Permanent Make-up-Dienste an, wozu unter anderem auch das sogenannte Mikroblading gehört. In der Vergangenheit kam es durch die Parteien zu Anmeldungen sehr ähnlicher Wortmarken. Daraufhin veröffentlichte die spätere Beklagte auf ihrer Facebook-Seite folgenden Post:
„Was ich diese Markenklauer hasse.
Mein Anwalt hat wieder zu tun.
www.(…).com/“
Damit nahm die Beklagte auf die Domain der Klägerin Bezug. Im Anschluss an den Post wurden noch eine Mail der Klägerin, die Zeichen ihrer Wort-Bildmarke sowie ein Chat-Verlauf bezüglich einer privaten Facebook-Unterhaltung mit der Klägerin veröffentlicht.
Die Klägerin hat den Beklagten zunächst mit einem anwaltlichen Abmahnschreiben dazu aufgefordert, die Aussage zu entfernen und künftig zu unterlassen. Da die Beklagte die geforderte Unterlassungserklärung nicht abgegeben hat, landete der Rechtsstreit vor Gericht. Die Klägerin sah im Verhalten der Konkurrentin sowohl eine Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts in Form einer unwahren Tatsachenbehauptung als auch eine wettbewerbsrechtliche Herabsetzung.
Das Landgericht hat die auf Unterlassung gerichtete Klage abgewiesen. Das OLG Frankfurt gab der Klägerin in der Berufungsinstanz Recht und verurteilte die Beklagte zu Unterlassung und zur Zahlung von Abmahngebühren.
Keine falsche Tatsachenbehauptung – Kein deliktischer Unterlassungsanspruch
Der Klägerin stehe gegen die Beklagte ein Anspruch auf Unterlassung der über Facebook verbreiteten Äußerung zu, so das OLG Frankfurt. Das Gericht verneinte zunächst einen deliktischen Unterlassungsanspruch aus §§ 1004 Abs. 1 BGB analog, 823 Abs. 1 BGB i. V. m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs.1 GG wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Klägerin, da es sich bei der angegriffenen Äußerung „Was ich diese Markenklauer hasse“ nicht um eine Tatsachenbehauptung, sondern um eine Meinungsäußerung handele, die die Grenze zur unzulässigen Schmähkritik nicht überschritten habe. Insoweit sei die Äußerung von der verfassungsrechtlich geschützten Meinungsfreiheit gedeckt.
In dem Begriff „Markenklau“ liege eine alltagssprachliche Bewertung einer rechtlichen Konstellation. Zudem erfordere die Beurteilung eines Markenrechtsstreites eine umfangreiche rechtliche Bewertung und sei „jedenfalls zumeist – nicht lediglich von einfachen, dem Beweis zugänglichen Tatsachen” abhängig. Daher könne aus dieser Aussage auch keine rechtliche Bewertung abgeleitet werden. Da es hier um eine Auseinandersetzung von zwei Mikroblading-Artistinnen in der Sache gehe, liege auch keine Schmähkritik vor.
Wettbewerbswidrige herabsetzende Äußerung
Allerdings sah das Gericht einen Unterlassungsanspruch der Klägerin aufgrund eines Wettbewerbsverstoßes aus § 8 i. V. m. § 4 Nr. 1 UWG als gegeben an. Die Parteien seien Mitbewerber i. S. d. § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG, da sie gleichartige Dienstleistungen anbieten und sich auch in der Vergangenheit immer wieder wechselseitig abgemahnt haben.
Nach Auffassung des Senats handele es sich bei dem Post um eine herabsetzende Wendung i. S. d. § 4 Nr. 1 UWG und sei daher wettbewerbswidrig. Das Gericht nimmt zur Beurteilung der Frage, ob eine wettbewerbswidrige Herabsetzung vorliegt, eine Gesamtwürdigung unter Beachtung der Umstände des Einzelfalls vor. Hierbei seien insbesondere der Inhalt und die Form der Äußerung, der Anlass sowie der Zusammenhang, in dem die Äußerung erfolgt ist und die Verständnismöglichkeit des angesprochenen Verkehrs zu berücksichtigen. Beim angesprochenen Verkehr komme es wiederum auf die Sicht des durchschnittlich informierten und verständigen Adressaten an.
„Wenn einer Mitbewerberin nun Markenklau vorgeworfen wird, so weist das auf unseriöses Geschäftsgebaren hin und könnte das interessierte Publikum dazu veranlassen, sich von der des Markenklaus bezichtigten Wettbewerberin abzuwenden oder erst gar nicht hinzuwenden, was Schulungen über Anwendungen oder die Anwendungen selbst betrifft.“
Das Gericht betont dabei, dass der durchschnittliche Kunde nicht erkennen könne, ob der Vorwurf des „Markenklaus“ berechtigt ist und ein Verstoß gegen das Markenrecht tatsächlich vorliegt. Daher spiele es auch keine Rolle, ob sich der Post auf den Domainnamen oder die Zeichen ihrer Wort-Bildmarke der Klägerin bezieht. Es komme vielmehr entscheidend darauf an, dass die Beklagte über ihre Facebook-Seite die Gelegenheit genutzt habe, die Besucher ihrer Seite durch die Wortwahl „ich hasse“ und „Markenklau“ von der Klägerin als Mitbewerberin fernzuhalten.
Vorsicht vor diskreditierenden Äußerungen im Internet
Wie der vorliegende Fall zeigt, ist die Reichweite von Äußerungen über Mitbewerber in den sozialen Netzwerken nicht zu unterschätzen. Deshalb sind sie stets mit besonderer Vorsicht vorzunehmen, insbesondere wenn diese dazu geeignet sind, den Konkurrenten herabzusetzen. Um Abmahnungen sowie kostenintensive rechtliche Rechtsstreite mit den Wettbewerbern zu vermeiden, empfiehlt es sich, keine Auseinandersetzungen mit Konkurrenten im Internet zu führen und gegebenenfalls einen rechtlichen Rat einzuholen.