Hotelbetreiber dürfen auf eigener Internetseite keine günstigeren Preise als auf Buchungsportalen anbieten
Das OLG Düsseldorf hat in einem aktuellen Urteil entschieden, dass ein Buchungsportal für Hotelzimmer die Betreiber der Hotels verpflichten kann, auf der eigenen Internetseite keine günstigeren Kondition anzubieten als auf der Portalhomepage.
Zuvor hatte das Bundeskartellamt derartige Bestpreisklauseln noch als kartellrechtswidrig eingestuft und untersagt.
Blind Booking nach Mallorca – aber um welchen Preis?
Bestpreisklauseln, mit denen Vergleichsportale für Hotelzimmer die Betreiber der Pensionen verpflichten, die Angebote auf den eigenen Seiten zu modifizieren oder zu beschränken, beschäftigt die Gerichte in Deutschland schon seit geraumer Zeit.
So erging bereits 2015 durch das OLG Düsseldorf ein Beschluss zu einer Rechtsstreitigkeit zwischen einem Hotelbetreiber und einer entsprechenden Preisvergleichsseite. Im Einzelnen entschied der Senat, dass die bis dahin gängige Praxis, Hotels generell zu verpflichten, auf Onlineportalen stets nur die günstigsten Preise anzubieten, kartellrechtswidrig sei (OLG Düsseldorf, Beschluss v. 9.1.2015, Az. VI Kart 1/14 (V)).
Zuvor hatte bereits das Bundeskartellamt in einem entsprechenden Beschluss vom 20.12.2013 die Ansicht vertreten, dass derartige Bestpreisklauseln seitens der Vermittlungsportale gegenüber Hotelbetreibern gegen das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) verstießen. Die Unternehmen waren daher aufgefordert worden, diese aus den allgemeinen Geschäftsbedingungen zu streichen, woraufhin ein Anbieter aus der Branche Klage in Düsseldorf erhoben hatte.
Im Anschluss an dieses Urteil änderten die Portalbetreiber ihr Vorgehen insofern ab, als dass sie die Hotels verpflichteten, ihre Zimmer auf den eigenen Internetseiten nicht günstiger anzubieten als auf den Homepages der Portale. Das Bundeskartellamt stufte allerdings auch diese Klauseln als kartellrechtswidrig ein, und untersagte den Vergleichswebseiten diese Praxis.
OLG Düsseldorf: Durchreise zu Hotelseiten kartellrechtswidrig
Gegen diesen Beschluss des Kartellamts erhob „Booking“ als eines der größten Preisvergleichsseiten für Hotelzimmer nun Klage, welcher im Ergebnis durch das OLG Düsseldorf aufgehoben wurde (OLG Düsseldorf, Urteil v. 4.6.2019, Az. VI – Kart 2/17 (V)).
Der Senat vertrat dabei die Auffassung, dass derartige „enge“ Bestpreisklauseln zulässig seien. Sie seien insofern nicht wettbewerbsbeschränkend, sondern sogar notwendig, um einen gerechten und ausgewogenen Austausch von Leistungen zwischen den Betreibern der Portale einerseits, und den Hotelunternehmen andererseits sicherzustellen. Andernfalls sei es Anbietern wie Booking nicht möglich, zu verhindern, dass Kunden über ihre Portale auf die Webseiten der Hotels weitergeleitet werden. Dort nämlich bestehe dann die Gefahr, dass die Interessenten die günstigeren Angebote einsehen und wahrnehmen. Vergleichsportale würden so lediglich als Vermittler auf die hoteleigenen Internetpräsenzen aufmerksam machen können, ohne dass ein für eine Provision erforderlicher Vertrag über die Plattformen zustande kommt. Dieses „illoyale Umlenken“ der Besucher gelte es zu verhindern, so der Senat.
Auch das Kölner Landgericht urteilte 2017 hinsichtlich einer Bestpreisklausel der Vergleichshomepage „Expedia“. Das Portal hatte den Betreibern vorgeschrieben, ihre Zimmer zu mindestens gleich günstigen Preisen wie auf der hauseigenen Webseite anzubieten. Nach Ansicht der Kammer lag hierin zwar zunächst eine unzulässige, vertikale Absprache und damit ein Verstoß gegen § 1 GWB, Art. 101 AEUV. Allerdings seien die praktizierten Klauseln gemäß § 2 Abs. 2 GWB, Art. 101 Abs. 3 AEUV i.V.m. Art. 2 Abs. 1 Vertikal-GVO vom Kartellverbot freigestellt (LG Köln, Urteil v. 16.2.2017, Az. 88 O (Kart) 17/16). Die Vertikal-GVO ist eine Gruppenfreistellungsverordnung, demnach eine Verordnung, die Voraussetzungen auflistet, die bestehen müssen, damit das Verbot wettbewerbsbeschränkender Abreden des Art. 101 Abs. 1 AEUV auf eine bestimmte Art von Verträgen nicht anwendbar ist (Art. 101 Abs. 3 AEUV).
Liegen ihre Kriterien für einen Vertrag vor, kommt es nicht darauf an, ob der Vertrag Art. 101 Abs. 3 AEUV erfüllt oder nicht. Nach Auffassung der Richter seien Expedia und die Betreiber der Portale auf unterschiedlichen Vertriebsstufen tätig, und darüber hinaus liege keine Kernbeschränkung vor. Nach Artikel 4 a) Vertikal-GVO sind Vereinbarungen, die den Abnehmer darin beschränken, seinen angebotenen Preis selber festzulegen, Kernbeschränkungen, und demnach nicht vom Kartellverbot freigestellt. Abnehmer der von Expedia angebotenen Leistungen sei das Hotel, welches aber nicht die Vermittlung als Leistung weiterverkaufe. Vielmehr verkauften die Hotels ihre Zimmer, und sei daher kein Abnehmer im Sinne der Vorschrift, sondern vielmehr Anbieter.
Fazit
Die durchaus in unterschiedliche Richtungen ausfallenden Urteile, sowie die Beschlüsse des Bundeskartellamts zeigen: Einigkeit hinsichtlich der Bestpreis-Klauseln besteht in der deutschen Rechtsprechung aktuell nur sehr bedingt.
Die entscheidenden Normen sind dabei § 1 GWB und Art. 101 AEUV. Liegt eine Absprache im Sinne dieser Vorschriften vor, sind diese grundsätzlich unzulässig. Entscheidend sind allerdings stets sämtliche Umstände des individuellen Einzelfalls. Besondere Bedeutung kommt dabei den Interessen aller Beteiligten sowie der Verbraucher dazu.
Im Rahmen einer Abwägung ist dem Urteil des Düsseldorfer Oberlandesgericht durchaus zuzustimmen. Wären Hotelbetreiber berechtigt, auf den eigenen Seiten günstigere Angebote zu machen, würde die Funktionalität der Portalseiten gen Null gehen. Kunden würden über Expedia, Booking und Co. lediglich potentielle Hotels ausfindig machen, und dann die billigeren Offerten direkt auf den Homepages der Pensionen in Anspruch nehmen. Die Vergleichsseiten würden so ohne Anspruch auf eine Provision zu bloßen Suchmaschinen werden.