KG Berlin: „Zum Bestpreis verkaufen“ ist unzulässige Spitzenstellungswerbung
„Simply the best, better than all the rest…“ – Mit Tina Turners berühmten Refrain kann man die Werbebotschaft der Betreiberin eines Immobilienportals recht gut auf den Punkt bringen. Auf ihrem Internetportal brachte sie die bei ihr gegen Entgelt registrierten Makler mit Grundstücksverkäufern zusammen.
Sie warb dabei vollmundig mit den Aussagen
“Zum Bestpreis verkaufen”, “Verkauf zum Bestpreis”, “Schnell und zum besten Preis Ihre Immobilie verkaufen”
“Bestpreis erreicht in 92 %”, “Der beste Preis für Ihre Immobilie”.
Das missfiel der Wettbewerbszentrale und dem LG Berlin (Urt. v. 07.08.2018, Az.: 15 O 295/17).
Spitzenstellungsbehauptung oder bloß schlichte Übertreibung?
Die Richter des KG Berlin (Urt. v. 21.06.2019, Az.: 5 U 121/18) schlossen sich der Vorinstanz an. In ihrer Begründung sezierten sie die Werbeaussagen besonders spitzfindig, um die feine Differenzierung zwischen unzulässiger Behauptung einer Spitzenstellung und schlicht reklamehafter Übertreibung zu verdeutlichen.
Sie stellten folgende Argumente heraus:
- Durch die Verwendung eines bestimmten Artikels („der beste Preis“) wird nicht bloß ein besonders hoher Preis betont, sondern eben explizit die Behauptung aufgestellt, den (aller)besten Preis (im Sinne von: den höchsten Preis, im Gegensatz zu: einen hohen Preis) zu bieten. Es handelt sich beim Preis um eine messbare Größe, da er nicht – wie etwa die Merkmale „Lage“ oder „Aussicht“ – subjektiv unterschiedlich bewertbar ist. Die Aussage entspricht somit einer sogenannten Alleinstellungsbehauptung. Auch der Slogan „Der schnellste Weg, Ihre Immobilie zum Bestpreis zu verkaufen“ führe in die Irre, weil der schnellste Verkaufsweg in der Regel nicht den Bestpreis erziele.
- Die Richter orientierten sich bei der Einstufung der Werbeaussagen an der sogenannten Auffassung des angesprochenen Verkehrs (der von der Website angesprochenen Zielgruppe). Theoretisch könne jedermann Immobilienverkäufer werden. Also auch Immobilien-Laien, bei denen man nicht davon ausgehen könne, dass sie derartig plakative Formulierungen kennen und entsprechend einordnen können.
Ein Superlativ jagt den nächsten
Die Richter bemängelten noch weitere Formulierungen. Sowohl
Unabhängige Auswahl geprüfter Makler
als auch
Deutschlands größtes Empfehlungsnetzwerk
wurden als irreführend eingestuft.
Eine Auswahl im Sinne von qualitativer Selektion erfolge nicht. Bei der Registrierung der Makler würden lediglich Formalia wie Kontaktdaten oder Gewerbeerlaubnis abgefragt, nicht jedoch das jeweilige Verkaufsgeschick geprüft.
Zu dem – laut Vortrag der Beklagten – einzigartigen Geschäftsmodell gäbe es keine Vergleichsmöglichkeiten mit ähnlich arbeitenden Portalen. Auch hier argumentiert das Gericht wieder ausgesprochen sprachlich-feinsinnig: „Das Einzige“ sei nicht „das Größte“, weil letzteres einen Vergleich mit anderen erfordert. – Well roared, lion!
Wer kann, der kann…
Eine Allein- oder Spitzenstellungsbehauptung ist nur zulässig, wenn
- die Behauptung der Wahrheit entspricht,
- tatsächlich ein markanter Vorsprung gegenüber den Mitbewerbern belegt ist und
- dieser Vorsprung eine gewisse Stetigkeit hat.
Da die Beklagte die Spitzenstellung jedoch offensichtlich nur behauptete, nicht de facto inne hatte, lag eine wettbewerbswidrige Irreführung gemäß UWG vor, die geeignet war, potentielle Nutzer der Plattform über deren Vorteile zu täuschen und dadurch zu – möglicherweise suboptimalen – geschäftlichen Entscheidungen zu bewegen.
Die Beklagte hat die beanstandeten Formulierungen zu unterlassen (§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2, § 3 Abs. 1, § 5 Abs. 1 S. 1 und 2 Nr. 1 UWG).
Fazit
Superlative in der Werbung sind nichts Neues. Man hört oder liest öfter davon. Sind die dann alle unzulässig? Klassische Juristen-Antwort: Es kommt drauf an! Wer in Düsseldorf „die längste Theke der Welt“ sucht, hat selbst schuld, wenn er nicht weiß, dass damit die Vielzahl von Altstadt-Kneipen gemeint ist, deren Theken – aneinandergereiht – die längste Theke der Welt ergeben würden. Und auch bei Ferrero hat der Werbetexter nachgedacht, denn schließlich ist deren beliebtes Schokoladenprodukt „die wohl längste Praline der Welt“. Die Einschränkung „wohl“ relativiert die Werbeaussage hinreichend.
Wird der Unterschied deutlich? Bestens. Dann gönne ich mir jetzt ein Feierabendbierchen: Gut. Besser. Paulaner.