LG Köln: Amazon-Händler haften für Schutzrechtsverletzungen Dritter im eigenen Angebot
Was war geschehen?
Ein Händler auf Amazon hatte sich an ein bestehendes Angebot unserer Mandantin angehängt. In der Angebotsbeschreibung war die Marke unserer Mandantin eingefügt, der Beklagte verkaufte jedoch unstreitig keine entsprechenden Markenprodukte, sondern sog. No-Name-Produkte. Der Beklagte, ein auf Amazon registrierter Einzelunternehmer, verteidigte sich in dem Verfahren damit, dass er für die Markenrechtsverletzung nicht verantwortlich sei. Schließlich habe nicht er selbst das Angebot erstellt, sondern ein Dritter – in diesem Fall ein Familienangehöriger – habe während seines Urlaubs das Angebot erstellt. Hiervon habe er weder Kenntnis gehabt, noch sei er mit der Nutzung seines Accounts einverstanden gewesen. Vielmehr habe sich der Dritte die Zugangsdaten eigenmächtig verschafft, welche er auf einem Zettel in einer Schublade verwahrte.
Händler für Angebote über seinen Account verantwortlich
Das Landgericht ist der Auffassung von LHR gefolgt und hat im Ergebnis eine Markenrechtsverletzung bejaht, für die der Beklagte auf Unterlassung sowie Kostenerstattung der außergerichtllichen Rechtsverfolgungskosten haftet. Das Landgericht hat damit konsequent die Grundsätze des Bundesgerichtshofs fortgeführt, welche dieser in der sog. Halzband-Entscheidung (BGH, Urteil v. 11.03.2009, Az. I ZR 114/06) aufgestellt hat. Der BGH hatte in der Leitsatzentscheidung wie folgt ausgeführt
Benutzt ein Dritter ein fremdes Mitgliedskonto bei eBay zu Schutzrechtsverletzungen und Wettbewerbsverstößen, nachdem er an die Zugangsdaten dieses Mitgliedskonto gelangt ist, weil der Inhaber diese nicht hinreichend vor fremdem Zugriff gesichert hat, muss der Inhaber des Mitgliedskontos sich wegen der von ihm geschaffenen Gefahr einer Unklarheit darüber, wer unter dem betreffenden Mitgliedskonto gehandelt hat und im Falle einer Vertrags- oder Schutzrechtsverletzung in Anspruch genommen werden kann, so behandeln lassen, als ob er selbst gehandelt hätte.
Dementsprechend hat es das Landgericht nicht genügen lassen, dass der Beklagte sein Passwort für Amazon auf einem Zettel in einer Schublade aufbewahrt habe. Hierzu führte das Landgericht aus
Selbst wenn seine Mutter unter Ausnutzung dessen erstmalig unter seinem Anbieterkonto auftrat, hat sich der Beklagte ihr Verhalten damit zurechnen zu lassen. Das Passwort war für die Mutter des Beklagten unschwer auffindbar. Damit hat der Beklagte nicht ausreichend Sorge getragen, dass ein Zugriff Dritter auf das Konto ausgeschlossen ist. Auch im privaten Umfeld besteht die Möglichkeit, Passwörter so zu hinterlegen, dass sie für Dritte, insbesondere Familienangehörige, nicht ohne weiteres auffindbar sind. Der Beklagte hat sich das daraus resultierende Verhalten seiner Mutter zurechnen zu lassen.
Weitergehende Haftung des Unternehmensinhabers
Die Rechtsprechung bejaht somit eine Haftung des Unternehmensinhabers für Handlungen Dritter, die über die gesetzlichen Haftungstatbestände hinausgehen. Gemäß § 8 Abs. 2 UWG haftet etwa der Unternehmensinhaber für Wettbewerbsverstöße, die von einem Mitarbeiter oder Beauftragten begangen wurden. Ähnlich ist in § 14 Abs. 7 MarkenG vorgesehen, dass der Unternehmensinhaber für die durch seine Angestellten oder Beauftragten begangenen Markenrechtsverletzungen verantwortlich sein kann.
Durch die weitergehende Haftung für Handlungen von Personen, die weder Mitarbeiter noch sonstige Beauftragte sind, wächst die Verantwortlichkeit der Unternehmer in diesem Bereich. Zu beachten ist ferner, dass die Rechtsprechung in diesen Fällen nicht etwa eine Störerhaftung annimmt, sondern den Kontoinhaber als Täter haften lässt. Damit können gegen den Kontoinhaber sämtliche Ansprüche einschließlich Unterlassungs-, Kostenerstattungs- und sogar Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden.
Anhängen an fremde ASIN ist wettbewerbswidrig
Ferner hat das Landgericht es als wettbewerbswidrig angesehen, wenn sich ein Händler auf Amazon an ein fremdes, bereits bestehendes Angebot anhängt und damit die ASIN übernimmt, wenn der angehängte Händler tatsächlich nicht die identischen Produkte veräußert. Nicht ausreichend ist es demnach, wenn der Händler lediglich gleichartige Artikel wie der Erstanbieter liefert. Das Landgericht ist damit den Entscheidungen anderer Instanzgerichte gefolgt (so auch LG Berlin, Beschluss v. 25.11.2011, Az. 15 O 436/11; LG Düsseldorf, Beschluss v. 22.4.2015 Az. 2a O 98/15). Hierzu hatten wir bereits hier berichtet.
Produktbeschreibung kann urheberrechtlich geschützt werden
Daneben hat das Landgericht nochmals klargestellt, dass auch Produkt- bzw. Angebotsbeschreibungen durchaus ein urheberrechtlich geschütztes Sprachwerk im Sinne des § 2 Nr. 1 UrhG darstellen kann. Im Grundsatz gelte zwar, dass ein solcher Angebotstext, der lediglich als bloße Anpreisung bzw. objektive Artikelbeschreibung fungiert, die erforderliche Schöpfungshöhe nicht erreiche. Sofern der Text jedoch aufgrund Form, Stil und Inhalt jedoch über die bloße Beschreibung hinausgehen, komme ein urheberrechtlicher Schutz durchaus in Betracht. Entsprechend hat das Landgericht die Übernahme der Produktbeschreibung unserer Mandantin untersagt. (th)
Wir haben uns auf den Schutz von Produkten, Unternehmen und Persönlichkeiten spezialisiert. Falls Sie zu den Betroffenen von Markenrechtsverletzungen gehören, rufen Sie uns gerne an oder schreiben uns eine E-Mail.
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