Der Sessel als „Maschine“
„Wat is en Dampfmaschin‘?“ So fragt Professor Bömmel in der „Feuerzangenbowle“, um darauf die Antwort zu geben: „Da stelle mehr uns janz dumm!“ Heißt: Wir gehen ganz an den Anfang und ergründen so das Wesen des Objekts.
So ähnlich muss auch das LG Cottbus vorgegangen sein, als es sich fragte, was eigentlich eine „Maschine“ ist, im Sinne der Maschinenverordnung zum Produktsicherheitsgesetz.
Angaben gemäß Maschinenverordnung fehlen
Diese Überlegungen hat sich das Gericht in einem Fall gemacht, in dem es um einen elektrisch verstellbaren Sessel ging, den ein Möbelhaus angeboten hatte – ohne Herstellerangabe (Name und Anschrift), ohne hinreichende CE-Kennzeichnung (nur auf dem Netzteil), ohne EG-Konformitätserklärung. Genau diese Angaben hätten aber gemacht werden müssen, denn es handle sich, so die Cottbusser Richter, bei dem Sessel gemäß der 9. Verordnung zum Produktsicherheitsgesetz (9. ProdSV), der so genannten Maschinenverordnung, um eine „Maschine“.
Das LG Cottbus gab damit der Wettbewerbszentrale Recht, die die fehlende Dokumentation und Kennzeichnung moniert hatte (Urteil vom 15.6.2022, Az.: 11 O 5/20).
Verletzung von Marktverhaltensregelungen
Bei den Pflichten gemäß 9. ProdSV handelt es sich um Marktverhaltensregelungen. Die unterlassenen Kennzeichungen stellen somit eine spürbare Beeinträchtigung von Verbrauchern und sonstigen Marktteilnehmern dar. Ergo: Das Angebot des Möbelhauses ist in dieser Form wettbewerbswidrig. Wenn man also ein Produkt auf den Markt bringt, tut man gut daran, sich erst mal „janz dumm“ zu stellen und zu prüfen, ob es sich dabei vielleicht um eine „Maschin’“ im Sinne der 9. ProdSV handeln könnte. Sonst macht die Wettbewerbszentrale dem Anbieter Dampf.
Der Beitrag stammt von unserem freien Autor Josef Bordat. Er ist Teil unserer Reihe “Berichte aus der Parallelwelt”. Dort werfen Autoren aus anderen Fachbereichen einen Blick auf die Rechtswissenschaft in Theorie und Praxis. Die Beiträge betrachten, anders als unsere sonstigen Fachbeiträge Begebenheiten und Rechtsfälle daher auch nicht juristisch, sondern aus einem völlig anderen Blickwinkel. Aus welchem, das soll der Beurteilung der Leser überlassen bleiben. Interessant wird es, wie wir meinen, allemal.