Schlechter Verlierer rächt sich für verlorene Ausschreibung via WeChat
In der heutigen digitalen Ära gewinnen Nachrichten, die über Social Media-Chats verbreitet werden, zunehmend an Bedeutung – sowohl im privaten als auch im geschäftlichen Umfeld. Gerade im beruflichen Kontext können solche Nachrichten erhebliche Auswirkungen auf den Ruf und die Geschäftschancen eines Unternehmens haben.
Ein aktueller Fall vor dem Landgericht Düsseldorf zeigt dies deutlich: Ein Mitarbeiter eines Unternehmens hatte über WeChat eine Nachricht verbreitet, die falsche Informationen über einen Mitbewerber enthielt. Das Gericht beurteilte diese Nachricht als unlautere Herabsetzung, und das betroffene Unternehmen muss nun die Konsequenzen tragen (LG Düsseldorf, Urteil vom 14.06.2024, Az. 38 O 120/24).
Hintergrund des Falls
Die Antragstellerin und die Antragsgegnerin hatten sich um denselben Auftrag einer chinesischen Firma beworben. Der Auftrag wurde der Antragstellerin erteilt. Daraufhin verbreitete ein Mitarbeiter der Antragsgegnerin in WeChat, der sich an Führungskräfte des Auftraggebers richtete, eine Nachricht über die Antragstellerin. Diese enthielt zum einen eine Creditform-Auskunft über die Antragstellerin, zum anderen die Behauptung, dass die Antragstellerin kurz vor der Insolvenz stehe und ihre Lieferanten sie nicht mehr belieferten. Diese Informationen entsprachen jedoch nicht der Wahrheit.
Berechtigter Anspruch
Das Gericht entschied zugunsten der Antragstellerin und stellte fest, dass das Verhalten des Mitarbeiters einen klaren funktionalen Bezug zur Förderung der Geschäftstätigkeit der Antragsgegnerin hatte. Die Nachricht sollte den Eindruck erwecken, dass die Antragstellerin wirtschaftliche Schwierigkeiten habe, um den Auftraggeber von einer Zusammenarbeit mit ihr abzuhalten und zukünftige Aufträge an die Antragsgegnerin zu lenken. Das Gericht bewertete dies als eine geschäftliche Handlung im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 2 UWG.
Die Antragstellerin war gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG berechtigt, Unterlassungsansprüche geltend zu machen, da sie ein Unternehmen führt, das in direkter Konkurrenz zur Antragsgegnerin steht. Beide Parteien sind als Anbieter gleichartiger Produkte direkte Mitbewerber im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 4 UWG.
Unlautere Herabsetzung gemäß § 4 Nr. 1 UWG
Das Gericht befand, dass das Verhalten der Antragsgegnerin unlauter war, da es die geschäftlichen Verhältnisse der Antragstellerin herabsetzte und verunglimpfte.
Die Nachricht des Mitarbeiters enthielt Aussagen, die geeignet waren, das Vertrauen des Auftraggebers in die Antragstellerin zu erschüttern, deren Ansehen zu schädigen, ihre Geschäftschancen zu beeinträchtigen und ihren geschäftlichen Ruf erheblich zu mindern. Insbesondere die falschen Behauptungen, dass die Antragstellerin „am Rande der Insolvenz“ stehe und ihre Lieferanten nicht mehr belieferten, stellten eine sachlich nicht gerechtfertigte Herabsetzung dar.
Das Gericht führte aus, dass die Aussagen aus der Sicht eines durchschnittlich informierten und verständigen Adressaten der Nachricht als erheblich schädigend für die Antragstellerin angesehen werden mussten. Entscheidend sei dabei, wie die Empfänger die Aussagen verstanden haben, unabhängig davon, wie sie vom Mitarbeiter gemeint waren.
Schlechter Verlierer
Die Aussage, dass die Antragstellerin „am Rande der Insolvenz“ stehe, enthielt einen wertenden Gehalt und fiel grundsätzlich unter den Schutz der Meinungsfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 GG. Allerdings ist die Meinungsfreiheit eingeschränkt, wenn das Persönlichkeitsrecht eines Mitbewerbers verletzt wird. Die Behauptung, dass die Antragstellerin von ihren Lieferanten nicht mehr beliefert werde, stellte eine unwahre Tatsachenbehauptung dar und fiel somit nicht unter den Schutz der Meinungsfreiheit. Daher entschied das Gericht in der Interessenabwägung zugunsten der Antragstellerin und ihres geschäftlichen Rufs.
Ergebnis: Unterlassung
Das Gericht entschied, dass sowohl der Mitarbeiter als auch das Unternehmen für die unlauteren Handlungen haften. Der Mitarbeiter hatte die Nachricht eigenständig verschickt und die unlautere Handlung selbst vorgenommen. Diese Handlung war nicht untergeordnet, sondern erfolgte im Rahmen seines eigenen Entscheidungsspielraums.
Das Unternehmen haftet gemäß § 8 Abs. 2 UWG für die Handlungen seines Mitarbeiters. Diese Vorschrift sieht eine umfassende Haftung des Unternehmens vor, wenn Mitarbeiter im Interesse des Unternehmens unlautere Handlungen begehen. Das Unternehmen kann sich nicht auf die Handlungen eines abhängig Beschäftigten berufen, wenn diese im Interesse der geschäftlichen Tätigkeit erfolgten.
(Offenlegung: LHR hat die Antragstellerin in diesem Fall vertreten.)