Abmahnkosten nur bei konsequenter Durchsetzung des Unterlassungsanspruchs
In einer kürzlich erschienenen Entscheidung (LG Düsseldorf, Urt. v. 19.01.2011, Az. 23 S 359/09) hat das Landgericht Düsseldorf klar Position bezogen. Hinsichtlich der Erstattung von Abmahnkosten (nach den Regeln der Geschäftsführung ohne Auftrag), kommt es im Kern darauf an, ob auch der Unterlassungsanspruch verfolgt wird.
Nachdem das LG Düsseldorf Schadenersatzansprüche verneint, auf die hier nicht weiter eingegangen werden soll, kommt es zudem zu dem Ergebnis, dass auch die Abmahnkosten nicht nach § 97 a Abs. 1 S. 2 UrhG geltend gemacht werden können, da diese Vorschrift zum Zeitpunkt der Abmahnung noch nicht existierte.
Hervorzuheben sind an dieser Entscheidung allerdings nicht die erstgenannten Gründe für den fehlenden Anspruch, sondern die Ausführungen des Gerichts zum Kostenanspruch aus der Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA):
Nach Ansicht der Richter ist,
„zwar in der höchstrichterlichen Rechtsprechung vor dem Inkrafttreten des § 97 a UrhG anerkannt gewesen, dass der Rechtsinhaber gegen den Störer einen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag gehabt hat (vgl. BGH GRUR 1973, 384, 385 – Goldene Armbänder; BGH GRUR 1991, 550 – Zaunlasur; BGH GRUR 2000, 337, 338 – Preisknaller).“
Voraussetzung ist dabei aber stets, dass auch die Voraussetzungen der GoA auch vorliegen. Eben diese Voraussetzungen sahen die Düsseldorfer Richter nicht als erfüllt an, da die Abmahnung nicht im wirklichen oder mutmaßlichen Interesse des Abgemahnten erfolgt sei:
„Die Aufwendungen für eine Abmahnung erfolgen nur dann im Interesse und mit dem mutmaßlichen Willen des Störers, wenn sie für eine zweckentsprechende Rechtsverfolgung notwendig sind (vgl. BGH NJW 1970, 243). Nach Ansicht der Kammer ist dies nicht mehr der Fall, wenn der Abmahnende bei einer erfolglos gebliebenen Abmahnung, d. h. die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung wird abgelehnt, seinen Unterlassungsanspruch nicht weiter verfolgt, ohne für die nachträgliche Abstandnahme einen nachvollziehbaren Grund anzuführen (ähnlich LG Frankfurt, NJW-RR 2003, 547 f.; vgl. Wandtke/ Bullinger/ Kefferpütz, Urheberrecht, 3. Aufl., § 97a Rn. 33 m. w. N.).“
Exakt so gestaltete sich aber der Sachverhalt im entscheidungserheblichen Fall. Der Kläger hatte erfolglos abgemahnt, der Beklagte gab keine Unterlassungserklärung ab, eine Unterlassungsklage wurde jedoch auch nicht betrieben. In der Entscheidung wird hierzu ausgeführt:
„Dennoch hat der Kläger bis heute keine Unterlassungsklage erhoben, und dies, obwohl er selbst betont, dass die Beklagte mit der jeweiligen Löschung der Dateien seiner Forderung nicht nachgekommen sei und er damit sein Ziel in der Sache erklärtermaßen nicht erreicht hat. Einen plausiblen Grund hat er dafür nicht genannt. Gleichzeitig ist aufgrund des Verhaltens der Beklagten offensichtlich, dass sie nicht bereit ist, die verlangten strafbewehrten Unterlassungserklärungen abzugeben, weil sie sich nicht als Störerin betrachtet. […]
Bei dieser Sachlage kann nach Auffassung der Kammer aber nicht mehr davon ausgegangen werden, dass die Abmahnungen dem Interesse und dem mutmaßlichen Willen der Beklagten entsprochen haben. Ein Ersatz der Abmahnkosten nach den Grundsätzen über die Geschäftsführung ohne Auftrag scheidet demnach aus.“
Ebenfalls stellen die Richter klar, wann ein triftiger Grund vorliegt, der die Abstandnahme von der Durchsetzung des Unterlassungsanspruchs erklärt:
„Soweit in der Literatur die Ansicht vertreten wird, die Abmahnkosten seien gemäß §§ 677, 683, 670 BGB zu ersetzen, wenn der Abmahnende einen nachvollziehbaren Grund dafür angebe, warum er seinen Unterlassungsanspruch nicht weiter verfolge, teilt die Kammer – wie oben bereits ausgeführt – grundsätzlich diese Auffassung. Nach dem Sinn und Zweck der Geschäftsführung ohne Auftrag kann dies jedoch nur gelten, wenn er nachträglich von einer gerichtlichen Geltendmachung seines Unterlassungsanspruchs Abstand nimmt, nicht aber, wenn von vornherein feststeht, dass er keine Unterlassungsklage erheben wird.“
Die Revision in diesem Fall wurde von den entscheidenden Richtern ausdrücklich zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zugelassen:
„Die Frage der Verantwortlichkeit eines Share-Hosters für die Einstellung urheberrechtsverletzender Inhalte durch eigenverantwortlich handelnde Dritte ist – soweit ersichtlich – höchstrichterlich bisher nicht entschieden. Ferner gibt es in Literatur und Rechtsprechung unterschiedliche Auffassungen darüber, ob und unter welchen Voraussetzungen die grundsätzliche Einstandspflicht des vergeblich Abgemahnten nach den Grundsätzen über die Geschäftsführung ohne Auftrag einzuschränken ist, wenn der Abmahnende den Unterlassungsanspruch nicht weiter verfolgt.“
Diese Entscheidung veranschaulicht, dass es für die Rechteinhaber stets angezeigt ist, die Unterlassungsansprüche effektiv und ggfs. gerichtlich durchsetzen zu lassen. Diese Durchsetzung ist für uns selbstverständlich und wir beraten Sie diesbezüglich gerne.
Nachvollziehbar und richtig ist die Entscheidung auch deshalb, weil nicht durch Unterlassungsansprüche ein „Erstattungsanspruch“ für die Abmahnkosten generiert werden soll. Anders ausgedrückt: Nur derjenige, der seinen Unterlassungsanspruch ernst nimmt und dem es hierauf ankommt, kommt in den Genuss, dass die Kosten der Durchsetzung dieses Anspruchs vom Gegner zu tragen sind. (cs)
(Bild: © lagom – Fotolia.com)
[:]