Das Perlentauchen und seine Risiken
Das Tauchen nach Perlen kann gefährlich sein. Ebenso besteht aber auch ein Risiko bei der Nutzung und Verwertung so genannter Abstracts im „Informationsmeer“ des Internets:
Der u.a. für Urheberrechtsfragen zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH, Urt. v. 01.12.2010 Az.: I ZR 12/08) hatte darüber zu entscheiden, ob die Betreiber des Kulturmagazins „perlentaucher.de“ Abstracts – also prägnante Auszüge und Zusammenfassungen – hier von Buchrezessionen renommierter deutscher Tageszeitungen lizenzieren durften.
Die Kläger, die Verlagshäuser der „Süddeutschen Zeitung“ und der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, nahmen die beklagten Betreiber des Magazins „perlentaucher.de“ auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Feststellung der Schadenersatzpflicht in Anspruch. Grund der Klage waren nicht etwa die Veröffentlichungen der Abstracts auf der Domain „perlentaucher.de“ als solche, sondern Lizenzen, die die Beklagte den Portalen „bücher.de“ und „amazon.de“ für die Nutzung der Zusammenfassungen von Buchrezensionen einräumten. Genau hierin sahen die Kläger eine Verletzung des Urheberrechts an den Originalrezensionen, einen Verstoß gegen das Markenrecht und einen Wettbewerbsverstoß.
Welche Schlüsse können aus der Entscheidung gezogen werden? Es muss insbesondere bei der anwaltlichen Beratung von Webseitenbetreibern stets der jeweilige Einzelfall berücksichtigt werden. Die Entscheidung kann aber mit Nichten dahingehend verstanden werden, dass der BGH hier ein generelles Verbot für die Veröffentlichung von Abstracts ausgesprochen hat.
Entscheidendes Kriterium für die Zulässigkeit der Nutzung von sog. Abstracts, ist nach dieser Entscheidung die Frage, ob die Zusammenfassungen selbständige Werke darstellen, die nach § 24 Abs. 1 UrhG ohne Zustimmung der eigentlichen Urheber genutzt werden können. Dies setzt jedoch voraus, dass die Abstracts als Zusammenfassung durch die Benutzung der Originalfassung neu geschaffen wurden sind.
Kurz: Durch die Zusammenfassung des ursprünglichen Textes muss ein neues Werk entstehen. Ob die Autoren des „perlentaucher.de“ – Magazins diese Leistung erbracht haben bleibt zu klären. Der BGH hat den Rechtsstreit an die Vorinstanz zurückverwiesen, da nach Auffassung des Senats das Berufungsgericht zwar
„die richtigen rechtlichen Maßstäbe angelegt“
hat, aber
„nicht alle relevanten tatsächlichen Umstände berücksichtigt“
hat.
Die Entscheidung des BGH ist damit auch für die klagenden Verlage noch keine wirkliche „Perle“! Soweit das Berufungsgericht zu dem Ergebnis kommen sollte, dass die Abstracts selbständige Werke gemäß § 24 Abs. 1 UrhG darstellen, können diese auch lizenziert werden. Entscheidend sei vor allem, in welchem Umfang die Abstracts von der Ursprungsversion abweichen oder übernommen wurden. (cs)