LG Frankfurt: Der Zusatz "selbstverständlich" ändert nichts an einer irreführenden Werbung mit Selbstverständlichkeiten
Das Landgericht Frankfurt (LG Frankfurt, Beschluss v. 26.11.2014, Az. 2-03 O 462/14) hat auf den Antrag von Lampmann, Haberkamm & Rosenbaum Rechtsanwälte (LHR) im Wege einer einstweiligen Verfügung einem Onlinehändler eine unzulässige Werbung mit Selbstverständlichkeiten verboten. Die Entscheidung ist im Beschlusswege und ohne schriftliche Gründe ergangen und bisher nicht rechtskräftig.
Werbung mit Selbstverständlichkeiten – Was ist das?
Bei der so genannten Werbung mit Selbstverständlichkeiten handelt es sich um einen besondere Art der wettbewerbsrechtlichen Irreführung. Das Besondere daran ist, dass es sich dabei grundsätzlich um eine Werbung mit zutreffenden Tatsachen handelt. Eine solche Werbung ist – selbstverständlich – grundsätzlich nicht zu beanstanden.
Das ist ausnahmsweise dann anders, wenn das angesprochene Publikum annimmt, dass mit der Werbung tatsächlich ein Vorzug gegenüber anderen Erzeugnissen der gleichen Gattung oder den Angeboten von Mitbewerbern hervorgehoben wird. Das ist insbesondere der Fall, wenn dem Publikum nicht bekannt ist, dass es sich bei der betonten Eigenschaft um eine gesetzlich vorgeschriebene oder zum Wesen der Ware gehörenden Umstand handelt. Ausnahmsweise ist demnach die Mitteilung zutreffender, wahrer Umstände unzulässig, wenn der Verbraucher den Eindruck gewinnt, ihm werde etwas Besonderes geboten. In einer aktuellen Entscheidung hat der Bundesgerichtshof klargestellt, dass für die Annahme einer irreführenden Werbung mit Selbstverständlichkeiten nicht eine hervorgehobene Darstellung notwendig ist (BGH, Urteil v. 19. März 2014, Az. I ZR 185/12). Wir berichteten.
Die Werbeaussage war zutreffend, dennoch irreführend
In der streitgegenständlichen Werbung hatten die Antragsgegner darauf hingewiesen, dass die von ihnen angebotenen Produkte „selbstverständlich“ von nicht gentechnisch veränderten Pflanzen stammen. Diese Behauptung traf zu. Unstreitig war allerdings auch, dass die so beworbenen Produkte auf dem Markt (jedenfalls EU-weit) bisher überhaupt nicht als genmanipulierte Version existieren. Dem Verbraucher wurde somit mit der Aussage suggeriert, dass zwar genmanipulierte Produkte auf dem Markt kursieren und daher die Möglichkeit bzw. das Risiko bestehe, bei der Konkurrenz an solche Ware zu geraten, dies aber gerade bei den Antragsgegnern nicht der Fall sei – in Zeiten von steigenden Umwelt- und Nachhaltigkeitsbewusstsein der Verbraucher ein schlagendes Verkaufsargument. Allerdings ein irreführendes, wie die Frankfurter Richter befanden.
„Selbstverständlich“ hilft selbstverständlich nicht
Das Argument des Antragsgegners, dass seine Werbung keine unzulässige Werbung mit Selbstverständlichkeiten darstelle, da er die Verbraucher mit dem Zusatz „selbstverständlich“ darüber in Kenntnis setzte, dass die angepriesene Eigenschaft nichts Besonderes, sondern eben „selbstverständlich“ sei, ließ das Gericht nicht gelten. Das Landgericht folgte vielmehr unserer Argumentation. Danach wird durch die konkrete Formulierung des Satzes der Eindruck erweckt , dass ausgerechnet die von den Antragsgegnern angebotenen Produkte frei von Gentechnik seien, da der Leser diese Eigenschaft aufgrund der Verwendung des Possessivpronomens „unser“ nicht der Produktgattung im allgemeinen, sondern speziell den von den Antragsgegnern angebotenen Produkten zuschreibt. (la)
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