Mehr Schein als Sein – die Selbstdarstellung im Internet
Menschen sind selbstverliebt. Das ist erstmal nicht weiter schlimm. Menschen stellen sich im Internet gerne ein wenig positiv von der Realität abweichend dar. Dabei passieren amüsante Fauxpas, wie z.B. die Veröffentlichung von Selfies, bei denen übersehen wurde, dass das Fotografieren des Spiegels nicht nur ein Abbild der eigenen Person sondern auch der keramischen Umgebung erzeugt. Geschenkt. Das ist alles typisch menschlich.
Aus unserer anwaltlichen Sicht wird die übertriebene Selbstdarstellung jedoch an manchen Stellen zu einem Ärgernis. So ist es zum Beispiel ganz normal, dass sich der „kleine“ Anbieter von Waren/Dienstleistungen im Internet etwas größer darstellt als er tatsächlich ist. Unternehmensgröße wird mit Vertrauensgröße gleichgesetzt. Mangelt es an ersterer wird diese gerne durch einen imposanten Internetauftritt und verschwurbelte Angaben zum Unternehmen vorgetäuscht. Es beginnt mit Fotos der augenscheinlich einen ganzen Häuserblock umfassenden „Firmenzentrale“, geht über Beteuerungen immenser Erfahrungsschätze, jahrzehntelanger Firmentraditionen bis zu abenteuerlichen Positionen angeblicher Mitarbeiter.
Dahinter steckt häufig ein kleines angemietetes Zimmer in einem Bürokomplex, keine Lagerhaltung, Erfahrungen in vielen Gebieten jedoch nicht in der angebotenen Branche und erfundenen Mitarbeitern mit eigenen Maildressen.
Solange die angepriesenen Leistungen ordnungsgemäß erbracht werden fällt die Aufschneiderei nicht auf. Problematisch wird es jedoch, wenn sich diese Anbieter nicht am selbst gesetzten Schein messen lassen wollen. Sobald der vermeintliche Konzerninhaber in Anspruch genommen wird transformiert er mit Hilfe seines Steuerberaters und/oder amtlichen Bescheinigungen zu einem rein hobbymäßigen Internetnutzer, der seine Seite lediglich aus Spaß und keinesfalls aus kommerziellen Interessen gestaltet hat. Dieses Verhalten ist rechtlich und moralisch zu missbilligen.
Das häufig an dieser Stelle eingebrachte Argument „wenn ich klarstelle, dass ich nur ein ganz kleiner Händler bin, dann kauft keiner bei mir“ ist zudem nicht durchdacht. Gerade heutzutage wird der persönliche Kontakt zum Händler wieder geschätzt. Der Verkauf unter dem Konterfei des Geschäftsinhabers kann gezielt als vertrauensbildende Maßnahme eingesetzt werden. Zudem gibt es zahlreiche sehr erfolgreiche Plattformen, auf denen sich Kleingewerbetreibende tummeln und als solche präsentieren.
Der Drang, sich größer, schöner und schneller darzustellen als man tatsächlich ist birgt dagegen die Gefahr rechtlicher Inanspruchnahme. Abgesehen von wettbewerbsrechtlichen Ansprüchen wegen Irreführung können auch strafrechtliche Tatbestände verwirklicht werden. Dies gilt insbesondere, wenn bei der Leistungserfüllung mal etwas schief geht.
Mein Appell:
Eine authentische Selbstdarstellung beeindruckt mehr als ein potemkinsches Dorf. Ehrlich währt am längsten. (ro)
(Bild: Maus im Ei © stylefoto24 – Fotolia.com)