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Trade Buzzer erwirkt einstweilige Verfügung gegen getdigital.de wegen Benutzung der Bezeichnung “Geek Nerd”

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geeks_and_nerdsEs ist mal wieder soweit. Wie uns getDigital per E-Mail mitteilt, hat der Kieler “Geek Stuff Supplier” eine Abmahnung wegen einer angeblichen Verletzung der Marke „Geek Nerd“ bei dem Angebot von T-Shirts erhalten. Mittlerweile existiert offenbar bereits eine einstweilige Verfügung des Landgerichts Berlin (Az. 101 O 162/13), die die Auffassung des Markenrechtsinhabers bestätigt. getDigital muss nach eigenen Angaben nun zahlreiche Texte im Shop ändern, in denen die Begriffe „Geek“ und „Nerd“ zusammen benutzt wurden und 160 Shirts bei eBay löschen.

Das Unternehmen Trade Buzzer UG hat sich neben den Begriffen „Sheldon Cooper“, „Barney Stinson“, „Walter White“, die Marke „Geek Nerd“ (Registernummer 302013041166) für Becher, T-Shirts, Hemden, Mützen, Hosen, Pullover, Schals, Jacken, Socken, Unterwäsche eintragen lassen und mahnt nun offenbar Onlineshops wegen der Verwendung dieser Begriffe ab. getDigital berichtet über die Vorgänge im eigenen Blog hier und hat uns gebeten, den Vorfall zu thematisieren. Dem kommen wir natürlich gerne nach.

Was ist von den Abmahnungen bzw. der einstweiligen Verfügung  zu halten?

Bei getDigital gibt man sich überrascht. Auch die vielen Kommentare zu der Mitteilung im hausinternen Blog lassen darauf schließen, dass man das Vorgehen der Trade Buzzer UG nicht recht nachvollziehen kann. Einige halten bereits die Marke für löschungsreif, da es nicht nachvollziehbar sei, dass man sich Begriffe des alltäglichen Lebens schützen können soll. Andere können nicht verstehen, weshalb die Verwendung  der Begriffe wie „Geek“ und „Nerd“ verboten sein soll.

Der Teufel steckt hier im Detail. Ob eine markenrechtliche Abmahnung berechtigt ist, oder nicht, das kommt – wie so oft – darauf an.

Bereits 2011 hatten wir in unserem LHR-Law-Magazin über einen Fall berichtet, in dem der Inhaber der Wort-/Bildmarke “STFU” gegen getDigital im Wege einer Abmahnung vorgegangen war, da diese T-Shirts mit eben diesem Aufdruck, nämlich “STFU” zum Kauf angeboten hatten. Die Marke war seit 6 Jahren beim DPMA unter der Registernummer 30551745 eingetragen und schützt Schmuckwaren, Bekleidungsstücke sowie Turn- und Sportartikel.

Gegenstand des Streits ist nun offenbar nicht ein Aufdruck auf dem T-Shirt selbst, sondern eine Artikelüberschrift einer eBay-Auktion: „Android fixed it – Computerfreak Geek Nerd T-Shirt”. Damit liegt der aktuelle Fall ein wenig anders als der aus dem Jahr 2011.

Markenlöschung nur bei absoluten Schutzhindernissen

Damals hatten wir darauf hingewiesen, dass ein Vorgehen gegen die Marke Erfolg versprechend wäre,wenn eine oder mehrere der Alternativen des § 8 Abs. 2 MarkenG erfüllt wären, der die absoluten Schutzhindernisse, die einer Markeneintragung entgegenstehen können, enthält. In Betracht kämen hier das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft der Bezeichnungen “Geek Nerd” nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG und ein Freihaltebedürfnis an der Bezeichnung gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Unterscheidungskraft und Freihaltebedürfnis müssen sich jedoch – und das wird oft übersehen – auf die konkreten Waren und Dienstleistungen beziehen, für die die Bezeichnung als Marke eingetragen oder eben gelöscht werden soll.

Wie dem Markenregister zu entnehmen ist, ist die Bezeichnung “Geek Nerd” für Becher, T-Shirts, Hemden, Mützen, Hosen, Pullover, Schals, Jacken, Socken, Unterwäsche eingetragen. Selbst wenn man davon ausginge, wie die Fans von getDigital dies tun, dass die Bezeichnung “Geek Nerd” seit Jahren bekannt ist und als Teil der deutschen Sprache angesehen werden kann, wäre damit in einem Löschungsverfahren noch nichts gewonnen. Denn es liegt auf der Hand, dass die Bezeichnung “Geek Nerd” weder für Becher, T-Shirts, Hemden, Mützen, Hosen, Pullover, Schals, Jacken, Socken oder Unterwäsche beschreibend oder freihaltebedürftig ist.

Ein bekanntes Beispiel für die auf den ersten Blick merkwürdige Konstellation ist die Marke “Apple”. Bekanntlich heißt Apple auf Englisch nichts anderes als Apfel auf Deutsch. Dennoch ist die Marke zu Gunsten des Unternehmens Apple eingetragen und niemand würde auf die Idee kommen, einen Löschungsantrag mit der Begründung zu stellen, dass der Bezeichnung Apple bzw. Apfel keinerlei Unterscheidungskraft bzw. ein Freihaltebedürfnis zukomme. Anders sähe dies freilich dann aus, wenn die Marke zum Beispiel für Obst bzw. Lebensmittel und nicht für Computer und Unterhaltungselektronik eingetragen wäre.

Ein Löschungsantrag ist daher so gut wie sicher zum Scheitern verurteilt.

Abmahnung nur bei markenmäßiger Nutzung

Das sagt aber noch nichts darüber aus, ob die konkrete Abmahnung berechtigt war. Dazu müsste man wissen, wie die Werbung mit der Bezeichnung “Geek Nerd” genau ausgesehen hat.

Wir hatten Anfang des Jahres 2010 bereits anlässlich einer Entscheidung des BGH, in der es um den Aufdruck der Bezeichnungen “DDR” und “CCCP” auf Kleidungsstücken ging, hier darauf hingewiesen, dass die Tatsache, dass ein bestimmtes Zeichen für eine bestimmte Klasse als Marke eingetragen wurde, nicht automatisch bedeutet, dass das konkrete Zeichen von niemandem und in keiner Weise mehr genutzt werden dürfte.

Dies gilt nämlich erstens nur im Rahmen des Schutzumfangs der Marke. Ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal einer Markenrechtsverletzung ist darüber hinaus die markenmäßige Benutzung des Zeichens. Ein markenmäßiger Gebrauch setzt voraus, dass das benutzte Zeichen aus Sicht der angesprochenen Verkehrskreise im Rahmen des Produktabsatzes auch dazu dient, Waren des einen Herstellers von denen anderer zu unterscheiden. An der markenmäßigen Verwendung fehlt es, wenn der Verkehr in dem  Begriff  keinen Hinweis auf die Herkunft der anschließend angebotenen Ware sieht. Wenn in einem Presseartikel über eine bestimmte Marke berichtet wird, ist die Verwendung des Zeichnens natürlich zulässig. Aber auch Bezeichnungen auf Produkten müssen nicht immer herkunftshinweisend benutzt werden.

Ob ein Zeichen für eine bestimmte Klasse als schutzfähig angesehen und als Marke eingetragen wird, sagt noch nichts darüber aus, ob daraus auch immer erfolgreich gegen Verwendungen des Zeichens vorgegangen werden kann. Denn ob die Überschrift einer ebay-Auktion mit der Bezeichnung “Geek Nerd” als Herkunftshinweis und somit als markenmäßig oder als lustiger “Netjargon” und als Abkürzung für die englischsprachige Bezeichnung von bestimmten Charakteren erkannt wird, kann nicht abstrakt, sondern eben nur im jeweiligen Einzelfall entschieden werden.

Gegen eine Markenrechtsverletzung spricht ein Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts aus dem Jahr 2008.

Das OLG Hamburg (OLG Hamburg, Beschluss v. 07.04.2008, Az 3 W 30/08) hatte darüber zu befinden, ob sich ein Unterlassungsanspruch aus der eingetragenen Wortmarke “Mit Liebe gemacht” gegenüber dem Aufdruck dieses Slogans auf einem Body für Babys ergebe und lehnte einen solchen Anspruch ab. Das OLG führt hierzu aus:

“Der hier zu beurteilende Aufdruck auf einem Body für Babys „Mit Liebe gemacht” gibt dem normal informierten, durchschnittlich verständigen und situationsadäquat aufmerksamen Verbraucher keinen Anlass zu der Annahme, es solle ihm mittels des Aufdrucks etwas über die betriebliche Herkunft des Produkts gesagt werden. Denn der aufgedruckte Spruch stellt eine Beziehung zu dem Träger der Textilie her, die wegen der Doppeldeutigkeit des Slogans jedermann sofort auffällt: denn Babies werden im Regelfall sowohl in der gegenständlichen Bedeutung als auch im übertragenen Sinne des Wortes mit Liebe gemacht. Darin erschöpft sich die Bedeutung des Spruches für den Konsumenten auch schon, denn er erkennt, dass der Body nur durch den Aufdruck zu einem eigenartigen Produkt wird, das sich dem Wettbewerb damit nicht im Hinblick auf die stoffliche Qualität und die Güte der Verarbeitung zu profilieren sucht, sondern denjenigen, der sein Baby damit einkleidet oder den Schenker des Produkts als witzigen Zeitgenossen ausweisen soll. Der Spruch kennzeichnet also nicht die Herkunft, sondern vielmehr die Eigenart des Produkts als solches. Es ist aber nicht Gegenstand der markengesetzlichen Regelungen, Produktschutz zu gewähren.”

Auch die Marke von Mario Barth „Nichts reimt sich auf Uschi“ ist so gut wie wertlos

Ähnliches gilt im Fall „Nichts reimt sich auf Uschi“, einer Marke von Mario Barth. Bekanntheit erlangte die Marke im Jahr 2011 durch zweifelhafte Abmahnungen des “Komikers” gegenüber Herstellern von T-Shirts, auf die der Slogan aufgedruckt war. Wir berichteten. Obwohl die damaligen Abmahnungen unberechtigt waren, blieb ein Löschungsantrag des Radiosenders Radio ffn beim Deutschen Marken- und Patentamt, der hauptsächlich damit begründet wurde, dass der Spruch ein allgemein bekanntes “geflügeltes Wort” sei, ohne Erfolg.

Der Schutzumfang von Marken kann so gering sein, dass eine Verletzung der Marke zwar theoretisch möglich, in der Praxis jedoch fast undenkbar ist. Dass manche Marke somit nahezu wertlos ist, bedeutet freilich nicht, dass sich damit nicht beim ein oder anderen unliebsamen Konkurrenten Eindruck schinden ließe. Eine solche Eintragung kann zu Abschreckungszwecken durchaus ratsam sein. Erreicht man sogar, dass der Konkurrent  nach einer Abmahnung eine Unterlassungserklärung abgibt, hat man sein Ziel erreicht. Diese gilt nämlich zwischen den Parteien unabhängig von einem gesetzlichen Anspruch. (la)

Update 20.2.2014: „LG Berlin bestätigt einstweilige Verfügung gegen getdigital.de wegen Benutzung der Bezeichnung “Geek Nerd”

Update 8.10.2014: „Kammergericht hebt einstweilige Verfügung gegen getdigital.de wegen Benutzung der Bezeichnung “Geek Nerd” auf“

(Bild: Geeks and Nerds von xkcd, CC BY-NC 2.5)

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