Veröffentlichung von PKH-Beschluss durch Host-Provider mit vollem Rubrum rechtswidrig
Die Veröffentlichung eines PKH-Beschlusses mit vollständigem Namen der Beteiligten, die eine Identifizierung der Beteiligten und insbesondere des Antragstellers möglich macht ist, verboten, wie das Landgericht Düsseldorf (LG Düsseldorf, Beschluss vom 30. November 2010 – Az. 20 T 59/1) nun entschieden hat.
Das Landgericht führt dazu aus:
(…) die Verbreitung des Beschlusses des Landgerichts Köln greift in ihrer gegenwärtigen Form in einer nicht durch die Wahrnehmung berechtigter Interessen gerechtfertigten Weise in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Antragstellers ein, indem sie ohne Weiteres dessen Identifizierung ermöglicht und den Umstand öffentlich macht, dass er in einem gerichtlichen Verfahren einen Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe gestellt hat. Zu Recht hat der Antragsteller darauf hingewiesen, dass die unkommentierte Verbreitung der Tatsache, dass er einen Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe gestellt hat, zu Rückschlüssen auf seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse führen kann. Gerade diese Verhältnisse sind jedoch seiner grundrechtlich geschützten Privatsphäre zuzurechnen. (…)
Das Amtsgericht hatte den Antrag noch mit der Begründung zurückgewiesen, dass der Antragsgegner für die Veröffentlichung nicht hafte, da er lediglich Host-Provider sei und somit nicht die Pflicht habe, die Inhalte ständig auf Rechtsverletzungen hin zu überprüfen. Das Amtsgericht hatte aber dabei offenbar übersehen bzw. falsch gewürdigt, dass der Host-Provider bereits auf die Veröffentlichung aufmerksam gemacht worden war und die Löschungsaufforderung des Antragsstellers schlicht ignoriert hatte. In diesem Stadium geht es freilich nicht mehr um die Frage, ob der Provider die Inhalte bei zumutbarer Prüfung hätte kennen müssen, da er sie zu diesem Zeitpunkt ja bereits positiv kennt.
Fazit:
Der Beschluss zeigt einmal mehr, – und das scheint vielen Internetteilnehmern nicht bewusst zu sein – dass auch wahre Tatsachen nicht wahllos verbreitet werden dürfen. Jedenfalls dann nicht, wenn sie aus einer Sphäre stammen, die die Öffentlichkeit nichts angeht. Allenfalls Umstände aus der so genannten Sozialsphäre dürfen öffentlich gemacht werden. Dies aber auch nicht immer und überall, denn auch hier können dem datenschutzrechtliche Vorschriften entgegenstehen.
Besondere Sorgfalt sollte man bei der Inkenntnissetzung des veröffentlichenden, zu diesem Zeitpunkt noch nicht haftenden Host-Providers walten lassen. Denn aus der Löschungsaufforderung müssen sich die Umstände, aus denen sich die Rechtswidrigkeit der Veröffentlichung ergeben soll, schlüssig und nachprüfbar ergeben. Auch muss dem Gegner eine angemessene Reaktionszeit eingeräumt werden, bevor gerichtliche Schritte erfolgreich eingeleitet werden können. Die Beifügung von Beweisen ist jedoch, wie bei der Abmahnung nicht notwendig. Im vorliegenden Fall scheint der Antragsteller den Gegner erst nach seinem Antrag beim Amtsgericht, dessen Beschluss vom 15.11.2010 datiert, nämlich am 23.11.2010, also nur 2 Tage vor der Beschwerde zum Landgerichts informiert zu haben. Die kurze Frist reichte dem Landgericht offenbar aus.
Schließlich zeigt der vorliegende Fall, dass es in manchen Rechtsgebieten nicht ratsam ist, das Amtsgericht um Hilfe zu bitten. Obwohl das eigentlich nicht so sein dürfte, machen auch wir häufig die Erfahrung, dass man sich dort mit Rechtsgebieten wie Äußerungs- und Urheberrecht nicht auskennt bzw. aufgrund der Belastung mit einer Vielzahl von Fällen aus zahlreichen Rechtsgebieten, keine Zeit oder Lust hat, sich mit „neumodischem Kram“ auseinanderzusetzen. Wie man sieht, hat der Amtsrichter anscheinend auch hier zwar fleißig BGH-Entscheidungen zitiert, diese aber offenbar nicht gelesen/nachvollzogen. (la)
(Bild: © marcusarm – Fotolia.com)
[:en]Die Veröffentlichung eines PKH-Beschlusses mit vollständigem Namen der Beteiligten, die eine Identifizierung der Beteiligten und insbesondere des Antragstellers möglich macht ist, verboten, wie das Landgericht Düsseldorf (LG Düsseldorf, Beschluss vom 30. November 2010 – Az. 20 T 59/1) nun entschieden hat.
Das Landgericht führt dazu aus:
(…) die Verbreitung des Beschlusses des Landgerichts Köln greift in ihrer gegenwärtigen Form in einer nicht durch die Wahrnehmung berechtigter Interessen gerechtfertigten Weise in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Antragstellers ein, indem sie ohne Weiteres dessen Identifizierung ermöglicht und den Umstand öffentlich macht, dass er in einem gerichtlichen Verfahren einen Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe gestellt hat. Zu Recht hat der Antragsteller darauf hingewiesen, dass die unkommentierte Verbreitung der Tatsache, dass er einen Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe gestellt hat, zu Rückschlüssen auf seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse führen kann. Gerade diese Verhältnisse sind jedoch seiner grundrechtlich geschützten Privatsphäre zuzurechnen. (…)
Das Amtsgericht hatte den Antrag noch mit der Begründung zurückgewiesen, dass der Antragsgegner für die Veröffentlichung nicht hafte, da er lediglich Host-Provider sei und somit nicht die Pflicht habe, die Inhalte ständig auf Rechtsverletzungen hin zu überprüfen. Das Amtsgericht hatte aber dabei offenbar übersehen bzw. falsch gewürdigt, dass der Host-Provider bereits auf die Veröffentlichung aufmerksam gemacht worden war und die Löschungsaufforderung des Antragsstellers schlicht ignoriert hatte. In diesem Stadium geht es freilich nicht mehr um die Frage, ob der Provider die Inhalte bei zumutbarer Prüfung hätte kennen müssen, da er sie zu diesem Zeitpunkt ja bereits positiv kennt.
Fazit:
Der Beschluss zeigt einmal mehr, – und das scheint vielen Internetteilnehmern nicht bewusst zu sein – dass auch wahre Tatsachen nicht wahllos verbreitet werden dürfen. Jedenfalls dann nicht, wenn sie aus einer Sphäre stammen, die die Öffentlichkeit nichts angeht. Allenfalls Umstände aus der so genannten Sozialsphäre dürfen öffentlich gemacht werden. Dies aber auch nicht immer und überall, denn auch hier können dem datenschutzrechtliche Vorschriften entgegenstehen.
Besondere Sorgfalt sollte man bei der Inkenntnissetzung des veröffentlichenden, zu diesem Zeitpunkt noch nicht haftenden Host-Providers walten lassen. Denn aus der Löschungsaufforderung müssen sich die Umstände, aus denen sich die Rechtswidrigkeit der Veröffentlichung ergeben soll, schlüssig und nachprüfbar ergeben. Auch muss dem Gegner eine angemessene Reaktionszeit eingeräumt werden, bevor gerichtliche Schritte erfolgreich eingeleitet werden können. Die Beifügung von Beweisen ist jedoch, wie bei der Abmahnung nicht notwendig. Im vorliegenden Fall scheint der Antragsteller den Gegner erst nach seinem Antrag beim Amtsgericht, dessen Beschluss vom 15.11.2010 datiert, nämlich am 23.11.2010, also nur 2 Tage vor der Beschwerde zum Landgerichts informiert zu haben. Die kurze Frist reichte dem Landgericht offenbar aus.
Schließlich zeigt der vorliegende Fall, dass es in manchen Rechtsgebieten nicht ratsam ist, das Amtsgericht um Hilfe zu bitten. Obwohl das eigentlich nicht so sein dürfte, machen auch wir häufig die Erfahrung, dass man sich dort mit Rechtsgebieten wie Äußerungs- und Urheberrecht nicht auskennt bzw. aufgrund der Belastung mit einer Vielzahl von Fällen aus zahlreichen Rechtsgebieten, keine Zeit oder Lust hat, sich mit „neumodischem Kram“ auseinanderzusetzen. Wie man sieht, hat der Amtsrichter anscheinend auch hier zwar fleißig BGH-Entscheidungen zitiert, diese aber offenbar nicht gelesen/nachvollzogen. (la)
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