Von schönen Düften und ihrer rechtlichen Markenuntauglichkeit
Düfte gehören zu den Produkten in unserer Gesellschaft, die eine Jahrhunderte lange Historie vorweisen können und nicht nur in unseren Breitengraden zum Bestandteil der Kultur geworden sind. Zu Zeiten von Ludwig XIV noch aus hygienischen Gründen notwendig, dann nach und nach von der Oberschicht als Statussymbol verwendet, entwickelten sich die schöne Düfte im 19. Jahrhundert hin zum Massenprodukt.
In unserer Zeit ist ein Duft eher zu einem Ausdrucksmittel der eigenen Persönlichkeit geworden. Die traditionelle Funktion als Statussymbol haftet den besonders wohlriechenden Düften der großen Hersteller aber auch heute noch an. Denn jeder, der ein besonders bekanntes, begehrtes und deswegen auch teures Parfum trägt, erklärt seiner Umgebung bewusst oder unbewusst, jedenfalls wahrnehmbar:
„Aufgepasst ihr Nasen, ich trage hochwertige Qualität an mir, ich trage eine Marke!“
Schutzbedüftigkeit als Marke?
Alle Verkaufsgüter, die einen besonderen wirtschaftlichen Wert in sich tragen, haben dasselbe lästige Problem: Die Nachfrage nach einem markanten Produkt weckt in Einzelnen die Begierde, sich genau diesen Marktvorteil zu Nutze zu machen. Die Rede ist von Nachahmungen und Imitationen, die dann für kleines Geld abgesetzt werden.
Auch die Branche der Düfte bleibt von diesem Übel nicht unverschont.
Das rechtliche Problem der Düfte!
Die Situation kennt fast jeder: Man trifft Freunde, umarmt sich zur Begrüßung und riecht ganz klar einen eindeutig zu erkennenden Duft. Es folgt sogleich der Satz „Das ist doch Hugo Boss/Narciso Rodriguez/Calvin Klein“. Eins ist klar: Wir können vom Duft auf die Herkunft des Duftes schließen. Damit liegt die grundsätzliche Markentauglichkeit von Düften auf der Hand. In der Realität sieht es anders aus.
Der EuGH hat 2002 in einem Grundsatzurteil (Siekmann Entscheidung, Az.: C-273-00) entschieden, wieso ein Duft nicht als Marke eingetragen werden kann. Der Kläger versuchte die Eintragung der chemischen Formel eines Duftes zu erwirken.
Ein Geruch kann grundsätzlich die Funktion einer Marke, also Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden, erfüllen (sog. Geruchsmarke). Das Problem ist das rechtliche Erfordernis der Möglichkeit einer verbrauchertauglichen „graphischen Darstellung“ der „Duftmarke“. Nach der gefestigten Rechtsprechung hierzu ist
„die graphische Darstellbarkeit einer Marke nur dann gegeben, wenn sie sich mit Hilfe von Figuren, Linien oder Schriftzeichen grafisch darstellen lässt und diese Darstellung klar, eindeutig, in sich abgeschlossen, leicht zugänglich, verständlich, dauerhaft und objektiv ist. Die Strukturformel des Duftes oder die Worte seiner Bestandteile können nicht als Marke eingetragen werden. Die Wiedergabe der chemischen Formel ist ausschließlich einem Fachpublikum zugänglich. Der Verbraucher, auf den es entscheidend ankommt, kann mit dieser Formel nichts anfangen.“
Lichtblicke der Rechtsprechung und Wissenschaft
In einem jüngeren Urteil hat der EuGH (Entscheidung vom 18.06.2009, C-487/07, „L´Oreal“) jedoch den Weg für eine Art „indirekten Markenschutz“ von Düften geebnet und den Herstellern ihren Kampf gegen die „Duftpiraterie“ erleichtert.
In dem entschiedenen Fall hatten Hersteller von Imitationen Vergleichslisten an potentielle Abnehmer verteilt, in denen Markenparfums mit angeblich korrespondierenden Duftimitaten verknüpft wurden.
Solche Vergleichslisten stellen nach Rechtsprechung des EuGH eine vergleichende Werbung dar, die unter Umständen zulässig sein kann. Die Grenze zur Unzulässigkeit ist nach den Entscheidungsgründen des EuGH im Fall „L’Oreal“ jedoch dann überschritten, wenn der werbende Nachahmer die bekannte Marke mit der Absicht nennt, beim Publikum eine gedankliche Verbindung zur Absatzsteigerung des eigenen Produkts zu schaffen. Der nachahmende Hersteller, der sich die Sogwirkung und den Ruf des bekannten Duftes zu wirtschaftlichen Zwecken zu Nutze macht, ohne hierfür eine Gegenleistung zu erbringen handelt unlauter..
Auch in der Wissenschaft werden Ansätze diskutiert, um einen rechtlichen Schutz des Duftes vor Nachahmung zu gewährleisten. Dabei wird in einem Lösungsansatz der Weg über das Urheberrecht vorgeschlagen. Rechtlich ist es durchaus denkbar, die chemische Formel sowie die Zusammensetzung der Einzelbestandteile als Werk in Form eines Schriftwerks oder einer wissenschaftlichen Darstellungen einzuordnen. Jedoch ist dies aus praktischen Gründen nicht zielführend. Denn es ist möglich andere Bestandteile zu nehmen und daraus ein Gemisch zu „brauen“, dass einem bekannten Duft zum Verwechseln ähnelt.
Fazit
Zumindest hat die Rechtsprechung und Literatur erkannt, dass auch Düften ein rechtlicher Schutz vor Nachahmung zu gewähren ist. Es ist tatsächlich ein Dilemma, dass die rechtlichen Erfordernisse einer Marke mit den derzeitigen wissenschaftlichen Verfahren die Erfassung eines Duftes nicht ermöglichen.
Aber wir wissen, dass sich die Wissenschaft genauso wie das Recht stetig fortentwickelt. Am Ende bleibt also immerhin die Hoffnung. (Af/Ro)
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