DSGVO: Die E-Mail am Arbeitsplatz und der Datenschutz
Der personalisierte E-Mail-Account ist allgegenwärtig. Sowohl im Privat- als auch im Berufsleben ist er im Einsatz. Gerade im Arbeitsverhältnis können derartige personalisierte E-Mail-Adressen insbesondere nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers den Arbeitgeber vor Herausforderungen stellen.
Der folgende Beitrag soll einen Überblick über die aktuelle Rechtslage und etwaigen Änderungen durch die neue Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), die ab dem 25.05.2018 gilt, in Arbeitsverhältnissen verschaffen.
Wer ich bin und wo ich arbeite
Der Arbeitgeber stellt dem Arbeitnehmer häufig im Rahmen des Arbeitsverhältnisses einen personalisierten E-Mail-Account zur Verfügung, um die erforderliche geschäftliche Kommunikation führen zu können. In manchen Fällen gestattet der Arbeitgeber auch die private Nutzung des bereit gestellten geschäftlichen E-Mail-Accounts.
Die personalisierte E-Mail-Adresse besteht häufig aus dem Vor- und Nachnamen des Arbeitnehmers sowie dem Unternehmensnamen. Dadurch entstehen personenbezogene Daten, die dem Schutz des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) und der DSGVO unterfallen.
Arbeitnehmer geht, E-Mail-Account bleibt
Problematisch wird die Einrichtung eines personalisierten E-Mail-Accounts samt E-Mail-Adresse, wenn der Arbeitnehmer das Unternehmen verlässt. In diesem Fall stellt sich dem Arbeitgeber die Frage, wie er mit dem betroffenen E-Mail-Account zu verfahren hat.
Auf der einen Seite ist der Arbeitnehmer daran interessiert, dass sein E-Mail-Account nicht weiter genutzt wird. Auf der anderen Seite möchte der Arbeitgeber den reibungslosen Ablauf des Geschäftsbetriebs, worunter die geschäftliche Korrespondenz fällt, gewährleisten.
Unproblematisch ist es, wenn der Arbeitgeber die private Nutzung des geschäftlichen E-Mail-Accounts (ausdrücklich) nicht gestattet hat. Dann darf er den E-Mail-Account einsehen und gezielt nach geschäftlichen E-Mails durchsuchen.
Wie die Situation zu beurteilen ist, wenn der Arbeitgeber die private Nutzung des geschäftlichen E-Mail-Account (zumindest konkludent) gestattet hat, ist bisher rechtlich noch umstritten. Es ist nämlich zu berücksichtigen, dass mit der weiteren Nutzung des personalisierten E-Mail-Accounts (z.B. automatische Weiterleitung an eine andere E-Mail-Adresse oder automatische Antwort) stets ein Eingriff in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des ausgeschiedenen Arbeitnehmers erfolgt.
Bisherige Rechtslage
Die Arbeitnehmer werden bisher durch unterschiedliche Gesetze geschützt. Neben dem bisherigen BDSG werden sowohl das Telekommunikationsgesetz (TKG) und das Telemediengesetz (TMG) bei der Berücksichtigung datenschutzrechtlicher Anforderungen angewendet.
Die Benutzung des geschäftlichen personalisierten E-Mail-Accounts unterfällt dem TKG. Während insbesondere Datenschutzaufsichtsbehörden den Arbeitgeber als Telekommunikationsanbieter im Sinne des TKG einordnen, der an das Fernmeldegeheimnis des § 88 Abs. 2 S. 1 TKG gebunden ist, lehnen die Gerichte (u.a. LAG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 16.02.2011, Az. 4 Sa 2132/10; VGH Baden-Württemberg, Urteil v. 30.07.2014, Az. 1 S 1352/2013) bisher diese Einordnung ab.
Das Fernmeldegeheimnis untersagt, sich oder anderen über das für die geschäftsmäßige Erbringung der Telekommunikationsdienste einschließlich des Schutzes ihrer technischen Systeme erforderliche Maß hinaus Kenntnis vom Inhalt oder den näheren Umständen der Telekommunikation zu verschaffen (§ 88 Abs. 3 S. 1 TKG).
DSGVO und BDSG (neue Fassung)
Nach Art. 88 DSGVO können die Mitgliedsstaaten der EU Rechtsvorschriften zur Gewährleistung des Schutzes der Rechte und Freiheiten hinsichtlich der Verarbeitung personenbezogener Beschäftigtendaten im Beschäftigungskontext erlassen. Der Umfang des Beschäftigungsverhältnisses ergibt sich dabei aus den in Art. 88 Abs. 1 DSGVO exemplarisch aufgeführten Zwecke. Im Übrigen richtet sich die zulässige Verarbeitung nach den allgemeinen Vorschriften der Art. 6 Abs. 1 und Art. 9 Abs. 1 und 2 DSGVO.
Deutschland hat von dem Recht aus Art. 88 DSGVO Gebrauch gemacht und so gilt ebenfalls ab dem 25.05.2018 das BDSG in seiner neuen Fassung (nF). § 26 Abs. 1 S. 1 BDSG (nF) konkretisiert das Beschäftigungsverhältnis im Sinne der DSGVO dahingehend, dass auch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses umfasst ist.
26 Abs. 1 S. 1 BDSG (nF) übernimmt die Regelung des bisherigen § 32 Abs. 1 S. 1 BDSG und ergänzt diese durch den Rechtfertigungsgrund der Erfüllung einer gesetzlichen oder kollektivrechtlichen Pflicht:
„Personenbezogene Daten von Beschäftigten dürfen für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses verarbeitet werden, wenn dies für die Entscheidung über die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses oder nach Begründung des Beschäftigungsverhältnisses für dessen Durchführung oder Beendigung oder zur Ausübung oder Erfüllung der sich aus einem Gesetz oder einem Tarifvertrag, einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung (Kollektivvereinbarung) ergebenden Rechte und Pflichten der Interessenvertretung der Beschäftigten erforderlich ist.“
Offen bleibt bei dieser Regelung vor allem, wann die Verarbeitung „erforderlich“ ist. Eindeutige Hinweise hierzu gibt es weder in dem Gesetzestext noch in der Gesetzesbegründung.
Initiative ergreifen und Vereinbarungen treffen
Auch mit der ab dem 25.05.2018 geltenden DSGVO und dem neuem BDSG ist eine eindeutige Beantwortung der Frage, wie mit dem personalisiertem E-Mail-Account des ausgeschiedenen Arbeitnehmers umzugehen ist, nicht möglich. Es wird dauern bis sich eine einschlägige Rechtsprechung in der EU und in Deutschland sowie eine gefestigte Literaturmeinung hierzu gebildet haben. Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollten aus Gründen der Klarheit und auch Rechtssicherheit daher eine eigene Vereinbarung über die Nutzung des geschäftlichen E-Mail-Accounts treffen.
Der Arbeitgeber kann einen Konflikt der jeweiligen (berechtigten) Interessen vermeiden, indem er ausdrücklich die Nutzung des zur Verfügung gestellten E-Mail-Accounts zur privaten Kommunikation entweder erlaubt oder untersagt. Vorsichtshalber kann er sich von dem Arbeitnehmer auch die ausdrückliche Einwilligung in die weitere Nutzung des E-Mail-Accounts geben lassen.
Der Arbeitnehmer dagegen sollte sich vor der Abgabe einer solchen Einwilligung informieren, zu welchem Zweck und in welchem Umfang der E-Mail-Account nach seinem Ausscheiden aus dem Unternehmen genutzt wird.
Lesen Sie hier alle wichtigen Beiträge zur DSGVO:
- Abgeordneter warnt: “Es wird bei der EU-DSVGO kein Pardon geben!”
- DSGVO: Der Datenschutz und die Fotografie
- DSGVO: Google kündigt neue Spielregeln für Werbetreibende an
- DSGVO: Wann benötigen Unternehmen einen Datenschutzbeauftragten?
- DSGVO: Die E-Mail am Arbeitsplatz und der Datenschutz
- Service gegen Daten: Nach dem Kopplungsverbot der DSGVO nun nicht mehr erlaubt?
- DSGVO: Der Datenschutz und die Fotografie
- 3 Dinge, die man zur DSGVO-Abmahnwelle wissen muss
- OLG Köln gibt Entwarnung für Fotografen: KUG gilt auch nach der DSGVO weiter
- Rechtsanwältin Rosenbaum in der WDR-Servicezeit zum Thema “DSGVO – ändert sich für Fotografen?”
- DSGVO-Abmahnungen: LG Würzburg erlässt erste einstweilige Verfügung gegen Rechtsanwältin
- DSGVO-Abmahnungen: LG Bochum weist Antrag auf einstweilige Verfügung zurück
- DSGVO: Muss die Wiener Hausverwaltung 220.000 Klingelschilder entfernen?
- DSGVO-Abmahnungen: EU-Kommission hält die Rechtsbehelfe Betroffener für abschließend geregelt
- DSGVO-Abmahnungen eingeschränkt möglich: OLG Hamburg vertritt vermittelnde Ansicht
- DSGVO-Abmahnungen: LG Wiesbaden sagt Nein zu “Abmahnbarkeit”
- DSGVO-Abmahnungen: 50 € Schmerzensgeld pro Spam-EMail?
- Erstes Bußgeld wegen DSGVO-Verstoß: 20.000 € gegen die Chatplattform knuddels.de
- 7 Dinge, die man zum EU-Vertreter nach Art. 27 DSGVO wissen muss
- Haare schneiden ist keine Kunst – DSGVO/KUG Urteil zur Veröffentlichung von Werbevideos
- DSGVO: Wann liegt eine Auftragsdatenverarbeitung im Onlinehandel vor?