„Fridays for Future“: Von der Graswurzelbewegung zur europaweit geschützten Marke?
In der medialen Öffentlichkeit ist es bereits ein Label, jetzt soll es eine geschützte Marke werden: die Klimaschutzbewegung „Fridays for Future“, die am 20. August 2018 im Zuge des „Skolstrejk för klimatet“ (deutsch: Schulstreik fürs Klima) der damals 15-jährigen Klimaschutzaktivistin Greta Thunberg ihren Anfang nahm.
Zwei für Greta Thunberg
Die in Schweden lebende 54-jährige Australierin Janine O’Keeffe hat bereits im November für Greta Thunberg und ihre Schwester Beata Ernman Thunberg beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum im spanischen Alicante den europaweiten Schutz von „Fridays for Future“ als Marke beantragt. Eine Stockholmer Stiftung hat sich im Dezember mit einem eigenen Antrag ebenso an die Behörde gewandt, gleichfalls mit dem Wissen und der Zustimmung der „Fridays for Future“-Initiatorin Greta Thunberg. Das EU-Amt wird demnächst entscheiden, ob die so wirkmächtige Kinder- und Jugendbewegung Markenschutz beanspruchen kann. Dazu sind vorab einige Fragen zu klären.
Lässt sich „Fridays for Future“ überhaupt markenrechtlich schützen?
Grundsätzlich lässt sich auch der Name einer politischen Bewegung für mehr Klimaschutz als Marke schützen. Nur allgemeingebräuchliche Alltagsbegriffe sind vom Markenschutz ausgeschlossen. Also könnten weder „Fridays“ noch „Future“ geschützt werden, „Fridays for Future“ hingegen prinzipiell schon. Der Schutz würde zunächst für zehn Jahre gelten, kostet eine Gebühr und kann verlängert werden.
Was wäre im Fall einer positiven Entscheidung geschützt?
In den Anträgen geht es vor allem um Merchandisingprodukte, die unter dem „Fridays for Future“-Label auf den Markt gebracht werden könnten: also Bekleidung, Taschen, Accessoires. Dazu Dienstleistungen, die mit „Fridays for Future“ in Verbindung gebracht werden können, also Werbeaktionen sowie Bildungs- und Forschungsarbeit zu sozialen und politischen Themen, insbesondere zum Klima- und Umweltschutz. Schließlich auch immaterielle Güter wie Finanzprodukte, Preise, Konferenzen oder sportliche Aktivitäten dürften dann nicht mehr von jemand anderem als dem Markeninhaber mit dem Schriftzug „Fridays for Future“ vermarktet werden. Insgesamt sind es weit über 100 Nutzungsformen, die durch den Schutz dem Rechteinhaber allein obliegen.
Was ist der Zweck eines solchen Markenschutzes?
Kurz gesagt: Nicht vorrangig, selbst mit der Marke Geld zu verdienen, sondern zu verhindern, dass Andere das tun. Oder – sicher auch ein Motiv –, dass unter dem Labeling „Fridays for Future“ Themen und Haltungen beworben, besprochen oder unterrichtet werden, die der inhaltlichen und weltanschaulichen Ausrichtung der Klimaschutzbewegung widersprechen. Also: Der Markenschutz sorgt dafür, dass kein Konzern eine Konferenz, bei der es um die Förderung des klimaschädlichen Verbrennungsmotors geht oder die Vorzüge der Kohleverstromung angepriesen werden, als „Fridays for Future“-Veranstaltung laufen lässt. Oder dass ein Reisebüro – ökonomischen Nutzen mit ökologischem Schaden kombinierend – Wochenendtrips mit dem Flugzeug als „Fridays for Future“-Tours verkauft.
Was müsste passieren, damit der Markenschutz Bestand hat?
Ein Problem wäre es allerdings, wenn dieser Verhinderungszweck die einzig erkennbare Folge aus dem Markenschutz wäre. Denn dafür ist das Markenschutzrecht nicht gemacht: Sich eine Marke zu sichern, damit andere sie nicht nutzen können. Eine Marke muss vermarktet werden. Es muss erkennbar sein, dass man selbst einen wirtschaftlichen Nutzen aus dem Schutz der Marke „Fridays for Future“ ziehen will, also die erwähnten Merchandisingprodukte tatsächlich anbietet, gegen Geld. In welchem Umfang das geschehen muss, ist Auslegungssache und könnte nach erteiltem Markenschutz rasch die Gerichte beschäftigen.
Markenschutz als Eigentor?
So berechtigt die Befürchtungen und die Vorsichtsmaßnahmen dagegen sind, so fraglich bleibt doch, ob man der Bewegung damit nicht einen Bärendienst erweist. Schließlich sieht man sich bei „Fridays for Future“ als verhältnismäßig unorganisierte, kapitalismuskritische Graswurzelbewegung. Beginnt man die Bewegung zu verrechtlichen und – wenn auch nur pro forma – zu kommerzialisieren, könnte es ihr schaden, auch, wenn niemand zu fürchten braucht, die Verwendung von Logo und Schriftzug auf den freitäglichen Demos könnte rechtliche Konsequenzen haben, denn das wäre kein Verstoß gegen den beantragten Markenschutz, und auch, wenn die Einnahmen aus dem – vermutlich durchaus ertragreichen – Merchandising in Klimaschutzprojekte wie Aufforstungsprogramme oder Forschungsvorhaben investiert würde, es bliebe ein Beigeschmack. „Fridays for Future“ wäre dann nicht mehr das, was es war. Es wäre dann – nur eine Marke.
Der Beitrag stammt von unserem freien Autor Josef Bordat. Er ist Teil unserer Reihe “Berichte aus der Parallelwelt”. Dort werfen Autoren aus anderen Fachbereichen einen Blick auf die Rechtswissenschaft in Theorie und Praxis. Die Beiträge betrachten, anders als unsere sonstigen Fachbeiträge Begebenheiten und Rechtsfälle daher auch nicht juristisch, sondern aus einem völlig anderen Blickwinkel. Aus welchem, das soll der Beurteilung der Leser überlassen bleiben. Interessant wird es, wie wir meinen, allemal.