Vitalis Knuspermüsli: Dr. Oetker muss Nährwerte klarer kennzeichnen
vītālis (Latein) bedeutet: Leben erhaltend, Lebenskraft habend oder gebend. Ermutigt uns dieses kleine Wort vielleicht ein bestimmtes Lebensmittel zu kaufen, weil wir denken, es sei „gesund“ oder habe gute Nährwerte?
Meist werden dann noch einige Nährwertangaben auf die Vorderseite der Verpackung gedruckt um die Produktbezeichnung zu bekräftigen. So ging auch das Unternehmen Dr. Oetker vor. Kassierte jedoch nun vom EuGH eine Niederlage.
Streit um Nährwertangaben
Der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs ging ein Rechtsstreit zwischen dem Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. (vzbv) und dem Bielefelder Lebensmittelunternehmen Dr. Oetker voraus. Das Unternehmen hatte bei einem Müsli mit dem Namen „Vitalis Knuspermüsli Schoko & Keks“ auf der Vorderseite der Verpackung Angaben zum Brennwert und zu den Mengen an Fett, gesättigten Fettsäuren, Zucker und Salz gemacht, die sich ausschließlich auf eine 40-Gramm-Portion Müsli mit lediglich 60 Milliliter Milch mit einem Fettgehalt von 1,5 % bezogen – ganz schön viele Informationen auf einmal. Der vzbz sah darin eine „Kalorienschönrechnerei“ und klagte gegen das Vorgehen bis vor den Bundesgerichtshof (BGH).
Ziel des vzbv war es, Dr. Oetker zu verpflichten, die Nährwertekennzeichnung auf der Vorderseite einer Müslipackung mit den Anforderungen der Verordnung betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel (Verordnung Nr. 1169/2011) in Einklang zu bringen. Unter diesen Umständen beschloss der BGH dann, das Verfahren auszusetzen und dem Europäischen Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:
„1. Ist Art. 31 Abs. 3 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 1169/2011 dahin auszulegen, dass diese Regelung allein für Lebensmittel gilt, bei denen eine Zubereitung erforderlich und die Zubereitungsweise vorgegeben ist?
2. Falls Frage 1 zu verneinen ist: Meint die Wortfolge „je 100 g“ in Art. 33 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 1169/2011 allein 100 Gramm des Produkts zum Zeitpunkt des Verkaufs oder aber – zumindest auch – 100 Gramm des zubereiteten Lebensmittels?“
Nährwerte müssen einfach und leicht verständlich sein
Fraglich sei demnach zunächst, ob die Müslihersteller überhaupt zwischen den Bezugsgrößen „Verkauftes Produkt“ und „zubereitetes Produkt“ wählen durften. Das hänge davon ab, ob Art. 31 der Lebensmittel-Informationsverordnung (LMIV) allein für Lebensmittel gelte, bei denen eine Zubereitung erforderlich und deren Zubereitungsweise vorgegeben sei (wie etwa bei Instant-Pudding). Gelte die Norm auch für Müsli, welches man auf mehrere Weisen zubereiten kann, habe die Herstellerin die freie Wahl, so der BGH. Der Sinn der LMIV liege darin, dem Verbraucher die Vergleichbarkeit der Produkte in unterschiedlichen Packungsgrößen zu ermöglichen. Daher sollten die Informationen einfach und leicht verständlich sein. Die Richter sind der Auffassung, da das Knuspermüsli auf vielerlei Arten zubereitet werden könne, seien die Angaben für das essfertige Produkt für einen Vergleich unbrauchbar. Wechsle das Unternehmen innerhalb einer Packung dann noch zwischen den Bezugsgrößen Trockenmüsli und dem essfertigen Müsli, erhöhe es die Gefahr der Irreführung der Verbraucher.
EuGH: Informationen sollen Vergleich von Lebensmitteln sicherstellen
Auch der EuGH verwies darauf, dass die Informationen zum Nährwert „einfach und leicht verständlich“ seien und einen Vergleich von Lebensmitteln sicherstellen sollten. Aus den Erwägungsgründen ergebe sich, dass dann, wenn ein Lebensmittel – wie hier – auf unterschiedliche Weise zubereitet werden kann, die Informationen über den Brennwert und die Nährstoffmengen des Lebensmittels, wenn es gemäß dem Vorschlag des Herstellers zubereitet worden ist, keinen Vergleich mit den entsprechenden Lebensmitteln anderer Hersteller zulasse. Das aus dem Grund, dass die Berechnung des Brennwerts und der Nährstoffmengen eines Erzeugnisses, das auf unterschiedliche Weise zubereitet werden kann, definitionsgemäß ungewiss sei, da sie zwangsläufig je nach Zubereitungsart variiere. Die fehlende Vergleichbarkeit könne auch nicht dadurch geheilt werden, dass die Werte für eine Portion an anderer Stelle auf der Verpackung mit den Werten je 100 Gramm des Erzeugnisses zum Zeitpunkt des Verkaufs angegeben werden. Denn bereits in einem Urteil im Jahr 2015 entschied der EuGH, dass der Umstand, dass das Verzeichnis der Zutaten auf der Verpackung des betreffenden Erzeugnisses angebracht ist, für sich allein nicht ausschließen könne, dass die Kennzeichnung und die Art und Weise, in der sie erfolge, geeignet sein könnte, den Käufer irrezuführen.
Dementsprechend erfordere es bei Müsli – für die entsprechende Vergleichbarkeit – dass sich die Angaben auf das Lebensmittel zum Zeitpunkt des Verkaufs beziehen. Grund dafür ist gerade, dass es außer fettarmer Milch zum Beispiel auch mit Joghurt, Quark, Fruchtsäften oder Früchten zubereitet werden könne.
Kalorienschönrechnerei bei Lebensmitteln
Damit waren die von D. Oetker jahrelang verwendeten Angaben auf dem Knuspermüsli nicht zulässig. Der klägerische Verband begrüßt die Klarstellung des Gerichtshofs, denn so sei für mehr Transparenz und Klarheit gesorgt worden. Im Prinzip schiebt diese Entscheidung sinnbildlich einen Riegel vor die Kalorienschönrechnerei bei etlichen Lebensmitteln.