Übersicht
In der Praxis häufen sich vermehrt Fälle, in denen Kriminelle WordPress-Seiten nutzen, um andere Menschen zu diffamieren und zu erpressen. Sie verwirklichen häufig die Straftatbestände der Beleidigung, üble Nachrede, Verleumdung und Erpressung.
Die Betroffenen werden in ihrem (Unternehmens-) persönlichkeitsrecht verletzt. Ihr guter Ruf wird erheblich geschädigt. Große finanzielle Schäden können die Folge sein.
Auf der folgenden Themenseite erfahren Sie, welche rechtlichen Ansprüche Ihnen als Opfer zustehen. Diese können sich sowohl gegen die Betreiberin des Webblogs – Automattic Inc. – als auch gegen den Verfasser der Seite richten.
Kann ich von Wordpress Auskunft über die Identität des Verfassers verlangen?
Lange Zeit ging dies nicht. Selbst dann nicht, wenn die persönlichkeitsrechtsverletzende Äußerung unstrittig war. Internetportale waren nach Ansicht des Bundesgerichtshofs aufgrund fehlender gesetzlicher Ermächtigungsgrundlage nicht befugt, ohne Einwilligung eines Nutzers dessen personenbezogenen Daten zu übermitteln (BGH, Urteil v. 1.7.2014, Az. VI ZR 345/13).
Zivilrechtlicher Auskunftsanspruch
Seit 2017 gestattet § 14 III–V TMG Diensteanbietern unter bestimmten Voraussetzungen, Auskunft über bei ihnen vorhandene Bestandsdaten zu erteilen, soweit dies zur Verfolgung rechtswidriger Inhalte erforderlich ist. Zunächst war ungeklärt, ob die Vorschrift nur soziale Netzwerke iSv § 1 I NetzDG erfasst. Im Jahr 2019 hat der BGH klargestellt, dass sich die Vorschrift auf alle Diensteanbieter iSv § 2 S. 1 Nr. 1 TMG und somit auch auf Plattformen wie YouTube bezieht (vgl. BGH, Beschluss v. 24.9.2019, Az.VI ZB 39/18).
Um dem Anbieter die Erteilung der Auskunft zu ermöglichen, muss der Betroffene gem. § 14 IV 1 TMG eine gerichtliche Anordnung erwirken. § 14 III TMG gestattet dem Diensteanbieter lediglich, Auskunft zu erteilen, gewährt jedoch keinen Anspruch des Betroffenen. Dieser ergibt sich aus Treu und Glauben (§ 242 BGB).
Für die erforderliche besondere rechtliche Beziehung zwischen Berechtigtem und Verpflichtetem genügt ein gesetzliches Schuldverhältnis, wie zum Beispiel ein aus §§ 823, 1004 BGB folgender Unterlassungsanspruch (vgl. BGH NJW 2014, 2651; OLG Celle Beschl. v. 7.12.2020 – 13 W 80/20, BeckRS 2020, 37765). Dies stellt der BGH ausgerechnet in der Entscheidung fest, mit der er die Befugnis zur Erteilung der Auskunft durch den Plattformbetreiber im Hinblick auf den Datenschutz noch verneint hatte. Dieses Hindernis dürfte nun beseitigt sein.
Strafanzeige
Darüber hinaus sollte Strafanzeige gegen Unbekannt gestellt werden. Hat sich der Urheber der WordPress-Seite mit seinen persönlichen Daten im Portal angemeldet, können ihn die Strafverfolgungsbehörden identifizieren. Dies zwar wird nur selten der Fall sein. Weiterhelfen könnte jedoch, dass die Staatsanwaltschaft die genutzte IP-Adresse von WordPress verlangen darf.
Habe ich einen Unterlassungsanspruch?
Sie können vom Portalbetreiber verlangen, dass dieser unterlässt, die WordPress-Seite öffentlich zugänglich zu machen.
Früher: Hinweis auf eine offensichtliche, auf den ersten Blick klar erkennbaren Rechtsverletzung notwendig
Noch in einer Entscheidung aus dem Jahre 2018 (BGH, Urteil v. 27.2.2018, Az. VI ZR 489/16) ging der Bundesgerichtshof davon aus, dass den Suchmaschinenbetreiber erst dann Verhaltenspflichten treffen, wenn er durch einen konkreten Hinweis Kenntnis von einer „offensichtlichen, auf den ersten Blick klar erkennbaren Rechtsverletzung“ erlangt hat. In einer Entscheidung aus dem Jahre 2016 hat er für Hostprovider entschieden, das diese nur tätig werden müssten, wenn die Beanstandung des Betroffenen so konkret gefasst sei, dass der Rechtsverstoß auf der Grundlage der Be-hauptung des Betroffenen “unschwer“ bejaht werden kann.
Jetzt: Ein einfacher Hinweis genügt
Diese Rechtsprechung dürfte überholt sein.Der BGH hat am 27.7.2020 in zwei Verfahren (VI ZR 405/18 und VI ZR 476/18) über das Recht auf Vergessenwerden entschieden, wonach der Verantwortliche einer Suchmaschine nicht erst dann tätig werden muss, wenn er von einer offensichtlichen und auf den ersten Blick klar erkennbaren Rechtsverletzung des Betroffenen Kenntnis erlangt.
Die Aufgabe der Beschränkung der Haftung auf “unschwer erkennbare” bzw. “offensichtliche” bzw. “klare” Rechtsverstöße erkennbaren Haftung, die der BGH ausdrücklich für Suchmaschinenbetreiber und in einem Fall der DSGVO postuliert hat, gilt für “normale“ Hostprovider, wie WordPress in Bezug auf Persönlichkeitsrechtsverletzungen erst recht. Denn anders, als zum Beispiel Google, stehen Hostprovider mit den Personen, deren Inhalte sie im Internet abrufbar machen, erstens in einem Auftragsverhältnis, so das ihnen die Ermittlung des wahren Sachverhalts durch Kontaktaufnahme mit dem Äußernden sowohl tatsächlich als auch rechtlich ein Leichtes ist. Zweitens entspringen die Regelungen des Datenschutzes im weitesten Sinne ebenfalls dem Persönlichkeitsrechtsschutz, sodass auch insoweit die gleichen Maßstäbe zu gelten haben.
Ungeachtet dessen empfiehlt es sich natürlich, WordPress schriftlich konkret und ausführlich zur Löschung der Seite unter Mitteilung des persönlichkeitsrechtsverletzenden Sachverhalts aufzufordern.
Kann ich von WordPress Schadensersatz verlangen?
Ein Schadensersatzanspruch gegen WordPress ist denkbar, wenn Ihnen durch das Untätigbleiben ein Schaden entstanden ist.
Kann ich in WordPress in Deuschland verklagen?
WordPress bzw. das Betreiberunternehmen Automattic Inc. hat seinen Unternehmenssitz in San Francisco in den USA. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob Auttomatic Inc. in Deutschland überhaupt verklagt werden kann. Dies ist grundsätzlich möglich. Bei Rechtsverletzungen im Internet ist jeder Ort Erfolgsort, an dem die Internetseite aufgerufen werden kann. Schwierigkeiten kann bereiten, dass Automattic Inc. deutsche Urteil in der Vergangenheit nicht akzeptiert und stattdessen auf den amerikanischen Rechtsweg verwiesen hat.
Ansprüche gegen den Verfasser der WordPress-Seite
Sollte der Verfasser der WordPresse-Seite identifiziert werden können, haben Sie natürlich Ansprüche gegen diesen. Ein Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch ergibt sich für Sie aus §§ 823 Abs. 2 BGB, 1004 BGB analog in Verbindung mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art. 2 I, 1 I GG). Auf diese Weise können Sie die Löschung der WordPress-Seite erzwingen. Mit Hilfe einer Abmahnung, die durch einen spezialisierten Rechtsanwalt formuliert werden sollte, kann der Verfasser zudem zur Abgabe einer strafbewährten Unterlassungsverfügung veranlasst werden. In diesem Fall muss er für jeden Fall der Zuwiderhandlung eine angemessene Vertragsstrafe zahlen.
Sofern Ihnen durch die Persönlichkeitsrechtverletzung ein Schaden entstanden ist, können Sie auch ein Schadensersatzanspruch geltend machen. Anspruchsgrundlagen ergeben sich vor allem aus dem Deliktsrecht (§ 823 Abs. 1 BGB, § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. dem verwirklichten Straftatbestand, § 826 BGB).