Mehrfach ausgezeichnet.

Focus Markenrecht
en

Werbung von Sachverständigen

Wer darf wann mit welchen Angaben werben?

Ihr Ansprechpartner

Werbung ist auch für Sachverständige ratsam und grundsätzlich auch erlaubt. Dies gilt erst recht in Pandemiezeiten. Nur wer effektiv für sich wirbt, kann auf sich aufmerksam machen und sich von der Konkurrenz abgrenzen.

Nicht jede Art von Werbung für Sachverständige ist rechtlich zulässig. Wir erläutern worauf Sachverständige bei Werbeäußerungen achten müssen und welche Konsequenzen bei unzulässiger Werbung drohen.

Wer darf sich als Sachverständiger bezeichnen?

Die Rechtsprechung verlangt für die zulässige Bezeichnung „Sachverständiger“ eine überragende Sach- und Fachkunde in einem konkret definierten Sachgebiet (BGH, NJW-RR 1997, 1193 – selbsternannter Sachverständiger). Eine überragende Sach- und Fachkunde wird bei Personen vermutet, die einen auf das Sachgebiet bezogenen Meisterbrief besitzen, einen erfolgreichen Abschluss als Techniker erlangt haben, oder über einen entsprechenden Ingenieurtitel verfügen.

Seit der oben genannten Grundsatzentscheidung des BGH gibt es auch den so genannten „Autodidakten“. Wer sich die zu fordernde Sachkunde autodidaktisch aneignet, darf sich als Sachverständiger in einem bestimmten Sachgebiet bezeichnen. Es kommt allein auf den Nachweis einer überragenden Sach- und Fachkunde an. Eine entsprechende Ausbildung ist nicht zwingend erforderlich.

Dürfen Sachverständige werben?

Es existiert kein spezielles Bundes- oder Landesgesetz, das die zulässige und unzulässige Werbung von Sachverständigen regelt. Sachverständigen ist es grundsätzlich erlaubt für sich zu werben. Werbeverbote bzw. Werbebeschränkungen, die in Satzungen von Bestellbehörden enthalten sein können, lassen sich nur schwer mit der Verfassung vereinbaren.

Dies bedeutet nicht, dass Sachverständige bei Werbemaßnahmen keinen Einschränkungen unterliegen. Sie müssen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) – insbesondere die §§ 1-7 UWG – beachten. Unlautere, irreführende und auch diskriminierende Werbung ist allen Sachverständigen untersagt.

Wer beispielsweise nicht Mitglied im Bundesverband öffentlich bestellter und vereidigter sowie qualifizierter Sachverständiger e.V. (BVS) ist, darf auch nicht unter Verwendung des Verbandsemblems mit einer solchen Mitgliedschaft werben (LG Stuttgart, Versäumnisurteil vom 13.12.2021, Az. 37 O 52/21 – wir berichteten). Soweit das Emblem oder das Logo des Verbands als Marke eingetragen ist, kann darüber hinaus eine markenrechtliche Abmahnung des Markeninhabers drohen.

Für öffentlich bestellte Sachverständige gelten zusätzliche Bestimmungen aus der Sachverständigenordnung der Bestellkörperschaften.

In strafrechtlicher Hinsicht ist § 132 a Abs. 1 Nr. 1 Strafgesetzbuch (StGB) zu beachten. Wer unbefugt die Bezeichnung öffentlich bestellter Sachverständiger führt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft. Dies gilt auch für Bezeichnungen, die der Bezeichnung „öffentlich bestellter Sachverständiger“ zum Verwechseln ähnlich sind, § 132 a Abs. 2 StGB.

Für Werbemaßnahmen auf der eigenen Internethomepage ist § 5 Telemediengesetz (TMG) einzuhalten. Die Vorschrift enthält Mindestinformationspflichten für Anbieter von Webinhalten.

Wie dürfen Sachverständige werben?

Werbemaßnahmen müssen das sog. Sachlichkeitsgebot beachten. Der Deutsche Gutachter und Sachverständigenverband (DGuSV) nimmt eine Verletzung des Sachlichkeitsgebots an, wenn die Werbung des Sachverständigen übertrieben, reklamehaft oder marktschreierisch ist. In eine wertende Betrachtung seien Anlass, Zweck, Mittel und Begleitumstände der Werbung miteinzubeziehen.

Als Beispiele für eine Verletzung des Sachlichkeitsgebots nennt der DGuSV folgende Konstellationen:

  • Werbung mit der Angabe „führende Kanzlei deutschen Ursprungs und Partner Nummer 1 im internationalen Mittelstand“ (LG Nürnberg-Fürth, NJW. 2004, 689)
  • Hinweis auf Rekordwachstum (LG Nürnberg-Fürth, NJW 2004, 689)
  • Werbung mit der Ansage „kreative und flexible Betreuung“ und „überdurchschnittliche Kompetenz“ (OLG Koblenz, NJW 1999, 1074)

Keine Verletzung des Sachlichkeitsgebots liege in folgenden Situationen vor:

  • Werbung in Zeitungsanzeigen (BGH, GRUR 1997, 765)
  • Werbung mit einer 0800-Telefonnummer, die unentgeltlich angerufen werden kann
  • Hinweis auf eine Mitgliedschaft in einer bestimmten Vereinigung (BVerfG, GRUR 2003,966)

Verbot sittenwidriger Werbung

Sittenwidrige Werbung ist verboten. Sachverständige müssen seriös, unabhängig und unparteiisch sein. Folgende Werbeäußerungen sind als sittenwidrig einzustufen:

  • „Ich erstelle Gutachten mit jedem gewünschten Ergebnis“
  • „Ich komme Ihnen bei den Ergebniswünschen gerne entgegen“
  • „Vorschäden werden in meinen Versicherungsgutachten nicht erwähnt“

Vorsicht mit zusätzlichen Bezeichnungen

Sachverständige dürfen nicht nur ihre Berufsbezeichnung und Sachgebiete erwähnen. Auch ein Hinweis auf eine öffentliche Bestellung ist erlaubt. Weitere Bezeichnungen sind rechtlich zulässig, wenn sie nicht irreführend sind.

Folgende Bezeichnungen sind zB erlaubt (wenn sie zutreffen):

  • Staatlich anerkannter Sachverständiger zur Überprüfung von Kraftfahrzeugen nach § 29 StVZO
  • Mitglied im Berufsverband der Sachverständigen
  • Zertifiziertes Betriebsmanagement nach DIN EN ISO 9001
  • Vertragspartner des ADAC
  • Mitglied der Architektenkammer
  • Träger des Bundesverdienstkreuzes
  • Ehrenkonsul von Burundi
  • Handelsrichter
  • Mediator
  • Schiedsgutachter

Unzulässig sind hingegen die Bezeichnungen:

  • Gerichtssachverständiger
  • freier Sachverständiger
  • vom Gericht vereidigter Sachverständiger
  • Notariell eidesstattlich versicherter Sachverständiger (wegen Verwechslungsgefahr mit dem öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen)
  • öffentlich anerkannter freier Sachverständiger
  • anerkannter Sachverständiger (wenn die anerkennende Stelle nicht mit aufgeführt wird)

Ein anerkannter Sachverständiger muss seine Fachkompetenz durch eine Prüfung vor einer dritten Stelle unter Beweis gestellt haben. Der Verkehr versteht die Angabe „anerkannt” dahin, dass der Werbende den Standard seiner Mitbewerber in besonderer Weise übertrifft, da er sein Fachwissen durch eine umfassende Prüfung vor einer dritten Stelle nachgewiesenen hat (BGH Urteil v. 23.05.1984, Az. I ZR 140/82; LG Duisburg Urt. v. 15.2.2002, Az. 22 O 169/01). Bezeichnungen müssen entsprechend der Bestellung gewählt werden. Eigentlich selbstverständlich: Wer nicht als Sachverständiger anerkannt ist, darf auch nicht mit der Bezeichnung „anerkannter Sachverständiger“ werben (LG Jena, Urteil v. 17.12.2014, Az. 1 HK S 3/14). Aber auch tatsächlich anerkannte Sachverständige sollten immer angeben welche Stelle sie für welches Sachgebiet anerkannt hat, da sonst die Gefahr der Verwechslung mit einer staatlichen Anerkennung besteht.

Die Bezeichnung „öffentlich anerkannter freier Sachverständiger“ verstößt gegen das Irreführungsverbot aus § 5 I 2 Nr. 3 UWG. Der Verweis auf die öffentliche Anerkennung vermittelt einem nicht unwesentlichen Teil des angesprochenen Verkehrskreise den Eindruck, dass der Sachverständige wie ein öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger tätig wird und entsprechend legitimiert ist. Ist dies faktisch nicht Fall, liegt eine unzulässige Täuschung über die Person des Werbenden vor.

Die Werbung mit dem Zusatz „qualifiziert“ erweckt den Eindruck, dass der Sachverständige über eine vom gewöhnlichen Standard abweichende, ganz besondere Qualifikation verfügt (BGH, Urteil v. 23.1.1978, Az. I ZR 104/76). Entspricht dies nicht der Wahrheit, besteht ebenfalls eine unzulässige Irreführung.

Die Bezeichnung „freier Sachverständiger“ stellt eine unzulässige Werbung mit Selbstverständlichkeiten dar (vgl. dazu weiter unten).

Vergleichende Werbung

Für vergleichende Werbung gilt § 6 UWG. Sachverständige dürfen Mitbewerber durch vergleichende Werbung weder herabsetzen noch verunglimpfen, § 6 Abs. 2 Nr. 5 UWG.

Zulässig wäre zum Beispiel:

  • „Ich bin Dipl.-Ing TH, mein Mitbewerber „Mustermann“ ist Dipl.-Ing. FH“
  • „Meine 4 Angestellten sind alle öffentlich bestellt und vereidigt, mein Mitbewerber Mustermann hat nur 2 Angestellte, die nicht öffentlich bestellt und vereidigt sind.“

Unzulässig wäre die folgende vergleichende Werbung:

  • „Meine Gutachten sind besser, als die meiner Kollegen.“
  • „Ich bin nicht pleite, mein Konkurrent schon.“

Werbung mit Selbstverständlichkeiten

Die Werbung mit Selbstverständlichkeiten ist unzulässig, wenn sie bei einem erheblichen Teil des Verkehrskreis einen falschen Eindruck erweckt.

Unzulässige Werbung könnte in diesem Fall wie folgt aussehen:

  • „Ich erstatte meine Gutachten gewissenhaft, persönlich und weisungsfrei.“
  • „Ich bin unabhängig und unparteiisch.“
  • „Ich verfüge über besondere Sachkunde auf meinem Spezialgebiet.“
  • „Ich bin freier Sachverständiger.“

Zulässige Werbung könnte sein:

  • „Ich bin Architekt, Ingenieur, Handelschemiker“
  • „Meine besondere Sachkunde und persönliche Integrität werden alle 5 Jahre überprüft“

Konsequenzen bei rechtswidriger Werbung

Bei unzulässiger Werbung können sie von Mitbewerbern oder aktivlegitimierten Verbänden abgemahnt werden. In diesem Fall werden Sie aufgefordert, das beanstandete Verhalten zu unterlassen und im Falle einer Wiederholungsgefahr eine strafbewährte Unterlassungserklärung abzugeben. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung droht eine angemessene Vertragsstrafe. Darüber hinaus sollen Sie die Rechtsanwaltskosten des Abmahnenden erstatten.

Gerade für Sachverständige, die erst kürzlich ihre Tätigkeit aufgenommen haben, kann eine Abmahnung zu erheblichen finanziellen Schwierigkeiten führen. Wir beraten Sie gerne, um derartige Unannehmlichkeiten für Sie zu vermeiden.

Praxishandbuch Anspruchsdurchsetzung im Wettbewerbsrecht

2., vollständig überarbeitete und aktualisierte Auflage

Chronologisch aufgebaut, differenzierte Gliederung, zahlreiche Querverweise und, ganz neu: Umfangreiche Praxishinweise zu jeder Prozesssituation.

Mehr erfahren

Praxishandbuch Anspruchsdurchsetzung im Wettbewerbsrecht