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OLG Frankfurt: Regelmäßig kein Schadensersatz wegen unberechtigter Schutzrechtsverwarnung des Herstellers

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Mit einem aktuellen Urteil des Oberlandesgericht Frankfurt aus dem Mai 2015 (OLG Frankfurt, Urteil v. 26.5.2015, Az. 11 U 18/14) liegt eine interessante aktuelle Entscheidung zur Problematik der unberechtigten Schutzrechtsverwarnung und daraus resultierenden möglichen Schadensersatzansprüchen für den unberechtigt Abgemahnten vor.

Seit 2005 gibt es grundsätzlich Schadensersatz

Bereits im Jahre 2005 hat der große Zivilsenat des Bundesgerichtshof auf eine Vorlage des ersten Zivilsenats klargestellt, dass eine unberechtigte Schutzrechtsverwarnung grundsätzlich unter dem Gesichtspunkt eines rechtswidrigen und schuldhaften Eingriffs in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb zum Schadensersatz verpflichten kann (BGH, Beschluss v. 15.07.2005, Az. GSZ 1/04).

Der BGH hatte damals ausgeführt, dass insbesondere der Fall der Abnehmerverwarnung besonders gefährlich sei, in dem der verwarnte Abnehmer gar nicht prüfungswillig, der betroffene Lieferant hingegen zur wirksamen Wahrnehmung seiner Rechte nicht in der Lage ist. Bei der Abnehmerverwarnung  macht der Schutzrechtsinhaber sein vermeintlich verletztes Recht nicht gegenüber dem unmittelbaren Mitbewerber, sondern – was ihm grundsätzlich freisteht – gegenüber dessen Abnehmern geltend. Das Interesse der Abnehmer, sich sachlich mit dem Schutzrechtsinhaber auseinanderzusetzen, ist typischerweise erheblich geringer als das entsprechende Interesse des mit dem Schutzrechtsinhaber konkurrierenden Herstellers (s. nur BGH, Urteil v. 19.1.1979, Az. I ZR 166/76,  – Brombeerleuchte). Bei dem einzelnen Abnehmer können die Umsätze mit dem vermeintlich verletzenden Erzeugnis nur geringe Bedeutung haben; außerdem steht ihm häufig die Alternative zu Gebote, ohne oder ohne erhebliche Nachteile auf ein entsprechendes Produkt des Schutzrechtsinhabers auszuweichen. Einschneidend getroffen wird in dieser Situation nicht der verwarnte Abnehmer, sondern der ihn beliefernde Hersteller.

Gerichte sprechen unbesehen Schadenersatz zu

In der gerichtlichen Praxis konnte man seit diesem „Machtwort“ des großen Senats in der Instanzrechtssprechung den Trend beobachten, einen Schadensersatzanspruch des unberechtigt Abmahnenden (meist in Gestalt der für die Abwehr der Abmahnung aufgewendeten Rechtsanwaltskosten) quasi unbesehen nach § 823 I BGB zusprechen. Eine Differenzierung zwischen der – gefährlichen – Abnehmerverwarnung und die Abmahnung des Herstellers fand dabei oft nicht statt.

Erfreulicherweise hat das OLG Frankfurt in seiner Entscheidung nun auf etwas eigentlich Selbstverständliches hingewiesen und eine Klage auf die Erstattung von Rechtsanwaltskosten wegen einer unberechtigten Schutzrechtsverwarnung abgewiesen: Der Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb stellt einen offenen Auffangtatbestand dar, der lediglich den gesetzlichen Schutz ergänzen und bestehende Haftungslücken ausfüllen soll. Inhalt und Grenzen des Anspruchs ergeben sich erst aus einer Interessen- und Güterabwägung mit der im Einzelfall konkret kollidierenden Interessensphäre. Die Rechtswidrigkeit eines Eingriffs wird daher nicht indiziert, sondern ist in jedem Einzelfall unter Heranziehung aller Umstände zu prüfen.

Im Fall des OLG Frankfurt fiel diese Interessenabwägung zu Gunsten des Abmahnenden aus, der obwohl unberechtigt, lediglich den Hersteller abgemahnt hatte. Zwischen beiden habe zudem „Waffengleichheit“ bestanden, der Abmahnende habe insbesondere keinen Informationsvorsprung gehabt. Die Abmahnung sei auch nicht schuldhaft unberechtigt, sondern nach Beratung von einem Experten (einen Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz) ausgesprochen worden.

Fazit:

Die Entscheidung stärkt die Position der Rechteinhaber erheblich. Schwebte vorher über jeder Abmahnung das Damoklesschwert einer unberechtigten Schutzrechtsverwarnung mit allen ihren Folgen, nämlich die Gefahr, nicht nur für die Anwaltskosten, sondern ggfls. auch alle weiteren durch die Befolgung der Abmahnung entstandenen Schäden aufkommen zu müssen, zieht das OLG Frankfurt dieser ausufernden Praxis nun eine erfreulich deutliche Grenze.

Nur am Rande: Mir hat ohnehin noch nie jemand erklären können, weshalb eine Abmahnung aus einem Schutzrecht, zum Beispiel aus dem Markenrecht oder Urheberrecht grundsätzlich anders zu beurteilen sein soll, als eine, die auf das Wettbewerbsrecht und dort zum Beispiel auf die unlautere Nachahmung gestützt wird. Insbesondere beim Markenrecht ergibt sich der Umfang des Schutzrechts, anders als vielleicht beim Urheberrecht, aus einem öffentlich einsehbaren Register. Hier besteht zwischen den Parteien somit in diesem Aspekt Waffengleichheit bzw. hat der Abmahnende keinen Informationsvorsprung.

Mit dem § 5 Abs. 2 UWG ist zudem ein Irreführungstatbestand in das UWG eingeführt worden, mit dem die originär dem Markenrecht zugewiesene Verwechslungsgefahr zwischen Waren oder Dienstleistungen oder zwischen Marken oder anderen Kennzeichen sogar von jedem bloßen Mitbewerber geltend gemacht werden kann. Spätestens hier lässt sich eine Grenze nicht mehr klar ziehen.

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